US-Präsident Joe Biden
Reuters/Jacquelyn Martin
Rede an die Nation

Biden fordert Republikaner heraus

US-Präsident Joe Biden hat am Dienstagabend (Ortszeit) seine Rede zur Lage der Nation gehalten. Gleich zu Beginn wandte er sich an seine „republikanischen Freunde“, um sie zur Kooperation aufzurufen. Konflikte würden das Land nicht weiterbringen, so Biden. Wenig später fuhr er scharfe Attacken gegen die Republikaner.

Biden sah sich in seiner „State of the Union Address“ mit neuen Mehrheitsverhältnissen im Kongress konfrontiert. Seit Jänner sind seine Demokraten im Repräsentantenhaus in der Minderheit, was es für die Regierung schwieriger macht, Gesetzesvorhaben umzusetzen. Die Republikaner haben bei den Zwischenwahlen im November eine knappe Mehrheit in der Parlamentskammer errungen.

„Wir konnten im letzten Kongress zusammenarbeiten, es gibt keinen Grund, warum wir nicht auch in diesem Kongress zusammenarbeiten und einen Konsens über wichtige Dinge finden können“, sagte Biden. „Man sagt uns oft, dass Demokraten und Republikaner nicht zusammenarbeiten können. Aber in den vergangenen zwei Jahren haben wir den Zynikern und Pessimisten das Gegenteil bewiesen.“

US-Präsident Joe Biden während der Rede vor dem Kongress
Reuters/Kevin Lamarque
In seiner Rede zur Lage der Nation konzentrierte sich Biden sehr stark auf die Innenpolitik

Einige Republikaner „wollen Wirtschaft als Geisel nehmen“

Der US-Präsident nutzte seine rund eine Stunde und zehn Minuten lange Rede aber auch für Attacken auf die Oppositionspartei, insbesondere im Streit über die Schuldenobergrenze. „Einige meiner republikanischen Freunde wollen die Wirtschaft als Geisel nehmen (…), wenn ich ihren wirtschaftlichen Plänen nicht zustimme“, sagte Biden. Statt dafür zu sorgen, dass die Reichen „ihren fairen Anteil“ zahlen, wollten einige Republikaner die öffentliche Krankenkasse Medicare und die Sozialversicherung beschneiden.

Das führte zu lauten Buhrufen republikanischer Parlamentarier und zu einem spontanen Wortgefecht des Präsidenten mit der Opposition. Die Republikanerin Sarah Huckabee Sanders kritisierte Biden scharf und warf ihm mangelnde Führung vor. „Die Schwäche von Präsident Biden gefährdet unsere Nation und die Welt“, sagte die frühere Sprecherin des damaligen Präsidenten Donald Trump, die mittlerweile Gouverneurin des südlichen US-Bundesstaates Arkansas ist.

Die US-Republikanerin Sarah Huckabee Sanders
Reuters/Al Drago
Sarah Huckabee Sander übte umgehend nach Bidens Rede Kritik am Präsidenten

In den USA legt der Kongress in unregelmäßigen Abständen eine Schuldenobergrenze fest und bestimmt, wie viel Geld sich der Staat leihen darf. Mittlerweile ist in den USA der geltende Schuldendeckel erreicht, und das US-Finanzministerium muss die Reserven anzapfen – denn die USA dürfen nun keine Schulden mehr aufnehmen, um ihre Rechnungen zu begleichen. Wird die Schuldenobergrenze nicht bald erhöht, könnte es zu einem Zahlungsausfall der US-Regierung kommen. Das würde die Weltwirtschaft in eine Krise stürzen.

„Verbieten Sie diese Sturmgewehre“

Seine Rede zur Lage der Nation fokussierte der Präsident auf innenpolitische Themen, die Wählern und Wählerinnen besonders wichtig sind. So versprach er eine Wirtschaftspolitik, „in der niemand zurückgelassen wird“, und warb für höhere Steuern für Milliardäre und Milliardärinnen. Neben der Wirtschaftspolitik ging es auch um das Abtreibungsrecht, das Waffenrecht und den Kampf gegen Polizeigewalt.

So rief Biden zum Verbot von Sturmgewehren auf. Wie vor knapp 30 Jahren müsse es ein Gesetz zur Abschaffung der halbautomatischen Waffen geben, sagte Biden. Damals sei die Regelung schließlich ausgelaufen, daraufhin habe sich die Zahl der Toten durch Massaker verdreifacht. „Lassen Sie uns die Arbeit beenden, verbieten Sie diese Sturmgewehre!“

RowVaughn Wells and Rodney Wells, Mutter und Stiefvater von Tyre Nichols
Reuters/Evelyn Hockstein
Die Eltern des durch Polizeigewalt getöteten Tyre Nichols waren im Kongress zu Gast

Für Reformen bei der Polizei forderte der US-Präsident eine parteiübergreifende Unterstützung. Bei der Ansprache anwesend waren auch die Mutter und der Stiefvater von Tyre Nichols. Der Afroamerikaner war am 7. Jänner bei einer Verkehrskontrolle im Bundesstaat Tennessee von fünf schwarzen Polizisten brutal zusammengeschlagen worden und infolge seiner Verletzungen gestorben. „Was Tyre in Memphis widerfahren ist, passiert zu oft. Wir müssen besser werden: die Strafverfolgungsbehörden besser ausbilden, sie an höhere Standards binden“, forderte Biden.

Hilfe für Ukraine, Kritik an China

Außenpolitische Themen schnitt Biden nur am Rande an. So sagte er der Ukraine im Russland-Krieg die dauerhafte Unterstützung der USA zu. „Wir werden an der Seite der Ukraine stehen, solange es dauert“, versprach der Präsident. Die USA sind der wichtigste Unterstützer der Ukraine im Krieg gegen Russland und liefern im großen Umfang Waffen und andere Rüstungsgüter an Kiew. Bei den oppositionellen Republikanern gibt es allerdings Personen, die den umfassenden US-Hilfen für die Ukraine kritisch gegenüberstehen.

Auch das US-Verhältnis zu China thematisierte Biden. Nach dem Überflug eines mutmaßlichen chinesischen Spionageballons über die USA warnte Biden Peking vor weiteren Provokationen. „Wie wir in der vergangenen Woche klargemacht haben: Wenn China unsere Souveränität bedroht, werden wir handeln, um unser Land zu schützen“, so der Staatschef. Er sei aber entschlossen, mit China dort zusammenzuarbeiten, wo amerikanische Interessen zum Wohle der Welt gefördert werden könnten.

Zwischenruf aus den Reihen der Republikaner während Bidens Rede
Reuters/Evelyn Hockstein
Republikanerin Marjorie Taylor Green, die rechtsextreme Ansichten vertritt, schrie während Bidens Rede „Lügner“

Das Auftauchen des chinesischen Ballons hat die ohnehin frostigen Beziehungen beider Länder weiter abgekühlt. Das US-Militär hatte den chinesischen Ballon vor der Küste des Bundesstaates South Carolina über dem Atlantik abgeschossen. Washington warf China vor, das Land habe mit dem Ballon Militäreinrichtungen ausspionieren wollen. Die Regierung in Peking sprach dagegen von einem zivilen Forschungsballon, der vom Kurs abgekommen sei.

Bewerbungsrede für zweite Amtszeit?

Bidens Rede fällt in eine Zeit, in der mit Spannung eine Entscheidung erwartet wird, ob der Demokrat für eine zweite Amtszeit kandidieren will. US-Medien hatten die wichtige Rede zuvor als eine Art Bewerbungsrede bezeichnet. Der Präsident hatte einen Beschluss dazu für den Beginn dieses Jahres in Aussicht gestellt. Biden hat zwar mehrfach die allgemeine Absicht erklärt, 2024 noch einmal zu kandidieren, aber noch keinen endgültigen Entschluss verkündet.

Biden fordert Republikaner heraus

US-Präsident Joe Biden hat am Dienstagabend (Ortszeit) seine Rede zur Lage der Nation gehalten. Gleich zu Beginn wandte er sich an seine "republikanischen Freunde“, um sie zur Kooperation aufzurufen. Konflikte würden das Land nicht weiterbringen, so Biden. Wenig später fuhr er scharfe Attacken gegen die Republikaner.

Bidens Vorgänger, der frühere US-Präsident Trump, meldete sich unterdessen auch zu Wort. Während der Ansprache warf er Biden etwa Führungsschwäche vor. Der chinesische Präsident Xi Jinping „lacht über unsere aktuelle Führung, vorher hat er nicht gelacht“, so Trump. Er lobte seine eigene Politik als Präsident in den Jahren 2017 bis 2021 und warf Biden vor, politische Erfolge zu verbuchen, die er errungen habe.