OSZE-Fahnen am Heldenplatz in Wien
ORF.at/Roland Winkler
Wegen russischer Teilnahme

Ukraine will OSZE-Treffen in Wien fernbleiben

Die Ukraine wird keine Vertretung zur Wintertagung der Parlamentarischen Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) entsenden, die am 23. und 24. Februar in Wien tagen soll. Der Grund ist die erwartete Anwesenheit russischer Abgeordneter, wie der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk sagte.

Die Position Kiews wurde in einem Brief an die Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, Margareta Cederfelt, detailliert erklärt. „Wir haben erfahren, dass die österreichischen Behörden gewillt sind, Visa für Mitglieder der russischen Delegation auszustellen, und deshalb russische Parlamentarier an der Wintertagung teilnehmen werden“, schrieb der ukrainische Delegationsleiter Mykyta Poturajew in einem der APA vorliegenden Brief an Cederfelt.

Der Politiker erinnerte in seinem mit 13. Februar datierten Schreiben daran, dass die Tagung auf den Jahrestag der russischen Invasion gegen sein Land falle und alle russischen Delegationsmitglieder diese auch unterstützt hätten. Deshalb seien sie von der internationalen Staatengemeinschaft auch mit Sanktionen belegt worden.

Poturajew zeigte sich überzeugt, dass die russische Delegation die Veranstaltung zur „Rechtfertigung der Aggression gegen die Ukraine“ sowie zur „Schönfärberei von an Ukrainern verübten Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ verwenden werde. „All das wird die Integrität der Parlamentarischen Versammlung unterminieren und jene eindeutige Position kompromittieren, die sie in Bezug auf die russische Aggression seit 2014 gezeigt hat“, hielt er fest.

Bedenken auch in anderen OSZE-Staaten

Im Fall der russischen Teilnahme an der Versammlung sei man daher nicht in der Lage teilzunehmen, schrieb Poturajew. Er erinnerte daran, dass auch Delegationen aus anderen OSZE-Staaten „starke Bedenken“ in Bezug auf eine Teilnahme Russlands zum Ausdruck gebracht hätten. Litauen etwa kündigte gegenüber der APA an, die Tagung boykottieren zu wollen.

„Die einzige gangbare Lösung zur Erhaltung der Integrität der Versammlung, die für den Schutz der Prinzipien und Verpflichtungen der OSZE eintritt, ist eine Verschiebung der Winterversammlung“, sagte Poturajew. Diese Option sei bei Partnern auf Verständnis und Unterstützung gestoßen, sagte er. Konkrete Unterstützer dieses Vorschlags nannte der Ukrainer nicht.

Pflicht oder „Schande“?

Die Parlamentarische Versammlung der OSZE dagegen hatte vor einer Woche klargestellt, dass Österreich allen Delegationen Visa ausstellen muss. Das Amtssitzabkommen verlange von Österreich, den teilnehmenden Delegationen die Einreise zu erleichtern, „was bedeutet, dass das Ausstellen von Visa keine Ermessensfrage, sondern eine Frage der rechtlichen Verpflichtung ist“. Zuvor hatten 81 Abgeordnete aus 20 Ländern Österreich aufgefordert, die Teilnahme der russischen Delegation an der OSZE-Tagung in Wien zu verhindern.

Das machen auch zahlreiche Kulturschaffende, die sich am Mittwoch in einem offenen Brief an die Regierungsspitze gegen die „Delegation der Schande“ wandten. „Dieser Delegation werden auch führende russische Kriegspropagandisten angehören, die auf internationalen Sanktionslisten stehen und zweifellos vorhaben, den Termin für ihre Interessen zu nutzen.“ Und: „Wien als OSZE-Sitz darf sich nicht zur Drehscheibe für Russlands Interpretation seines Kriegs gegen die Ukraine machen lassen. Es wäre ein großer moralischer und politischer Schaden, würde das OSZE-Treffen als Einfallsschneise genutzt werden können, um die russische Kriegspropaganda von Österreich aus weiterzuverbreiten“, heißt es in dem Schreiben.

Entsprechend sei die Regierung zum Handeln aufgefordert: „Wir wissen, dass Österreich gegenüber der OSZE Verpflichtungen hat und diese auch einhalten möchte. Es sollte jedoch dessen ungeachtet nichts unversucht bleiben, einem solchen Termin eine friedensstiftende Funktion zu ermöglichen und durch ihn keine weitere Eskalation zu fördern.“ Unterzeichnet haben den Aufruf etwa Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek und ihre Autorenkolleginnen und -kollegen Kathrin Röggla, Michael Köhlmeier und Arno Geiger, die Musiker Paul Gulda, HK Gruber und Reinhold Bilgeri, die Schauspieler Cornelius Obonya und Hubsi Kramar sowie die Moderatoren Chris Lohner und Günter Tolar.

Generaldebatte exakt ein Jahr nach Kriegsbeginn

Die Generaldebatte am 24. Februar steht unter dem Motto „Ein Jahr später: Russlands anhaltender umfassender Krieg gegen die Ukraine“. Reden werden unter anderem erwartet von der OSZE-Sonderbeauftragten für Osteuropa, Daniela De Ridder, dem OSZE-Sonderbeauftragten für die Ukraine, Reinhold Lopatka (ÖVP), dem OSZE-Sonderbeauftragten für politische Gefangene, Steve Cohen, sowie dem Sonderberichterstatter für Kriegsverbrechen in der Ukraine, John Whittingdale.