Manila
Reuters/Nicky Loh
Zwischen USA und China

Philippinen als Spielball der Großmächte

In dem schwelenden Gebietskonflikt im Südchinesischen Meer rücken nun auch die Philippinen als Spielball der Großmächte weiter in den Fokus. Der Inselstaat ist politisch zwischen China und den USA „eingezwängt“ – Fingerspitzengefühl ist daher gefragt. Der neue Präsident Ferdinand Marcos Jr. habe die Sicherheitspolitik im Auge und versuche eine Balance zwischen den Großmächten, so ein Experte. Als Gouverneur einer philippinischen Provinz sei er jedoch prochinesisch gewesen – wegen der Wirtschaft.

Laut Victor Andres Manhit, Politologe und Chef der Beratungsfirma Stratbase Group auf den Philippinen, stellt China eine Sicherheitsbedrohung für die Philippinen dar, wie er der englischsprachigen Website der Deutschen Welle (DW) sagte. Marcos akzeptiere eher, dass "wir in einer multipolaren Welt leben und dass er sich in dieser Welt mit Ländern austauschen muss, die den nationalen Interessen der Philippinen dienen können“, so Manhit weiter.

Die Philippinen sind zwar Washingtons ältester Vertragspartner in der Region. Zuletzt hatte sich aber das Verhältnis während der Amtszeit von Präsident Rodrigo Duterte erheblich abgekühlt. Nicht nur Dutertes blutiger Kampf gegen die Drogenkriminalität, sondern auch dessen enge Beziehungen zu China waren Washington ein Dorn im Auge.

Der philippinische Präsident Ferdinand Marcos Jr.
Reuters/Kimimasa Mayama
Der philippinische Präsident Ferdinand Marcos Jr.

Experte: Marcos „versucht, das Gleichgewicht zu halten“

Zeitweise hatte Duterte einen wichtigen Verteidigungspakt mit den USA aufgekündigt, diese Entscheidung aber später wieder zurückgenommen. Seit seiner Wahl im vergangenen Jahr versucht der neue Präsident Marcos Jr. die Beziehungen wieder zu verbessern. Doch auch er muss mit der Großmacht China vor seiner Haustüre umgehen.

Auch Aries Arugay, Leiter des Instituts für Politikwissenschaften an der University of the Philippines Diliman, sagte, Marcos stelle die philippinischen Sicherheitsinteressen in den Mittelpunkt der Außenpolitik. „Ich denke, er versucht vorerst, das Gleichgewicht zu halten, ich bin nicht ganz davon überzeugt, dass er sofort pro USA und gegen China sein wird“, so Arugay zur DW.

Der philippinische Ex-Präsident Rodrigo Duterte
Reuters/Lisa Marie David
Marcos’ Vorgänger Rodrigo Duterte

Auch Manhit glaubt, dass Marcos in Bezug auf geopolitische Beziehungen „schlau“ ist. „Er wird China gegenüber weiterhin offen sein, eher gegenüber der Wirtschaft“, so der Politologe. Die Philippinen seien nicht gegen China, chinesische Unternehmen seien hier. Er denke, Marcos sei ein kluger Politiker. Er habe gesehen, wie das funktioniere. „Marcos war pro China, als er Gouverneur der Provinz Ilocos Norte war, weil das wichtigste Herkunftsland der Touristen China war“, so Manhit weiter.

Chinas Anspruch nicht gedeckt

China beansprucht die gesamte strategisch wichtige Spratley-Inselgruppe für sich, während Brunei, Malaysia und die Philippinen jeweils einen Teil der Inseln für sich reklamieren. Auf vielen der ansonsten unbewohnten Inseln gibt es Militärgarnisonen.

Karte zeigt Gebietsansprüche im Südchinesischen Meer
Grafik: APA/ORF; Quelle: APA/BBC/Independent

Im gesamten Südchinesischen Meer beansprucht China 80 Prozent des rohstoffreichen Meeresgebietes mit wichtigen Schifffahrtsstraßen für sich. Der Internationale Schiedsgerichtshof in Den Haag wies 2016 die Ansprüche zurück. Peking ignoriert das Urteil. Das Gebiet ist auch eine Problemzone für die Beziehungen zwischen den USA und China.

„Aggressive Aktivitäten“ Chinas

Im Südchinesischen Meer kommt es wegen der Gebietskonflikte immer wieder zu Zwischenfällen – vermehrt auch zwischen China und den Philippinen. Die Philippinen wollen den „aggressiven Aktivitäten“ Chinas im Südchinesischen Meer entgegenwirken.

So flog kürzlich ein Flugzeug der philippinischen Küstenwache (PCG) über das Südchinesische Meer. Mit derartigen Flügen wollen die Philippinen ihre Präsenz in den Gewässern verstärken und die zu ihrem Herrschaftsbereich gehörenden Meeresgebiete militärisch schützen. Die PCG sagte, sie habe ein Schiff der chinesischen Küstenwache und Dutzende vermutlich chinesische Boote gesehen. Es handelte sich dabei um das Second Thomas Shoal und das Sabina Shoal. Die beiden Riffe befinden sich innerhalb der 200-Meilen-Grenze der ausschließlichen Wirtschaftszone der Philippinen.

Philippinisches Kriegsschiff
Reuters/Erik De Castro
Ein philippinisches Kriegsschiff

Ende Jänner veröffentlichte Daten des in Washington beheimateten Thinktanks Asia Maritime Transparency Initiative zeigten, dass die chinesische Küstenwache 2022 an 279 Tagen ihre Patrouillen in die Nähe des Second Thomas Shoal heranführte, wie das Asia News Network nun berichtete.

Philippinen: China griff mit militärischem Laser an

Mitte Februar warfen die Philippinen China vor, einen Angriff mit einem militärischen Laser auf eines ihrer Küstenschutzschiffe im Südchinesischen Meer verübt zu haben. Das Außenministerium legte offiziell Protest bei der chinesischen Botschaft in Manila ein. Die Aktionen der chinesischen Küstenwache stellten „eine Bedrohung für die philippinische Souveränität und Sicherheit als Staat“ dar, hieß es in der Beschwerde.

Durch den Laserstrahl seien einige Besatzungsmitglieder der „BRP Malapascua“ vorübergehend erblindet, hatte die Küstenwache mitgeteilt. Sie sprach von einer „eklatanten Missachtung der philippinischen Souveränitätsrechte“. Der Vorfall ereignete sich den Angaben zufolge bereits am 6. Februar nahe des Second Thomas Shoal. Das unter Wasser gelegene Riff gehört zu den Spratly-Inseln. Ein gestrandetes Transportschiff aus dem Zweiten Weltkrieg wird dort vom philippinischen Militär als Außenposten genutzt.

Diplomatische Verstimmung

Die „Malapascua“ hatte ein Schiff der philippinischen Marine eskortiert, das Lebensmittel, Vorräte und neues Personal zu dem Außenposten bringen sollte. Als Folge des Lasereinsatzes war das Schiff gezwungen, das Gebiet wieder zu verlassen. Die Sprecherin des philippinischen Außenministeriums, Teresita Daza, sagte, der Vorfall habe sich nur einen Monat nach dem Besuch von Marcos in Peking ereignet. Dabei hätten sich Marcos und der chinesische Präsident Xi Jinping darauf geeinigt, „maritime Differenzen durch Diplomatie und Dialog zu bewältigen, ohne auf Gewalt und Einschüchterung zurückzugreifen“.

Der philippinische Präsident Ferdinand Marcos Jr. und der chinesische Präsident Xi Jinping
AP/Xinhua/Yue Yuewei
Marcos bei einem Treffen mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping

Kooperation mit Australien soll verstärkt werden

Die Philippinen versuchen derzeit, nicht nur ihr Verhältnis mit Japan weiter auszubauen, auch mit Australien will man die Kooperation verstärken. Das Thema: Wie man China in der strategisch wichtigen Wasserstraße entgegenwirken kann.

Beim Treffen in der philippinischen Hauptstadt Manila zwischen dem australischen Verteidigungsminister Richard Marles und seinem philippinischen Amtskollegen Carlito Galvez wurde vereinbart, sich nun öfter treffen zu wollen und die Sicherheitsbeziehungen zu vertiefen. Die Rede war von gemeinsamen Patrouillen im Südchinesischen Meer. „Als Länder, die sich der globalen regelbasierten Ordnung verschrieben haben, sollten wir uns natürlich Gedanken darüber machen, wie wir in dieser Hinsicht kooperieren können“, so Marles.

Chinesisches Kriegsschiff
AP/Fareed Khan
Chinesisches Kriegsschiff bei einem Manöver

Mehr US-Stützpunkte auf den Philippinen

Die USA und die Philippinen wollten ihre gemeinsamen Patrouillenfahrten im Südchinesischen Meer ebenfalls wieder aufnehmen, wie es Anfang Februar hieß. Auch ein Manöver mit den USA soll im Frühjahr abgehalten werden. Die USA sicherten sich derweil Anfang Februar den Zugang zu vier weiteren Militärstützpunkten auf den Philippinen. Eine entsprechende Vereinbarung wurde bei einem Besuch von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin in dem Inselstaat getroffen. In einer gemeinsamen Erklärung teilten Manila und Washington mit, das „vertiefte Verteidigungsabkommen“ (EDCA) aus dem Jahr 2014 werde um vier neue Stützpunkte erweitert.

Bis jetzt hatten US-Streitkräfte durch das Abkommen Zugang zu fünf philippinischen Militärbasen, auf denen Truppen rotierend stationiert werden konnten. „Die Erweiterung des EDCA wird unser Bündnis stärker und widerstandsfähiger machen und die Modernisierung unserer kombinierten militärischen Fähigkeiten beschleunigen“, hieß es in der Mitteilung. Die neuen Standorte würden zudem im Falle von humanitären oder klimabedingten Katastrophen auf den Philippinen eine schnellere Unterstützung durch den Vertragspartner ermöglichen.

Peking: Gefahr für „Frieden und Stabilität“

Peking verurteilte die Ausweitung der US-Militärpräsenz auf den Philippinen umgehend als Gefahr für „Frieden und Stabilität“. Es handle sich um einen Akt, „der den regionalen Frieden und die Stabilität gefährdet“, sagte eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums. Die „egoistische Agenda“ der USA würde zu einer Eskalation der Spannungen führen. Andere Staaten in der Region sollten „wachsam bleiben“ und sich nicht ausnutzen lassen, hieß es.