Lollobrigida war eine der großen Diven des italienischen Kinos. Neben Sophia Loren, Claudia Cardinale und der im Februar gestorbenen Monica Vitti erlangte sie in den Nachkriegsjahrzehnten weltweiten Ruhm und stand mit den größten Filmstars vor der Kamera. In Anlehnung an einen ihrer Filme wurde sie gar als „schönste Frau der Welt“ bezeichnet. Später hatte sie auch als Fotografin und Bildhauerin Erfolg.
Geboren wurde die Künstlerin 1927 östlich von Rom. Schon als Kind wurde sie zu Schönheitswettbewerben geschickt, mit 20 wurde sie bei der Miss-Italia-Wahl zweite. Da hatte sie schon – dank eines Stipendiums – ein Studium der Bildhauerei und Malerei begonnen.
„Auf der Straße entdeckt“
Der Filmemacher Mario Costa entdeckte sie – so die Legende – auf der Straße, nach kleineren Statistinnenrollen erhielt sie 1948 in „Follie per l’opera" („Opernrausch“) ihre erste große Rolle. Binnen kurzer Zeit nahm ihre Karriere Fahrt auf. Nach mehreren italienischen Filmen wurde Frankreich die nächste Station, wo sie „Fanfan, der Husar“ und „Die Schönen der Nacht“ (beide 1952) drehte.
An der Seite von Anthony Quinn brillierte sie in „Der Glöckner von Notre Dame“ (1956). In bis zu fünf Filmen wirkte sie pro Jahr mit. Als Männerschwarm und Sexsymbol – Klischees, über die sie sich später beschwerte – drehte sie mit etlichen Hollywood-Größen von Humphrey Bogart („Schach dem Teufel“) über Marcello Mastroianni („Wo der heiße Wind weht“), Sean Connery („Die Strohpuppe“), Alec Guinness („Hotel Paradiso“), Burt Lancaster („Trapez“) bis Rock Hudson („Fremde Bettgesellen“).
Gina Lollobrigida ist tot
Die italienische Schauspielerin Gina Lollobrigida ist verstorben. Sie war vor allem durch Filme wie „Der Glöckner von Notre Dame“ und „Trapez“ bekannt. Vor allem in den 50er Jahren galt sie als der Inbegriff des Sexappeals.
Abkehr vom Filmgeschäft
Von 1956 bis 1959 gewann sie in Deutschland vier Jahre in Serie einen Bambi als beste internationale Schauspielerin, etliche Preise in ihrer Heimat Italien kamen dazu. 1961 wurde Lollobrigida bei der Golden-Globe-Verleihung als beliebteste internationale Schauspielerin ausgezeichnet. Zum Oscar, den etwa ihre Landsfrau Sophia Loren gewann, reichte es für „La Lollo“ indes nicht.
Mit nachlassenden Erfolgen kehrte sie Anfang der 70er Jahre der Filmbranche den Rücken. „Ich habe es abgelehnt, mich auszuziehen“, sagte sie später. Filmproduzenten hätten sie deshalb nicht mehr beachtet. Die selbstbewusste Italienerin wurde dann Fotografin und bekam illustre Objekte vor die Linse wie Fidel Castro, Fußballidol Pele, Ronald Reagan, Paul Newman und Salvador Dali.
Ausflüge in die Politik
1984 kehrte sie sporadisch zur Schauspielerei zurück, unter anderem in der Rolle der Francesca Gioberti für einige Folgen der US-Fernsehserie „Falcon Crest“. In den 90er Jahren wechselte sie zur Bildhauerei, stellte Skulpturen aus und engagierte sich als UNICEF-Botschafterin. Auf roten Teppichen und bei den Filmgalas war die Diva weiter ein gern gesehener Gast.
Auch politisch war Lollobrigida kurzzeitig aktiv. Im Jahr 1999 trat sie als Kandidatin des Wahlbündnisses I Democratici (Die Demokraten) von Romano Prodi für das Europäisches Parlament an, verfehlte den Einzug aber deutlich. Auch bei der jüngsten italienischen Parlamentswahl im September 2022 hatte sie in den Reihen der Anti-Establishment-Partei Italia sovrana e popolare trotz ihres hohen Alters kandidiert. Auch in diesem Fall schafft sie nicht den erhofften Sprung in den Senat.
Unrühmlicher Streit in der Familie
Privat und in der Liebe hatte sie nach eigenen Worten „weniger Glück als andere“ – und das schon vor den unschönen Entwicklungen in ihren letzten Jahren. Aus der 1949 geschlossenen Ehe mit dem jugoslawischen Arzt Milko Skofic ging Sohn Andrea Milko jr. hervor, mit dem sie sich später zerstritt und der dann höchstgerichtlich erwirkte, dass seiner Mutter wegen ihres Geisteszustands ein Finanzvormund vorgesetzt wurde.
Eine zentrale Person in der Argumentation von Lollobrigidas Sohn ist der Mittdreißiger Andrea Piazzolla, dem vorgeworfen wird, die Diva manipuliert zu haben. Piazzolla war mehrere Jahre lang Assistent der Schauspielerin. Er wurde wegen Übervorteilung einer unzurechnungsfähigen Person verdächtigt. Von 2013 bis 2018 soll er der Diva einen Teil ihres Vermögens gestohlen haben. Der Prozess gegen ihn in Rom ist noch im Gange.
TV-Hinweis
Der ORF ändert in memoriam Gina Lollobrigida sein Programm und sendet am Montag um 23.59 Uhr in ORF2 „Buona Sera, Mrs. Campbell“.
Zudem war die Diva wegen eines Rosenkriegs mit ihrem 34 Jahre jüngeren spanischen Ex-Verlobten Javier Rigau Rifols in die Schlagzeilen geraten. Eine geplante Hochzeit der beiden wurde 2007 abgesagt. Später wurde gegen Rifols wegen Betrugsvorwürfen ermittelt, nachdem Lollobrigida ihm vorgeworfen hatte, ein Heiratsschwindler zu sein.
„Ciao Lollo!“
Lollobrigidas Kollegin Sophia Loren kondolierte der Familie der Verstorbenen. „Ginas Tod erschüttert mich zutiefst“, kommentierte Loren. Der italienische Kulturminister Gennaro Sangiuliano betonte, dass Italien eine großartige Diva verliere. „Sie war Protagonistin eine halben Jahrhunderts italienischer Filmgeschichte. Ihre Schönheit wird ewig bleiben. Ciao Lollo!“, twitterte Sangiuliano. Das Kulturministerium überlegt, einen Filmpreis zu Ehren Lollobrigidas einzuführen.