Streiks legen zum dritten Mal Teile Frankreichs lahm

Einen Tag nach Beginn der Parlamentsdebatte über die Pensionsreform haben Streiks heute erneut Teile des öffentlichen Lebens in Frankreich lahmgelegt. Am dritten Protesttag binnen drei Wochen fielen zahlreiche Bahnen, Busse und Unterrichtsstunden aus.

Im Schnitt fiel etwa jeder zweite TGV-Zug aus. In Paris war der U-Bahn-Betrieb stark gestört. Die Fluggesellschaft Air France strich etwa fünf Prozent ihrer Kurz- und Mittelstreckenflüge. Im Vergleich zu den beiden vorigen Protesttagen beteiligten sich allerdings weniger Menschen an den Streiks.

Die wichtigsten Gewerkschaften haben gemeinsam zu Demonstrationen aufgerufen. Die französische Regierung will das Pensionseintrittsalter bis 2030 von 62 auf 64 Jahre anheben.

Beschäftigte des Energieunternehmens EDF drosselten in der Nacht aus Protest die Stromproduktion um 4.500 Megawatt, was in etwa der Produktion von vier Atomkraftwerken entspricht. Zu Stromausfällen kam es jedoch nicht. An mehreren Gymnasien und Universitäten beteiligten sich auch junge Menschen an der Protestbewegung.

Über 200 Demos angemeldet

Im gesamten Land waren wie an den beiden ersten Protesttagen mehr als 200 Demonstrationen angemeldet. Sicherheitskräfte rechneten mit etwa einer Million Menschen auf den Straßen. Landesweit waren 11.000 Sicherheitskräfte im Einsatz, davon 4.000 in Paris, wo sich häufig Randalierer unter die Demonstranten mischen.

Demonstration gegen die Anhebung des Pensionsantrittsalters in Toulouse
APA/AFP/Charly Triballeau

„Man kann nicht dauerhaft gegen sein eigenes Land regieren“, sagte der Chef der sozialistischen Partei PS, Olivier Faure, dem Sender LCI. Er verwies darauf, dass 93 Prozent der Berufstätigen die Reform ablehnten. „Wenn ein Gesetzentwurf auf so starke Ablehnung stößt (…), dann gibt es ein Problem mit der Demokratie“, sagte er.

Gewerkschaftsführer Philippe Martinez kritisierte die Haltung von Präsident Emmanuel Macron: „Er will mit seinem großen Ego zeigen, dass er die Reform durchsetzen kann, ohne Rücksicht auf die öffentliche Meinung“, sagte Martinez dem Sender RTL.

Aufgeheizte Debatte in Nationalversammlung

Am Vortag hatte die Debatte in der Nationalversammlung in aufgeheizter Stimmung begonnen. Arbeitsminister Olivier Dussopt hatte die Reform als notwendig für das „Überleben des Pensionssystems“ bezeichnet. Er zeigte sich zugleich offen für Verbesserungen.

Die Reform umfasst auch eine Anhebung der Mindestpension auf 1.200 Euro. Zudem soll die Beschäftigung von Senioren gefördert werden. Bei den ersten beiden Protesttagen im Jänner waren jeweils mehr als eine Million Menschen auf die Straße gegangen.