OSZE-Logo in Wien
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OSZE-Tagung

Appell an Wien, Russen auszuladen

In einem offenen Brief haben über 80 Abgeordnete aus 20 Ländern Österreich aufgefordert, die Teilnahme der russischen Delegation an der OSZE-Tagung in Wien zu verhindern. Das Treffen in Wien findet am ersten Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine statt. Das Außenministerium sieht sich allerdings nicht zuständig und verweist auf den Veranstalter OSZE – und den Teilnehmern müsse man Visa erteilen.

In dem Brief, aus dem die „Presse“ am Donnerstag zitierte, wird die Bundesregierung aufgefordert, russischen Abgeordneten, die unter internationalen Sanktionen stehen, keine Visa für die Einreise auszustellen. Das Außenministerium bestätigte auf APA-Anfrage heute den Erhalt des Briefes.

„Wir erwarten, dass Entscheidungen getroffen werden, die ihre Teilnahme verhindern“, heißt es in dem Schreiben, das an Bundeskanzler Karl Nehammer, Außenminister Alexander Schallenberg und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (alle ÖVP) sowie an Bundesratspräsident Günter Kovacs (SPÖ) und Margareta Cederfelt, die Präsidentin der Parlamentarischen OSZE-Versammlung, gerichtet ist.

Diskussion vor OSZE-Treffen

Österreich ist Sitz der OSZE, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, die Ende Februar eine Tagung abhält, zu der auch eine Delegation aus Russland anreisen soll. Das sorgt international für Kritik. Abgeordnete aus 20 Ländern fordern Österreich auf, ihnen keine Visa auszustellen.

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖV) sieht auch einen Ausschluss Russlands aus der OSZE sehr kritisch: „Wenn man solche Brücken mutwillig oder fahrlässig zu Bruch gehen lässt, wird man es irgendwann bedauern, weil irgendwann braucht man sie wieder“, sagte er zu Puls24. Die Organisation „war nie ein Club gleichgesinnter Staaten“, erinnerte er.

Beteiligung am Jahrestag „Provokation“

Die Beteiligung der russischen Abgeordneten genau ein Jahr nach der „verbrecherischen Invasion“ in der Ukraine könnte als „Provokation“ aufgefasst werden, so die Argumentation. Unterzeichnet wurde der Brief laut „Presse“ von OSZE-Delegierten aus Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Frankreich, Georgien, Großbritannien, Island, Kanada, Lettland, Litauen, den Niederlanden, Norwegen, Polen, Rumänien, Schweden, der Slowakei, Slowenien, Tschechien und der Ukraine.

Die Parlamentarische Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) findet am 23./24. Februar in Wien statt. Das Außenministerium argumentiert, dass es aufgrund eines Abkommens mit der OSZE der russischen Delegation die Einreise nicht verweigern kann. Am 24. Februar ist der erste Jahrestag des Angriffs Russlands auf die Ukraine. Damit verpflichte sich Österreich als Sitzstaat, Teilnehmern die Anreise zum Tagungsort zu ermöglichen.

Auch die Wahl von Tagungsort und -zeit obliege der OSZE, so das Außenministerium am Donnerstag. „Es handelt sich um keine Einladung seitens der österreichischen Bundesregierung“, hieß es. Die Ausstellung von Visa an Personen, die an der Tagung teilnehmen, sei keine politische Ermessensfrage, sondern eine Frage bestehender völkerrechtlicher Verpflichtung, hieß es erneut mit dem Verweis auf das OSZE-Amtssitzabkommen.

Außenministerium wies Diplomaten aus

Zuvor hatte das Außenministerium vier russische Diplomaten ausgewiesen. „Zwei Diplomaten der russischen Botschaft haben mit ihrem diplomatischen Status unvereinbare Handlungen gesetzt“ und wurden „zu unerwünschten Personen (Personae non gratae) erklärt“, teilte das Außenministerium am Donnerstag mit.

Auch zwei Diplomaten der Ständigen Vertretung bei den Vereinten Nationen seien zum Verlassen Österreichs aufgefordert worden. Sie hätten mit dem Amtssitzabkommen unvereinbare Handlungen begangen, hieß es.

Russland kritisierte die Maßnahme als „rein politisch motiviert“ und kündigte baldige Gegenmaßnahmen an. Es seien keine Beweise für einen Verstoß gegen das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vorgelegt worden, so der russische Botschafter in Österreich, Dmitri Ljublinski, in einer der APA übermittelten Stellungnahme. Österreich warf er vor, „bewusst unsere einst konstruktiven bilateralen Beziehungen und Dialogkanäle zu Fall zu bringen“.

Ausweisung im Zusammenhang mit OSZE-Treffen?

Die Zahl der russischen Diplomaten bleibt in jedem Fall hoch. Laut Außenministerium sind derzeit 181 Diplomaten aus Russland akkreditiert, davon 77 an der russischen Botschaft, vier am russischen Generalkonsulat in Salzburg, die anderen an den multilateralen Vertretungen der Russischen Föderation bei der OSZE und bei den internationalen Organisationen in Wien.

Der Russland-Experte Gerhard Mangott brachte die Ausweisung am Donnerstag mit der diplomatisch heiklen bevorstehenden OSZE-Tagung in Wien in Verbindung. „Die Ausweisung der russischen Diplomaten mag gut begründet sein. Es hat aber wohl auch damit zu tun, dass Österreich russische Vertreter trotz Reisesperren zur Sitzung der Parlamentarischen Versammlung der OSZE einreisen lassen wird – wofür Österreich heftig kritisiert wird“, so Mangott auf Twitter. „Mit der Ausweisung der Diplomaten kann man nun dem Vorwurf begegnen, man sei russlandfreundlich“, analysierte der Politologe.

Außenministerium dementiert Zusammenhang

In einem Statement des Außenministeriums, das auch ORF.at vorliegt, wies man die Vermutung des Politologen zurück: „Die Visavergabe an russische Parlamentarier ist eine völkerrechtliche Verpflichtung, die aus dem Amtssitzabkommen mit der OSZE erwächst. Die Ausweisung von vier russischen Diplomaten steht damit in keinerlei Zusammenhang. Dabei handelt es sich um einen Schritt, zu dem wir uns veranlasst gesehen haben, um nationale Interessen zu schützen.“

Das wurde von Außenminister Schallenberg am Donnerstag noch einmal bestätigt: „Es gibt hier eine völkerrechtliche Pflicht für Österreich“, sagte er gegenüber dem Sender Puls24. Man müsse als Amtssitzstaat internationalen Delegationen die Teilnahme an Tagungen ermöglichen. „Ich werde sicher nicht einen Völkerrechtsbruch begehen.“

Außenministerium sieht völkerrechtliche Verpflichtung

Die Wahl von Tagungsort und -zeit obliege der OSZE, betonte das Außenministerium am Donnerstag. „Es handelt sich um keine Einladung seitens der österreichischen Bundesregierung“, hieß es. Die Ausstellung von Visa an Personen, die an der Tagung teilnehmen, sei keine politische Ermessensfrage, sondern eine Frage bestehender völkerrechtlicher Verpflichtung, hieß es erneut mit dem Verweis auf das OSZE-Amtssitzabkommen.

Damit verpflichte sich Österreich als Sitzstaat, Teilnehmern die Anreise zum Tagungsort zu ermöglichen. Diese Verpflichtung umfasse auch Mitglieder der russischen Staatsduma bzw. des Föderationsrats, gegen die EU-Sanktionen verhängt wurden. Das Visum werde nur für das österreichische Bundesgebiet und nur für die Dauer der Wintertagung der Parlamentarischen Versammlung der OSZE sowie eines An- und Abreisetages ausgestellt, hieß es.

OSZE verweist auf nationales Ermessen

Die OSZE erklärte am Donnerstag auf Anfrage, die Durchsetzung von Sanktionen sei auf nationaler Ebene festgelegt, und es liege im Ermessen jeder Regierung, wie sie ihre Grenzen kontrolliere. Regierungen, die Tagungen der OSZE-Vollversammlung ausrichten, hätten sich in der Vergangenheit gelegentlich geweigert, Russen, gegen die Sanktionen verhängt wurden, Einreisevisa auszustellen.

Österreich sei aber zu dem Schluss gekommen, dass seine Verpflichtungen als Gastgeberland der OSZE es erforderten, dass Delegierten internationaler Organisationen Visa zur Teilnahme an offiziellen Tagungen erteilt werden, hieß es.

Bezüglich des Termins der Tagung am Jahrestag des russischen Angriffs sagte die OSZE: „Der Termin des Wintertreffens 2023 wurde nicht extra so gewählt, dass er mit dem ersten Jahrestag der russischen Invasion zusammenfällt. Das Wintertreffen ist immer für Ende Februar geplant.“