Google Campus
Reuters/Peter Dasilva
Entlassungswelle rollt weiter

Google-Mutter streicht weltweit 12.000 Jobs

Einem Platzhirsch der US-Technologiebranche steht ein Kahlschlag bevor: 12.000 Stellen werden im Alphabet-Konzern, zu dem Google und YouTube gehören, abgebaut. Damit geht die Entlassungswelle im Sektor weiter: Zuletzt kündigte Microsoft einen großen Abbau an. Die Branche steht unter Druck, neue Konzepte zu künstlicher Intelligenz (KI) wirbeln den Markt durcheinander.

Man habe in den vergangenen Jahren in großem Stil „für eine andere wirtschaftliche Realität als die, mit der wir heute konfrontiert sind“, Menschen eingestellt. Nun müsse man sich anpassen, schrieb Alphabet-Chef Sundar Pichai am Freitag an seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der ganzen Welt. 12.000 Jobs würden gestrichen, betroffen seien Beschäftigte quer durch Unternehmen und Funktionen, ob Verwaltung oder Produktentwicklung. „Ich übernehme die volle Verantwortung für die Entscheidungen, die uns hierhergeführt haben“, so Pichai.

Ende September 2022 beschäftigte Alphabet eigenen Angaben zufolge knapp 187.000 Personen. Zum Konzern gehört neben der Suchmaschine Google auch die Videoplattform YouTube. Außerdem bietet Alphabet das Smartphone-Betriebssystem Android an.

Kahlschlag in gesamter Branche

In den vergangenen Monaten haben zahlreiche US-Technologiefirmen Stellen gestrichen. Bei Amazon müssen mehr als 18.000 Beschäftigte gehen, bei der Facebook-Mutter Meta 11.000. Intel, Twitter, HP – die gesamte Branche setzt ihre Leute derzeit vor die Tür. Allein im Jänner waren mindestens 48.000 Menschen betroffen.

Ebenso verfährt Microsoft, das erst am Mittwoch starke Einschnitte verkündete. Hier sind 10.000 Jobs betroffen, immerhin rund fünf Prozent der gesamten Belegschaft. Microsoft begründete die Maßnahmen als Reaktion auf „makroökonomische Bedingungen und sich ändernde Kundenprioritäten“. Auch die Bürostandorte sollen überdacht werden.

Umbruch bei Big Tech

Das große Umdenken wurde nötig, nachdem sich die Konzerne im Zuge der Pandemie stetig vergrößert hatten. Viele Unternehmen hätten während der vergangenen Jahre „Geld ausgegeben wie Rockstars der 1980er Jahre“, so der Analyst Dan Ives zu Reuters. Die CoV-Krise hatte bei den Big-Tech-Firmen zu einem Nachfrageboom geführt, Arbeitsplätze wurden zu Hause benötigt, ebenso Cloud-Computing- und andere Dienste.

Inzwischen flaute die Nachfrage wieder stark ab, zudem machen die steigende Inflation und die drohende Rezession der Technologiebranche zu schaffen. Denn die Tech-Giganten stecken für gewöhnlich viel Geld in Projekte, die sich mitunter für Jahre nicht rentieren. Daher spüren sie oft steigende Inflationsraten oft besonders.

Künstliche Intelligenz als Gamechanger

Gerade Microsoft investierte zuletzt viel in seinen Start-up-Partner OpenAI, Hersteller von ChatGPT und anderen Systemen mit KI. ChatGPT ist eine Software, die eine Konversation mit einem Menschen simuliert. So können Nutzerinnen und Nutzer Fragen eintippen, auf die das Programm in natürlicher Sprache antwortet. Es kann aber auch auf Grundlage einiger Eckpunkte eigene Texte erstellen.

Schon 2019 hatte Microsoft eine Milliarde US-Dollar in OpenAI investiert. Kürzlich hieß es, Microsoft werde weitere zehn Mrd. Dollar in die Firma aus San Francisco stecken. Microsoft arbeitet auch daran, die ChatGPT-Software in seine Suchmaschine Bing zu integrieren. Längerfristig soll Bing so den Branchenzampano Google überholen.

Hilferuf an Google-Gründer

Die Google-Mutter Alphabet wiederum zittert vor den Fortschritten von ChatGPT: Im Konzern soll nach dem Launch der Software im vergangenen November „Code Red“ ausgegeben worden sein. Alphabet rief laut „New York Times“ sogar seine Gründer Larry Page und Sergey Brin zurück in die Firma.

Beide hatten sich 2019 aus dem Konzern verabschiedet. Nun aber ereilte sie ein Hilferuf von Google, sie mögen den Konkurrenzkampf gegen ChatGPT anführen. Brin und Page sollen in den vergangenen Wochen bereits mehrmals mit der aktuellen Alphabet-Führung um Pichai zusammengetroffen sein.

Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin
Reuters/Jacob Silberberg
Page und Brin (r.) zogen sich 2019 zurück. Nun wird ihre Hilfe benötigt.

Je schneller Microsoft die ChatGPT-Software etablieren kann, desto stärker gerät Alphabet, einst der KI-Pionier, ins Hintertreffen. Doch auch Alphabet investierte in den vergangenen Jahren stark in KI. Das Konkurrenzprodukt aus dem Hause Alphabet heißt Language Model for Dialogue Applications (LaMDA).

LaMDA soll besser sein als ChatGPT, wird jedoch von Google noch zurückgehalten. Google steckt im Dilemma: LaMDA könnte zwar bahnbrechend sein, es könnte aber auch das Suchmaschinen- und Werbegeschäft von Google zerstören. Noch hat der Konzern keine Lösung dafür gefunden.