Erdbeben: Karas für unbürokratische Aufnahme Betroffener

Der ÖVP-Politiker und Erste Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Othmar Karas, fordert eine internationale, von der EU initiierte Hilfskonferenz für die Erdbebenopfer in der Türkei und Syrien. In der ORF-„Pressestunde“ sprach er sich gestern außerdem für die unbürokratische, zeitlich begrenzte Aufnahme von Betroffenen in Österreich aus.

Er rechne mit neuen Fluchtbewegungen aus der Region nach Europa, sollte es nicht zu sofortiger Hilfe kommen. Das Erdbeben bezeichnete Karas als „enorme humanitäre Katastrophe mit großem politischen Sprengstoff“, die auch Auswirkungen auf Europa haben werde. Er forderte die Abhaltung einer internationalen Hilfskonferenz.

Dem Vorschlag der deutschen Regierung, vom Erdbeben betroffenen Menschen mit „Bezugspersonen in Europa“ über ein unbürokratisches Visaverfahren die Möglichkeit zu geben, bei ihren Angehörigen unterzukommen, könne er „viel abgewinnen“, sagte Karas. Diese Maßnahme sollte allerdings „Teil eines Gesamthilfspakets“ sein. „Das Schlimmste ist es, zuzusehen und auf die anderen zu warten“, man müsse helfen wo man könne – finanziell, humanitär und sozial.

Kritik an EU-Sondergipfel

Für die EU-Migrationspolitik sowie den kürzlich abgehaltenen EU-Sondergipfel zum Thema Flucht und Migration fand Karas kritische Worte. Auf dem Gipfel der Staats- und Regierungschefinnen und -chefs am Donnerstag sei „keine einzige Maßnahme neu beschlossen“ worden, auch auf die Erdbebenkatastrophe und damit mögliche neue Fluchtbewegungen Richtung Europa sei gar nicht eingegangen worden.

Auch die Kommunikation in Österreich mit den Ergebnissen des Gipfels bedaure er, so der ÖVP-Politiker mit Blick auf die Diskussion rund um Grenzzäune. Die Europäische Union müsse mit der Fluchtfrage „ernsthafter, mutiger und ehrlicher umgehen“. Statt gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, würden „Überfremdungsängste geschürt“ – auch in Österreich, sagte Karas.

Der Umgang mit Krisen hierzulande sei in den vergangenen Jahren ein „Fehler“ gewesen, antwortete Karas auf die Frage nach der Politik der ÖVP unter Sebastian Kurz. „Der politische Stil, der sich breit gemacht hat, das Schielen an die rechtsextremen Ränder, das Zulassen der Spaltung der Gesellschaft, die Radikalisierung in der Wortwahl sind schwere Fehler.“ Die politische Mitte verliere bei Wahlen, weil sie sich den politischen Rändern anbiedere.