Einsatzkräfte beim Suchen nach der radioaktiven Kapsel
AP/Department of Fire and Emergency Services
Australien

Verlorene radioaktive Kapsel wiedergefunden

Winzig, hoch radioaktiv und versteckt irgendwo auf einer 1.400 Kilometer langen Strecke im Westen Australiens: Jene verlorene Kapsel, die das Bergbauunternehmen Rio Tinto im Jänner versehentlich verloren hat, wurde am Mittwoch wiedergefunden. Tagelang hatten Spezialkräfte „die Nadel im Heuhaufen“ gesucht.

Durch die zuständigen Behörden im Bundesstaat Western Australia ging am Mittwoch ein Aufatmen: Wie die Regionalregierung mitteilte, wurde die nur sechs mal acht Millimeter große Kapsel etwa 50 Kilometer südlich der Bergbaustadt Newman entdeckt. Das berichtete der Sender ABC unter Berufung auf die Regierung der Region. Der Fund ist einem Spezialdetektor auf einem Suchfahrzeug zu verdanken, der die Strahlung angezeigt hatte.

„Es ist wirklich eine Nadel im Heuhaufen, die gefunden wurde, und ich glaube, Westaustralier können heute Nacht besser schlafen“, sagte der örtliche Katastrophenschutzminister Stephen Dawson. Nun werde das Militär die Kapsel untersuchen und in eine sichere Einrichtung in Perth bringen. Die Untersuchung der Behörden werde voraussichtlich mehrere Wochen dauern, berichtete der Sender ABC.

Verloren hatte die Hülse mit dem radioaktiven Cäsium 137 der Bergbauriese Rio Tinto, sie stammte aus der Gudai-Darri-Mine und fiel beim Transport vom Lkw. Das Gefährt war am 10. Jänner von dem Bergwerk losgefahren, doch den Verlust der gefährlichen Kapsel merkte zunächst niemand. Erst 15 Tage später wurde sie als vermisst gemeldet.

Die Strecke, die der Lkw zwischen einer Mine nördlich der Bergbaustadt Newman und einem Strahlenschutzunternehmen in Malaga, einem Vorort der Metropole Perth, zurückgelegt hatte, misst 1.400 Kilometer.

Kapsel wiedergefunden

Die winzige radioaktive Kapsel, die in Australien verloren gegangen ist, wurde nach langer Suche entdeckt. Sie stellte wegen der ausgehenden Strahlung eine mögliche Gefahr dar.

Entdeckung als Glücksfall

Die Behörden suchten vor allem an „strategischen Orten“ entlang der Transportroute. Strahlungsmessgeräte wurden eingesetzt, zuletzt wurde auch die Behörde für Strahlenschutz und nukleare Sicherheit (ARPANSA) eingeschaltet. Die Agentur entsandte Experten mit Spezialgeräten in den Westen des Landes. Mit GPS-Daten wurde die genaue Route mit allen Stopps ermittelt. Dass die kleine Kapsel tatsächlich gefunden wurde, ist ein Glücksfall: Sie hätte auch durch Wind oder Autoreifen weggetragen werden können.

Deshalb wurden auch Fahrzeughalter, die auf dem Great Northern Highway unterwegs waren, aufgefordert, ihre Reifen zu prüfen. Die Gesundheitsbehörden hatten gewarnt, Abstand zu halten, sollte irgendjemand die Kapsel entdecken. Auch wurde geraten, bei Kontakt mit der Kapsel umgehend ein Krankenhaus aufzusuchen.

Radioaktiven Kapsel
APA/AFP/Government Of Western Australia/Department of Fire and Emergency Services
Die kleine Kapsel ist etwa so groß wie ein Cent-Stück – dennoch wurde sie entdeckt

Im Umkreis von einem Meter sei diese in etwa so hoch wie zehn Röntgenbestrahlungen innerhalb einer Stunde – oder die Menge an natürlicher Strahlung, der ein Mensch über ein ganzes Jahr ausgesetzt sei. „Sie emittiert sowohl Beta- als auch Gammastrahlen. Wenn Sie ihr nahe kommen, können Sie Hautschäden einschließlich Hautverbrennungen erleiden“, sagte der Gesundheitsbeauftragte der Region, Andrew Robertson.

Strafen werden überprüft

„Es muss geprüft werden, wie diese Kapseln transportiert werden“, sagte Dawson. „Es ist mir ein Rätsel, wie so etwas von der Ladefläche eines Lastwagens fallen kann.“ Der britisch-australische Konzern Rio Tinto hatte sich bereits für den Vorfall entschuldigt. Man habe den Versand spezialisierten Verpackungs- und Transportunternehmen anvertraut. Der Konzern werde eng mit der Regierung des Bundesstaates Western Australia zusammenarbeiten, um den Unfall aufzuklären, sagte Simon Trott, der Leiter der Eisenerzabteilung von Rio Tinto.

Die Behörden wollen nach dem Vorfall die Strafen für unsachgemäßen Umgang mit radioaktivem Material überprüfen. Das gültige Gesetz stammt aus dem Jahr 1975 und sieht Strafen von maximal 1.000 australischen Dollar (650 Euro) am Tag vor. „Das ist lächerlich niedrig, aber ich vermute, das ist deshalb so, weil niemand dachte, ein solcher Gegenstand könne verloren gehen“, sagte Premierminister Anthony Albanese. „Er hätte nicht verloren gehen dürfen.“

Dass es zu einem juristischen Verfahren kommt, gilt aber als unwahrscheinlich. Derzeit versucht die Regierung von Westaustralien zu klären, wie die teure und aufwendige Suche bezahlt werden soll. Rio Tinto hat bereits signalisiert, für die Kosten aufkommen zu wollen, falls das Unternehmen darum gebeten werde.