AK-Präsidentin Renate Anderl zu Gast in der Pressestunde
ORF
Teilzeitdebatte

AK-Anderl sieht Arbeitgeber am Zug

Die Präsidentin der Arbeiterkammer (AK), Renate Anderl, hat heute in der ORF-„Pressestunde“ die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bei der Teilzeitarbeit in die Pflicht genommen. Es könne nicht sein, „dass immer alles auf die Arbeitnehmer abgewälzt wird“, wie Anderl in der von ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher angestoßenen Debatte sagte.

Kochers Überlegungen zur Abschaffung von Bevorzugungen bei der Teilzeitarbeit bezeichnete Anderl als „indiskutabel“. Es gebe Regionen in Österreich, wo Frauen mit Kinder- oder Pflegebetreuung keine Chance hätten, arbeiten zu gehen – außer der Mann würde zu Hause bleiben. Sie warf der Regierung vor, nur immer danach zu trachten, wo man bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ansetzen könnte, aber nicht bei den Betrieben.

Aus Sicht von Anderl solle man „nicht so tun, als wenn die Frauen das alle freiwillig machen“. Der AK-Chefin zufolge lehnen sich die Betriebe zurück – zentrale Frage sei aber: „Wo passiert die Teilzeit, wie schauen dort die Arbeitsplätze aus?“

AK-Präsidentin kritisiert Minister Kocher

Die Präsidentin der AK, Renate Anderl, kritisiert Sozialminister Martin Kocher (Grüne) in der ORF-„Pressestunde“ am Sonntag. Kochers Vorschlag, Teilzeitbeschäftigten weniger Sozialleistungen zukommen zu lassen, bezeichnet sie als „Bestrafung“ von Teilzeitkräften.

Teuerung: „Weniger Kühe oder weniger Gras für Kühe?“

Bei der Teuerung verwehrte sich Anderl dagegen, dass die von der AK geforderten Maßnahmen nicht viel bringen würden. Ein bis zwei Euro bei einem Einkauf gespart sei für Menschen mit wenig Einkommen viel Geld. Und warum zum Beispiel Milch um 50 Prozent teurer geworden sei, könne sie nicht nachvollziehen, „jetzt soll mir mal einer sagen, ob wir weniger Kühe oder weniger Gras für die Kühe haben“.

Bei den Mieten fordert Anderl einen Mietenstopp, hier müsste die Regierung endlich „in die Gänge kommen“. „Der Countdown läuft“, betonte Anderl. Bei den Richtwertmieten anzusetzen, wäre ein erster Schritt. Wenn auf Mieterhöhungen verzichtet werde, gelte das für alle, auch für die Stadt Wien als größtem Vermieter des Landes.

Keine Übergewinne und erhöhtes Betreuungsangebot

Ob nicht auch die AK selbst die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch eine geringere Kammerumlage entlasten könnte? Die AK habe laut Anderl keine Übergewinne und ihr Betreuungsangebot deutlich ausgebaut. Die Entlastung für die Mitglieder erfolge durch die verstärkte Beratung.

Dass die AK eine Arbeitszeitverkürzung fordert, wo doch gerade ein Arbeitskräftemangel herrsche, verteidigte Anderl. Es gehe eben auch darum, altersgerechte Arbeitsplätze zu schaffen, so gehe fast jede zweite Frau nicht direkt vom Erwerbsleben in die Pension. Weiters sollte der Arbeitsmarkt für Asylwerberinnen und -werber ein Jahr nach ihrem Asylantrag für alle Branchen geöffnet werden. Was sie nicht möchte, sei, dass mit dem Zuzug am Arbeitsmarkt Lohndumping einhergehe.

Kritik von ÖVP, FPÖ und NEOS

FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch unterstellte Anderl in einer Reaktion auf die „Pressestunde“, dass sie sich weniger für ihr eigenes Klientel zuständig fühle und eher die illegale Einwanderung legalisieren möchte.

NEOS wiederum kritisierte, dass Anderl keine Einsparungen bei den Kammerbeiträgen möchte. „Würde die Arbeiterkammer ihren Beitragssatz von 0,5 Prozent auf 0,4 Prozent senken, wären die Arbeiter und Angestellten in Österreich auf einen Schlag mit mehr als 100 Millionen Euro entlastet – und die AK hätte noch immer mehr Einnahmen als im Jahr 2016“, rechnete NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker vor.

Für den ÖVP-Wirtschaftsbund hat die AK „wieder keine Antwort auf Altersarmut“. „Wer freiwillig in Teilzeit arbeitet, weil es sich halt ausgeht, tappt früher oder später oft in die Armutsfalle. Bundesminister Martin Kocher hat recht, wenn er da ansetzen will“, so Wirtschaftsbund-Generalsekretär Kurt Egger.