Mann mit Einkaufstasche
ORF.at/Zita Klimek
Hohe Inflation

Viele Haushalte sparen im Alltag

Die hohe Inflation schlägt sich bereits direkt in den Haushalten nieder. Das zeigt eine aktuelle Erhebung der Statistik Austria. Mehr als die Hälfte der Befragten will heuer auf große Ausgaben etwa für Reisen, Autos und Möbel verzichten. Etwa ein Drittel, rund 2,3 Millionen Menschen in Österreich, berichtet von einer Verringerung des Einkommens im vergangenen Jahr. Jeder Zweite aus dieser Gruppe spart vor allem bei Ausgaben für Essen, Kleidung und Dienstleistungen.

28 Prozent der Menschen mit subjektiven Einkommensverlusten griffen auf Ersparnisse zurück, nur ein kleiner Teil borgte sich etwas von Familien und Freunden oder nahm einen Kredit bei der Bank auf. Dass die Zahl der Menschen, die mit Alltagsausgaben kämpfen, steigt, beobachtet auch Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger in den Beratungs- und Ausgabestellen seiner Organisation: „Die Schere zwischen Arm und Reich geht weiter und weiter auseinander“, reagierte er auf die von Eurostat und Sozialministerium finanzierte Erhebung „So geht’s uns heute“.

Dafür wurden seit dem vierten Quartal 2021 in vier Tranchen dieselben Personen befragt. Für die bisher letzte Erhebung im dritten Quartal 2022 wurden Antworten von rund 3.100 Personen zwischen 16 und 69 Jahren ausgewertet. Im Mittelpunkt standen dabei persönlich erlebte Einkommensverluste, die subjektive Bewältigung der Lebenskosten sowie Wohlbefinden und Zufriedenheit. Einkommensverlust heißt dabei nicht unbedingt eine tatsächliche nominelle Einkommensreduktion, sondern kann auch ein wahrgenommener Kaufkraftverlust aufgrund der Teuerung sein.

Lebenszufriedenheit gesunken

Obwohl die Zahl derer, die in den vergangenen zwölf Monaten über Einkommensverluste berichteten, zuletzt leicht zurückgegangen ist, erwartet inzwischen ein Drittel aller Befragten, dass sich ihr Haushaltseinkommen in naher Zukunft verringern wird. So wuchs etwa der Anteil jener, die sich im kommenden Jahr auf Einkommensverluste einstellen, von 22 Prozent (viertes Quartal 2021) auf 33 Prozent (drittes Quartal 2022).

Umgekehrt erwarteten etwas weniger einen Einkommenszuwachs – am Beginn der Befragung waren es noch 18 Prozent, am Ende noch knapp 16 Prozent. Über eine Million Menschen gab an, ihre laufenden Ausgaben nur mit Schwierigkeiten decken zu können, heißt es vom Sozialministerium zu der Erhebung.

Grafik zur Einkommensentwicklung
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Statistik Austria

Geringer wurde im Laufe des Befragungszeitraums die Lebenszufriedenheit. Der Anteil von Personen mit hoher Zufriedenheit sank von 57 auf 53 Prozent. „Auch wenn viele Maßnahmen der Regierung jetzt mit Jahresbeginn wirksam werden, bleiben die Teuerungen auch in diesem Jahr eine große Herausforderung“, meinte Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) in einer Aussendung.

Die Regierung habe die Auswirkungen der Inflation für viele Menschen mit geringem Einkommen weitgehend ausgleichen können, so Rauch. SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried sah hingegen die „Politik der Einmalzahlungen gescheitert“.

Sozialleistungen erstmals valorisiert

Die Bundesregierung hatte im September beschlossen, die Sozialleistungen per 1. Jänner erstmals an die Teuerungsrate anzupassen. Leistungen wie Familienbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld, Studienbeihilfe und andere werden nun jährlich valorisiert. Bei Pflegegeld und Sozialhilfe war das bereits vorher der Fall.

Allerdings liegt die Valorisierung unter der von der Statistik Austria errechneten Jahresinflation 2022 von 8,6 Prozent. Für das laufende Jahr soll sie 5,8 Prozent ausmachen, was der durchschnittlichen Inflationsrate von August 2021 bis Juli 2022 entspricht. Die Teuerung schlug allerdings erst später voll durch und erreichte mit 11,0 Prozent im Oktober letzten Jahres einen Höchststand, im Dezember lag sie bei 10,2 Prozent.

„Teufel im Detail“: Satz bleibt unter Inflationsrate

Hier, kritisierte zuletzt das gewerkschaftsnahe Momentum-Institut, stecke „der Teufel im Detail“, da die Anpassungsrate damit deutlich unter der tatsächlichen aktuellen Inflationsrate liege und die Teuerung erst mit deutlicher Verzögerung abgegolten werde. Die monatlich ausgezahlten Sozialleistungen verlieren trotz der Anpassung auch heuer noch an Wert.

Das Institut errechnete einen Kaufkraftverlust von 5,4 Prozent für Bezieherinnen und Bezieher von Sozialleistungen. Für 2023 lautet die Prognose aufgrund der Inflationserwartungen nochmals 0,9 Prozent. Ein tatsächliches Plus gebe es nur bei Ausgleichszulage (Mindestpension) und Studienbeihilfe, die beide bereits 2022 erhöht wurden.

Mit errechneten 11,5 Prozent „besonders drastisch“ an Wert verloren bzw. verlieren Arbeitslosengeld und Notstandshilfe, die nicht automatisch valorisiert werden. Die Gefahr, warnte das Institut, laut Eigendefinition „der ökosoziale Thinktank der vielen“, sei groß, dass „noch mehr Menschen in die Armut abrutschen“. Bereits jetzt sei jeder zweite Langzeitarbeitslose in dieser Hinsicht gefährdet.

Bevorstehender „Preisschock“ bei Mieten

Rund 30 Prozent der Bevölkerung erwarten laut Statistik-Austria-Erhebung in den kommenden drei Monaten Zahlungsschwierigkeiten bei den Wohnkosten – ein starker Anstieg im Vergleich zum vorangegangenen Quartal. FPÖ-Bautensprecher Philipp Schrangl sieht mit der Befragung das „wohnpolitische Versagen von Schwarz-Grün nunmehr sogar statistisch im Detail belegt“.

Die Mieten werden erneut deutlich steigen, was besonders einkommensschwache Personen bzw. Familien nochmals hart treffen wird. Auf Basis der Jahresinflation 2022 werden die Richtwertmieten mit April bzw. Mai um 8,6 Prozent höher, betroffen sind rund 776.000 Personen im privaten Altbau, wobei sich die Mehrkosten für eine 65 Quadratmeter große Wohnung auf 490 Euro pro Jahr belaufen, bei 90 Quadratmetern in Wien sind es 620 Euro, bei derselben Größe in Vorarlberg 960 Euro jährlich, so die Arbeiterkammer. Sie fordert einen „Mietendeckel bei zwei Prozent und weg mit den Befristungen“.

14 Prozent mehr in zwei Jahren

Die Mieten, die dem Richtwert laut Mietrechtsgesetz (MRG) unterliegen, werden in der Regel alle zwei Jahre per 1. April an die Teuerungsrate angepasst. Die letzte planmäßige Anpassung 2021 hatte die Bundesregierung wegen der Belastungen durch die Coronavirus-Pandemie mit dem Mietzinsrechtlichen Pandemiefolgenlinderungsgesetz (MPFLG) um ein Jahr aufgeschoben. 2022 wurde dann valorisiert, die Mieten stiegen um knapp sechs Prozent. In diesem Jahr steht die neue Wertanpassung bevor, per April für neue, per Mai für bestehende Vertragsverhältnisse – damit steht unter dem Strich ein Plus von rund 14 Prozent in zwei Jahren.

Dem Richtwertsystem unterliegt, wer nach dem Stichtag 1. März 1994 einen Vertrag im Altbau, errichtet vor 1945, unterschrieben hat bzw. unterschreibt und eine Anpassungsklausel in diesem Vertrag hat. Die Richtwerte sind je nach Bundesland unterschiedlich hoch. Aktuell liegen sie etwa bei 5,61 Euro im Burgenland, 6,15 in Wien und 9,44 Euro in Vorarlberg. Zum Richtwert kommen noch diverse Zu- und Abschläge.

Wohnen an sich größter Brocken

Die Gesamtkosten für Wohnen, die Energie eingeschlossen, stiegen im letzten Jahr laut Statistik Austria um durchschnittlich 12,6 Prozent – dreieinhalbmal so stark wie 2021 (3,6 Prozent). Noch weitaus deutlicher als bei den Mieten fielen die Preisschübe bei Haushaltsenergie generell (plus 36,8 Prozent), im Detail bei Heizöl mit 89,7 und bei Erdgas mit 80,8 Prozent, aus. Feste Brennstoffe wurden um 58,4 Prozent teurer, Fernwärme um 31,9 Prozent, Strom kostete im Schnitt um 11,1 Prozent mehr als 2021.