John Kirby
Reuters/Evelyn Hockstein
„Bisher kein China-Konnex“

Erste Erkenntnisse aus USA zu Flugobjekten

Die drei vom US-Militär abgeschossenen rätselhaften Flugobjekte sind nach ersten Erkenntnissen aus Washington nicht Teil einer Spionageballonflotte aus China. Es gebe bisher außerdem keinen eindeutigen Hinweis darauf, dass die Flugobjekte zu Spionagezwecken unterwegs gewesen seien, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Dienstag.

Man wisse aber immer noch nicht, woher die Objekte stammten und was ihre Mission gewesen sei. Ihre Überreste seien immer noch nicht gefunden worden. „Die Möglichkeit, dass es sich um Ballons handelt, die einfach an kommerzielle Einrichtungen oder Forschungseinrichtungen gebunden und daher harmlos sind, wird nicht ausgeschlossen“, sagte Kirby.

Nachdem das US-Militär am 4. Februar einen mutmaßlichen chinesischen Spionageballon abgeschossen hatte, holte es seit Freitag drei weitere bisher nicht identifizierte Flugobjekte vom Himmel. Eines wurde über Alaska abgeschossen, eines über Kanada und eines über dem Huronsee, der zu den Großen Seen im Norden der USA an der Grenze zu Kanada gehört.

Soldaten der Navy mit den Resten des Ballons
IMAGO/Petty Officer 1st Class Kris Lin
Die Bergung der Trümmer gestaltet sich schwierig – noch immer gibt es offene Fragen

Druck auf Biden wächst

US-Präsident Joe Biden äußerte sich bisher nicht zu den drei Flugobjekten, die von Freitag bis Sonntag über dem nordamerikanischen Luftraum abgeschossen wurden. Politiker aus beiden politischen Lagern erhöhten den Druck auf Biden und forderten von ihm mehr Transparenz.

Der Minderheitenführer im Senat, der Republikaner Mitch McConnell, forderte vom Präsidenten ein entschiedeneres Auftreten hinsichtlich Bedrohungen von außen. Biden habe nicht nur zu den Vorfällen vom Wochenende bisher nichts gesagt, auch den mutmaßlichen chinesischen Spionageballon habe der Präsident in seiner Rede zur Lage der Nation vergangene Woche nur beiläufig erwähnt. Das amerikanische Volk verdiene es, vom Präsidenten hierzu mehr zu erfahren.

Spionagevorwürfe gegen China

Zuvor hatten die USA China beschuldigt, mit Ballons ein Überwachungsprogramm zu betreiben und mehr als 40 Länder ins Visier genommen zu haben. China weist die Vorwürfe zurück und spricht von einer „Überreaktion“ seitens der USA. Der abgeschossene Ballon sei ein Forschungsballon aus China gewesen, der durch „höhere Gewalt“ weit vom Kurs abgekommen sei.

Offen blieb nun, wann es endgültige Informationen zu den drei abgeschossenen rätselhaften Flugobjekten geben wird. Man könne ziemlich sicher ausschließen, dass es sich um Objekte der US-Regierung handle, sagte Kirby.

Schwierige Suche

Das Wetter und die geografischen Bedingungen erschwerten die Suche nach den Trümmern. Eines der Objekte war vor Alaska auf Meereis gekracht, ein anderes liegt am Grunde des Huronsees. US-Generalstabschef Mark Milley gestand am Dienstag ein, dass die erste Rakete, die am Sonntag über dem Huronsee abgefeuert worden sei, ihr Ziel verfehlte. „Ja, der erste Schuss ging daneben“, sagte Milley bei einer Pressekonferenz in Brüssel.

Das Weiße Haus lieferte nun außerdem eine Erklärung für die Abschüsse in kurzer Zeit. Das Nordamerikanische Luftverteidigungskommando (NORAD) habe die Radarsysteme nach dem Vorfall mit dem mutmaßlichen chinesischen Spionageballon angepasst, sagte Kommunikationsdirektor Kirby. Die Empfindlichkeit der Systeme sei erhöht worden, um mehr Objekte zu identifizieren, die langsam und klein seien sowie hoch fliegen würden.

„Wir lernen aus den Trümmern“

Mehr Erfolg als bei den drei rätselhaften Flugobjekten hatte die US-Marine inzwischen bei der Bergung des mutmaßlichen chinesischen Überwachungsballons, der vor gut einer Woche vor der US-Atlantikküste abgeschossen worden war. Suchtrupps ist es gelungen, erste Teile des Ballons vom Meeresgrund an die Oberfläche zu bringen.

Erste Erkenntnisse zu Flugobjekten

Das Weiße Haus hat erklärt, dass die drei in der vergangenen Woche abgeschossenen unidentifizierten Flugobjekte wahrscheinlich harmlos waren und keine Ähnlichkeit mit dem chinesischen Ballon hatten, der zuvor über den USA kreuzte. Regierungssprecherin Karine Jean-Pierre sagte, dass kein Grund zur Panik bestehe. Auf die Frage eines Journalisten, ob es Präsident Joe Biden peinlich sei, den Abschuss eines gutartigen Objekts anzuordnen, antwortete Jean-Pierre, dass der Präsident lediglich Maßnahmen ergriffen habe, um den Luftraum sicher zu halten.

„Wir lernen aus den Trümmern, die wir gerade vom Grund des Atlantiks hochziehen“, sagte Kirby. Er erneuerte seine Vorwürfe gegen China: „Es handelt sich um eine konzertierte Aktion der Chinesen, diese spezielle Art von Plattform zur Überwachung und zur Sammlung von Informationen zu nutzen.“

Kirby betonte, dass der abgeschossene Ballon nicht der erste über US-Territorium gewesen sei. Es habe mindestens drei Flüge während der Amtszeit von Ex-Präsident Donald Trump gegeben. Mindestens ein weiterer Ballon sei zu Beginn der Amtszeit von Präsident Joe Biden unterwegs gewesen. Der große Unterschied zu dem abgeschossenen Ballon sei gewesen, dass die vorherigen den US-Luftraum nicht über so einen langen Zeitraum überflogen hätten.

Bericht: USA verfolgten Ballonroute seit Start

Einem Bericht der „Washington Post“ (Mittwoch-Ausgabe) unter Berufung auf mehrere US-Beamte zufolge beobachtete das US-Militär die Route des abgeschossenen chinesischen Ballons bereits seit dessen Start auf der südchinesischen Insel Hainan.

Er habe zunächst eine Flugbahn eingeschlagen, die ihn über das US-Außengebiet Guam zu führen schien, wo sich mehrere US-Militärstützpunkte befinden, hieß es weiter. Doch dann habe er unerwartet einen nördlichen Kurs eingeschlagen. Der Ballon sei später über Alaskas Aleuten-Inseln geschwebt und dann über Kanada gedriftet, von wo er anscheinend durch starke Winde auf das Festland der Vereinigten Staaten getrieben sei.

Analysten untersuchten dem Bericht zufolge nun die Möglichkeit, dass China mit seinem „Überwachungsgerät“ nicht absichtlich in das amerikanische Kernland eindringen wollte.

Gerüchte über Treffen der Außenminister

Angesichts der angespannten Stimmung zwischen Peking und Washington gab es Gerüchte über ein mögliches Treffen zwischen Chinas oberstem Außenpolitiker Wang Yi und US-Außenminister Antony Blinken am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz, die am Freitag beginnt. China bestätigte eine solche Zusammenkunft nicht.

Zuvor hatten US-Medien berichtet, dass Blinken eine solche Begegnung in Erwägung ziehe. Es wäre das erste Spitzentreffen der höchsten Außenpolitiker beider Länder, nachdem Blinken Anfang des Monats einen geplanten Besuch in China wegen des mutmaßlichen chinesischen Spionageballons über den USA kurzfristig abgesagt hatte.

Japan reagiert auf Ballons

Der mutmaßliche chinesische Spionageballon über den USA könnte nur ein Beispiel gewesen sein. Laut den USA betreibt China Spionage mit diesen Höhenballons und hat 40 weitere Länder weltweit im Visier. Am Mittwoch bekundete Japan, dass es den „starken Verdacht“ habe, dass chinesische Überwachungsballons seit 2019 mindestens dreimal in japanisches Hoheitsgebiet eingedrungen seien.

Japan überlegt nun, entschlossener gegen Verletzungen des japanischen Luftraums vorzugehen und die Vorschriften für den Einsatz von Waffen zur Abwehr zu lockern.