Rauchende Schornsteine
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„Pandemieeffekt“ vorbei

Österreichs Emissionen 2021 gestiegen

Die Treibhausgasemissionen in Österreich sind im Pandemiejahr 2021 gegenüber dem Jahr 2020 um 4,9 Prozent gestiegen. Das geht aus am Montag veröffentlichten Zahlen des Umweltbundesamtes hervor. Das Umweltministerium kommentierte den Anstieg als „erwartungsgemäß“. Das Aus des „Pandemieeffekts“ habe sich bestätigt. Erste Klimamaßnahmen wirkten bereits – man sei aber noch lange nicht am Ziel.

In absoluten Zahlen wurden 2021 in Österreich 77,5 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen, 3,6 Millionen Tonnen mehr als 2020. Im Vergleich zum Vor-Pandemie-Jahr 2019 lag man 2021 nur knapp darunter – um 1,9 Millionen Tonnen. Für 2022 geht das Umweltbundesamt allerdings von einem deutlichen Rückgang von fünf Prozent gegenüber 2021 aus. Das bedeutet im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 eine Reduktion der Emissionen um 7,9 Prozent.

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) sieht Grund für Optimismus. „Das erwartungsgemäße Aus des Pandemieeffekts bei den Treibhausgasemissionen hat sich nun endgültig bestätigt“, sagte Gewessler. „Es ist schon einiges auf den Weg gebracht, unsere vielen Klimaschutzmaßnahmen gegen den Stillstand der letzten Jahrzehnte zeigen bereits eine erste Wirkung. Aber es ist völlig klar: Wir sind noch nicht am Ziel. Gerade für eine klimafreundliche Zukunft braucht es mehr Initiative für den Klimaschutz.“

NGOs fordern Klimaschutzgesetz

Für die Umweltschutzorganisation Greenpeace ist die Entwicklung der Emissionen besorgniserregend. Österreich sei noch weit entfernt vom Ziel, bis 2040 klimaneutral zu werden, teilte Greenpeace mit. Die Bundesregierung müsse das längst überfällige Klimaschutzgesetz umsetzen. Greenpeace forderte zudem noch in diesem Jahr einen ambitionierten Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP).

Auch WWF Österreich forderte den Beschluss eines großen Klima- und Naturschutzprogramms. „Österreich muss seine CO2-Emissionen systematisch und dauerhaft reduzieren. Dafür braucht es grundlegende Reformen, die alle Bereiche erfassen: vom Energiesparen bis zum besseren Schutz wertvoller Natur“, so WWF-Klimasprecher Thomas Zehetner. Um die EU-Ziele für 2030 und die Klimaneutralität 2040 zu schaffen, brauche es in allen Sektoren deutlich mehr Anstrengungen.

Die Umweltorganisation Global 2000 verlangte einen Neustart der heimischen Klimapolitik sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene. „Dazu ist als nächster Schritt das Erneuerbaren-Wärmegesetz für den Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen und eine deutliche Verbesserung des Energieeffizienzgesetzes notwendig“, so Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von Global 2000. Wichtig sei dabei auch die Berücksichtigung von Sozialpolitik, forderte der Gewerkschaftsbund (ÖGB). Nur mit einer konkreten „Just-Transition-Strategie“ könne der Ausstieg aus fossilen Energieträgern gelingen.

Die Treibhausgasemissionen stiegen im Pandemiejahr 2021 gegenüber dem Pandemiejahr 2020 um 4,9 Prozent.

Gewessler: Auf richtigem Weg bei „Sorgenkind Verkehr“

Im Verkehrsbereich stiegen die Emissionen laut dem jüngsten Bericht gegenüber 2020 durch den höheren Kraftstoffabsatz um 4,2 Prozent bzw. 0,9 Millionen Tonnen. Gleichzeitig sei wie in der Nahzeitprognose („NowCast“) von August 2022 prognostiziert beim Verkehr eine deutliche positive Änderung gegenüber der Zeit vor der Pandemie erkennbar.

Denn laut Umweltbundesamt gingen die Emissionen 2021 gegenüber 2019 um zehn Prozent bzw. um 2,4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent zurück. Man sei beim „Sorgenkind Verkehr“ auf dem richtigen Weg, aber noch nicht am Ziel, sagte Gewessler. „Der aktuelle Trend muss deutlich stärker weiter nach unten gehen.“

VCÖ für Geschwindigkeitsreduktionen

Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) sieht weiterhin großen Nachholbedarf auf der Straße. Auch wenn die Emissionen im Verkehr zuletzt zurückgegangen seien, würden sie immer noch über 50 Prozent höher als im Jahr 1990 liegen. Es brauche „deutlich größere Schritte“, so VCÖ-Expertin Lina Mosshammer. Mobilitätsangebote sowohl in Ballungsräumen als auch auf dem Land – von ausgebauten Radwegen über mehr öffentliche Verkehrsmittel bis zu Sammeltaxis – müssten ausgebaut werden.

Autos
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Der Verkehrssektor zählt zu den Hauptverursachern für Treibhausgasemissionen

Einen großen Nutzen mit geringem Aufwand würden Geschwindigkeitsreduktionen haben: Allein 830.000 Tonnen CO2 pro Jahr können laut Umweltbundesamt durch Tempo 80 statt 100 auf Freilandstraßen und Tempo 100 statt 130 auf Autobahnen – auch zentrale Forderung der Klimaaktivisten und -aktivistinnen der „Letzten Generation“ – vermieden werden.

Energie und Industrie größte Emittenten

Der größte Emittent an Treibhausgasen war 2021 der Bereich Energie und Industrie, rund 34,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent wurden 2021 in diesem Bereich ausgestoßen, gegenüber 2020 um zwei Millionen Tonnen oder 6,3 Prozent mehr.

Die Emissionen der Industriebetriebe stiegen um 9,3 Prozent oder 1,8 Mio. Tonnen, „vor allem aufgrund der höheren Stahl- und Roheisenproduktion und der höheren Produktion in der Zement- und Feuerfestindustrie“. Die Emissionen der Energiebetriebe sanken um 1,4 Prozent bzw. 0,1 Mio. Tonnen, was vor allem auf die Stilllegung des letzten österreichischen Kohlekraftwerks im Jahr 2020 zurückgeführt wurde.

Maßnahmen gegen Abhängigkeit von Öl und Gas

Gewessler wies auf die Abhängigkeit von Öl und Gas in der heimischen Industrie- und Stromproduktion hin. „Darum werden wir bis 2030 unseren Strombedarf zu 100 Prozent aus Wind, Sonne, Wasser und Biomasse decken und auch unsere Wärmeversorgung in Österreich auf klimafreundliche Alternativen umstellen“, kündigte die Umweltministerin an.

Durch den Anstieg der Heizgradtage um 12,5 Prozent gegenüber 2020 stiegen auch die Treibhausgasemissionen in diesem Bereich, nämlich um 12,6 Prozent auf 9,1 Millionen Tonnen. Im Sektor Landwirtschaft blieben die Emissionen 2021 auf nahezu gleichem Niveau wie 2020 mit etwa 8,2 Millionen Tonnen verursachtem CO2-Äquivalent.

Windräder
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Ende 2022 erzeugten laut IG Windkraft 1.374 Windkraftanlagen Strom für rund 2,4 Mio. Haushalte

Die Landwirtschaft sei „Klimaopfer Nummer eins“, so Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung. Unwetterextreme hätten in den vergangenen zehn Jahren allein in der heimischen Landwirtschaft einen Gesamtschaden von knapp zwei Milliarden Euro verusacht. Gleichzeitig könne der Agrarsektor ein wichtiger Akteur im Kampf gegen den Treibhauseffekt sein.

Trend nach unten in Abfallwirtschaft setzt sich fort

Der abnehmende Trend der letzten Jahre in der Abfallwirtschaft mit einem Minus von 0,8 Prozent bzw. 0,02 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent und bei fluorierten Gasen mit einem Rückgang von 13,9 Prozent bzw. 0,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent setzte sich auch 2021 fort.

Bei den Wirtschaftssektoren, die nicht dem Europäischen Emissionshandel unterliegen, wurde laut Umweltbundesamt im Jahr 2021 mit Emissionen in der Höhe von 48,4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent das geltende österreichische Klimaziel gemäß dem Zielpfad zur Erreichung der EU Effort-Sharing-Verordnung erreicht.

Klimaneutralität bis 2050

Die Europäische Kommission möchte bis 2050 klimaneutral werden und die EU-weiten Emissionen bis dahin somit auf null reduzieren. Das Ziel ist rechtlich verbindlich im EU-Klimagesetz verankert. Für Österreich sieht die derzeitige Verordnung bis zum Jahr 2030 eine Reduktion der Treibhausgasemissionen (außerhalb des Emissionshandels) um 36 Prozent gegenüber dem Jahr 2005 vor.