Scholz hatte der von Russland angegriffenen Ukraine im Jänner nach langem Zögern und Druck aus anderen Ländern die Lieferung von Kampf- und Schützenpanzern zugesagt. Im März soll die deutsche Bundeswehr der ukrainischen Armee 14 moderne Leopard-2-Kampfpanzer vom Typ A6 übergeben. Aus Industriebeständen sollen zudem 40 Marder-Schützenpanzer kommen.
Scholz hatte allerdings auch als Ziel ausgegeben, mit weiteren Verbündeten „rasch“ zwei Bataillone aufzustellen, wie die „SZ“ schreibt. Das wären laut der Zeitung insgesamt 62 Leopard-2-Panzer. Für das Bataillon, für das Deutschland die Federführung übernommen habe, habe bisher nur Portugal drei Leopard 2A6 zugesagt.

SPD-Experte: Nicht glücklich mit der Debatte
In der deutschen Regierung sei man verärgert, dass andere Staaten Lieferungen in Aussicht stellten und nun nicht mitziehen, so die „Süddeutsche Zeitung“ am Sonntag. Am Montag legte der SPD-Außenpolitikexperte Michael Roth nach und zeigte sich unzufrieden mit ausbleibenden Zusagen von Partnerländern Deutschlands zur Lieferung der Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine.
Biden überraschend zu Besuch in Ukraine
Ursprünglich ist eine Reise von US-Präsident Joe Biden nach Polen geplant gewesen. Am Montag kam Biden – aus Sicherheitsgründen unangekündigt – für mehrere Stunden erstmals seit Kriegsbeginn vor fast einem Jahr in die ukrainische Hauptstadt Kiew.
„Ich bin nicht glücklich mit der Debatte“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des deutschen Bundestags am Montag im ZDF-„Morgenmagazin“. Es sei festzustellen, dass „einige sich nach wie vor sehr schwertun“, obwohl es „noch vor Wochen klare Ankündigungen“ gegeben habe.

Spätestens seit September werde über eine europäische Allianz zur Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine gesprochen, fügte Roth hinzu. Er finde die Diskrepanz zwischen Ankündigungen und Beteiligungsbereitschaft „nicht hilfreich“. Die deutsche Regierung sollte das „hinter den Kulissen diskutieren“, damit noch möglichst viele Staaten die Ukraine unterstützten.
Auch Pistorius erhöht Druck
Kürzlich hatte der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) den Druck auf die deutschen Partnerländer in der Lieferfrage erhöht. Der Minister besuchte am Montag ukrainische Soldaten, die auf dem deutschen Truppenübungsplatz Munster in Niedersachsen am Leopard 2 und am Marder ausgebildet werden.

Schlecht zu sprechen ist man in Deutschland wegen der Panzerlieferungen etwa auf den Nachbarn Dänemark. Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen argumentierte laut „SZ“ mit der kritischen öffentlichen Meinung in ihrem Land. Auch Schweden und Finnland geben keine Signale für größere Lieferungen ab. Das Ziel waren 31 Stück des moderneren Typs 2A6 – 14 Stück fehlen noch, so die Rechnung der „SZ“.
Mangel an Ersatzteilen und Munition
Auch beim zweiten angekündigten Bataillon gibt es offenbar Probleme. Polen liefert vom älteren Modell, dem Leopard-2-Typ A4, 14 Stück, Norwegen acht, Spanien fünf, weitere Staaten könnten folgen, hieß es in der „SZ“ weiter. Bei diesem älteren Leopard-2-Typ mangle es allerdings an Ersatzteilen und Munition.
Polen habe zuvor gefordert, dass Deutschland die Instandhaltung und Nachschubversorgung garantieren sollte. Doch das Problem dabei: Die Bundeswehr nutze den Panzer seit rund zwei Jahrzehnten nicht mehr. Als Lösung wurde von Pistorius ein Gespräch mit der deutschen Rüstungsindustrie und hier speziell mit Rheinmetall vermittelt.

Diese könnte jetzt etwa in Polen die benötigten Teile produzieren, so die „SZ“ weiter. Die Industrie soll auch Leopard-1-Kampfpanzer instand setzen, so die Zeitung. Davon sollten dann über 100 Stück an die Ukraine geliefert werden, allein der Rüstungskonzern Rheinmetall habe 88 Stück auf Halde, so die „SZ“.
Werkstattzentrum soll in Polen entstehen
Als Teil der Militärhilfe für die Ukraine bereitet die polnische Regierung nun ein Werkstattzentrum („Hub“) für die Instandsetzung von Leopard-Kampfpanzern vor. Darüber habe er auch mit dem deutschen Kanzler Scholz gesprochen, schrieb Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, der an der Münchner Sicherheitskonferenz teilnahm, am Samstag auf Twitter.
„In Polen haben wir verschiedene Produktionskapazitäten für Munition unterschiedlicher Kaliber für unsere eigene Versorgung, aber auch die der Ukraine errichtet“, schrieb er weiter. Am Vortag hatte es auch Gespräche mit der deutschen Rüstungsindustrie gegeben.

Der Nachrichtenagentur PAP sagte Morawiecki, es gehe um Reparatur und Modernisierung von Leopard-Panzern, die demnächst an die Ukraine übergeben werden sollen. Nicht nur die Leopard-Panzer, „die wir in unserem Bestand haben, sondern auch die, die aus der Ukraine zurückkommen, die wollen wir reparieren, modernisieren können“, so Morawiecki. Auch dazu gab und gibt es Gespräche mit Rheinmetall. Wann das Zentrum startbereit sein soll, ist nicht klar.
Die Slowakei und das Zollproblem
Laut „SZ“ machte die deutsche Bundeswehr mit einem anderen Wartungszentrum in der Slowakei schlechte Erfahrungen. In dem Wartungszentrum in Michalovce nahe der ukrainischen Grenze würden sich wegen eines Zollstreits sei Jänner Raketenwerfer und Panzerhaubitzen, die dringend gewartet werden müssten, stauen.
Die Slowakei legt die europäischen Zollbestimmungen so aus, dass bei Einfuhr aus dem Nicht-EU-Staat Ukraine, einer Reparatur im EU-Land Slowakei und der Rückführung in die Ukraine Zoll zu zahlen sei, da durch die Reparatur und neue Teile eine Veredlung stattfinde, heißt es in der Zeitung als Erklärung.
Als erste Lösung wurden laut „SZ“ mehrere Raketenwerfer auf einen mehr als 2.500 Kilometer langen Umweg über Polen nach Deutschland geschickt. Dort würden sie repariert und zurück in die Ukraine transportiert. Doch es soll sich auch eine andere Lösung abzeichnen, ohne größere Zollzahlungen, hieß es ohne weitere Details.
Auch bei Munition wird es eng
Ein weiteres generelles Problem ist der Nachschub an Munition für die Ukraine, auch hier wird an Lösungen, etwa auch vonseiten der EU, gearbeitet. Es gibt den Vorstoß einer gemeinsamen Beschaffung von Munition für die Ukraine. Der estnische Ressortchef Urmas Reinsalu rief die Partner in Brüssel auf, sich der Beschaffungsinitiative seines Landes anzuschließen. Russland verschieße im Krieg gegen die Ukraine täglich so viel Munition, wie Europa sie innerhalb eines Monats produziere, betonte er. Das sei „völlig inakzeptabel“.