„Historische Verantwortung“: Politik gedenkt der Holocaust-Opfer

Vertreter aus Politik und Kirche haben den internationalen Holocaust-Gedenktag zum Anlass genommen, an die Opfer des NS-Regimes zu erinnern. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) lud zudem zu einer Gedenkveranstaltung ins Bundeskanzleramt und erinnerte an die Nationale Strategie gegen Antisemitismus. Auch das Parlament zeigte Initiative unter dem Motto „#WeRemember“.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) erinnerte an die gesamtgesellschaftliche Verantwortung, niemals zu vergessen. „An diesem Tag vor 78 Jahren wurde das KZ Auschwitz-Birkenau befreit. Heute gedenken wir den Millionen von Menschen, die in der Schoah auf grausamste Weise ermordet worden sind. Österreich hat eine besondere historische Verantwortung, wenn es darum geht, an die Opfer der unvorstellbaren Gräueltaten des NS-Regimes zu erinnern“, so Nehammer in einem schriftlichen Statement. „Das ist Mahnung und Auftrag zugleich, diese dunkelsten Kapitel unserer Geschichte niemals zu vergessen und jede Form von Antisemitismus entschieden zu bekämpfen. Das ist unsere gesamtgesellschaftliche Verantwortung.“

Österreicher seien im Holocaust nicht nur Opfer, sondern auch Täter gewesen. Diese „historische Verantwortung gegenüber unserer Geschichte“ mahne nicht nur zur Erinnerung, sondern auch „zu konkreten Taten im Hier und Heute, um Antisemitismus und Extremismus aller Art entschieden zu bekämpfen“, so Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) anlässlich des heutigen internationalen Holocaust-Gedenktages.

Erinnerung an Überlebende von Auschwitz

Das Innenministerium schloss sich der Initiative des World Jewish Congress an und wird zum Gedenken an die Opfer des Holocaust Kerzen in die Fenster des Gebäudes in der Herrengasse stellen, hieß es in einer Pressemitteilung.

Am Nachmittag gedenken Ministeriumsangehörige in einer Zeremonie auf dem ehemaligen Aspangbahnhof der Wiener Jüdinnen und Juden, die von dort nach Auschwitz deportiert wurden. Der Holocaust-Gedenktag erinnert an die Befreiung der Überlebenden im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz am 27. Jänner 1945.

Nächste Generation an Polizisten sensibilisieren

Das Innenministerium setzt sich im laufenden Projekt „Polizei 1938-1945“ auch mit seiner eigenen Geschichte während der NS-Zeit und den Kontinuitäten nach 1945 auseinander. Die Ergebnisse dieses in Kooperation mit dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) und dem Ludwig-Boltzmann-Institut durchgeführten Forschungsprojekts sollen auch dazu dienen, die nächste Generation an Polizistinnen und Polizisten in diesem Bereich zu sensibilisieren.

ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek sieht wiederum in seinem Bereich eine wichtige Schlüsselrolle. Er verwies dabei auf die Nationale Strategie gegen Antisemitismus: „Im Bildungsbereich werden wir die Ausbildung von Lehrkräften weiterentwickeln, damit Lehrkräfte auf die herausfordernde Prävention von Antisemitismus bestmöglich vorbereitet sind.“

Der Holocaust-Gedenktag erinnere „an Österreichs historische Verantwortung und gibt uns allen den Auftrag, gegen Antisemitismus zu arbeiten und dieses dunkle Kapitel in der Geschichte dieses Landes niemals zu vergessen“.

„Eines der schlimmsten Verbrechen der Geschichte“

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) verwies auf die Initiative „#WeRemember“. Im Rahmen dieser sollen Abgeordnete die Lebensgeschichten von Holocaust-Opfern erzählen und ihrer gedenken. Ein Transparent auf der Fassade des Parlaments weist auf die Kampagne hin. „Die ‚#WeRemember‘-Initiative erinnert die Menschen daran, dass der Holocaust eines der schlimmsten Verbrechen der Geschichte war und dass Millionen unschuldiger Menschen aufgrund von Hass und Ausgrenzung ermordet worden sind“, so Sobotka.

SPÖ-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner sieht den heutigen Tag als „beständige Mahnung, dass wir die Gräueltaten der Nazis niemals vergessen dürfen und immer wachsam bleiben müssen“. FPÖ-Chef Herbert Kickl sprach vom „dunkelsten Kapitel der Geschichte unseres Landes und einem beispiellosen Menschheitsverbrechen, das niemals in Vergessenheit geraten darf“. „Wir dürfen nicht aufhören, uns der Verbrechen der Schoah bewusst zu sein. Wir dürfen nicht aufhören zu erinnern“, so auch NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger.

Die Grünen forderten anlässlich des Gedenktages ein entschiedenes Vorgehen gegen jede Form von Rechtsextremismus und Rassismus. „Wenn wir wollen, dass Gedenktage einen Sinn haben, dann müssen wir sie für Informationen, für politische Diskussion oder für neue Forschungsprojekte nützen“, so Klubobfrau Sigrid Maurer.

Schönborn: Jeder trägt Verantwortung

Auch Kardinal Christoph Schönborn erinnerte an die Opfer des Nationalsozialismus. „78 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz gedenken wir aller, besonders der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus“, schrieb der Wiener Erzbischof auf Twitter. „Erinnern allein genügt aber nicht: Jeder von uns trägt Verantwortung für ein menschliches und gutes Miteinander.“

Religionsgemeinschaften gedachten ebenfalls der Opfer des Nationalsozialismus. Unter ihnen sind die christlichen Kirchen, Zeugen Jehovas und die Israelitische Kultusgemeinde Wien.

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