Fall Teichtmeister: Kulturszene fordert Differenzierung

Angesicht des Falls von Florian Teichtmeister, der sich im Februar wegen des Besitzes von Dateien mit sexuellen Darstellungen von Unmündigen und Minderjährigen vor Gericht verantworten muss, mahnt die Kulturszene in einem offenen Brief zur Differenzierung. Man verurteile in jeglicher Form den Missbrauch von Kindern, und nichts dürfe hier beschönigt oder relativiert werden. Der Umgang mit Werken, an denen Täter mitgewirkt haben, sei dennoch differenziert zu betrachten.

„Es ist eine Gratwanderung, die Opfer zu schützen, die Täter nicht zu schonen und dennoch die Arbeit vieler Unbeteiligter nicht in Kollektivhaftung zu nehmen“, heißt es in dem offenen Brief, der gestern veröffentlicht wurde. „Vehement verwehren wir uns gegen den diffamierenden Vorwurf, alle hätten alles gewusst“, unterstreichen die Proponenten und springen dabei vor allem Marie Kreutzers „Corsage“, Österreichs heurigem Oscar-Kandidaten, zur Seite: „Wir sind erschüttert, dass ein feministischer Film, der Machtverhältnisse und Rollenbilder hinterfragt, der international für seine visuelle Kraft und seinen Inhalt gewürdigt wird, wegen der Taten eines Mannes aus dem Kinoprogramm genommen und dadurch dem Täter eine Macht gegeben wird, die ihm nicht zusteht.“

Insofern erkläre man sich solidarisch mit den Filmemachern in ihrem Bestreben, den Film von den strafbaren und zutiefst zu verurteilenden Handlungen eines Darstellers zu trennen. Zu den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern der Solidaritätsadresse zählen neben dem Verband Filmregie etwa die Regisseurinnen Ruth Beckermann und Veronika Franz, ihre männlichen Kollegen Adrian Goiginger und Arman T. Riahi, die Schriftsteller Franzobel, Arno Geiger und ihre Kolleginnen Elfriede Jelinek und Eva Menasse, Theatermann Paulus Manker, Komponist HK Gruber und TV-Mastermind David Schalko.

Gerüchte um weiteren „Corsage“-Schauspieler

Im Zuge der Vorwürfe gegen den Schauspieler Teichtmeister wegen des Besitzes von sexuellen Missbrauchsdarstellungen Minderjähriger bzw. Unmündiger steht nun ein weiterer Schauspieler im Fokus, der laut „Standard“ (Dienstag-Ausgabe) „immer wieder durch sexuelle Belästigungen auffällig geworden“ sei. Auch er war wie Teichtmeister im Cast von Marie Kreutzers „Corsage“, wobei sich die Vorwürfe nicht auf die Dreharbeiten beziehen.

Laut einer Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien sei in Bezug auf diesen Fall kein Verfahren anhängig. Ein Sprecher der Produktionsfirma Film AG betonte gegenüber der APA gestern: „Natürlich nehmen wir solche Vorwürfe ernst, auch wenn sie nichts mit der Produktion des Films ‚Corsage‘ direkt zu tun haben.“

Die Regisseurin Kreutzer habe im Sommer vergangenen Jahres dazu ausführlich Stellung genommen. „Sie hat bereits damals sowohl mit dem Schauspieler als auch mit vielen Hinweisgebern versucht, den Gerüchten auf den Grund zu gehen. Wir hatten gestern noch einmal ein ausführliches Gespräch mit dem Schauspieler. Auch dieses Gespräch hat für uns keinen neuen Informationsstand gebracht.“