Wohnhäuser in Aspern
ORF.at/Christian Öser
„Nicht mehr ewig Zeit“

Mietpreisbremse weiter heißes Debattenthema

Die AK und das gewerkschaftsnahe Momentum Institut pochen weiter auf eine Mietpreisbremse und verweisen auf EU-Länder, in denen es schon eine gibt. WIFO-Chef Gabriel Felbermayr appellierte am Donnerstag zur Zurückhaltung. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) will eingreifen: Er verwies darauf, dass die Zeit drängt.

„Wir kommen jetzt aus der heißen Phase der Preissteigerungen heraus, die Inflationsraten sollten sinken“, sagte Felbermayr bei einem digitalen Pressegespräch. Bei Löhnen sei dieser schon verdaut, auch bei Mieten werde man „kaum darum herumkommen und sagen können, diese dürfen nicht mit der Inflation steigen“.

Irgendwo müsse sich der Wohlstandsverlust, der in Österreich infolge der Coronavirus-Krise und des Ukraine-Krieges eingetreten ist, leider manifestieren. „Eine faire Verteilung der Lasten ist aber wichtig.“ Es wäre jedoch „nicht gescheit, die Mieten sofort auf eine Steigerung von zwei Prozent zu begrenzen. Es gibt auch eine Wohnraumknappheit.“ Gerade bei steigenden Zinsen gebe es weniger Neubau.

Felbermayr zu fairer Lösung „ratlos“

„Allgemein wäre es vernünftig gewesen, wenn man nicht den Verbraucherpreisindex zur Inflationsanpassung heranzieht, sondern den BIP-Deflator“, erläuterte der WIFO-Chef. Das ist ein Wert, der die Kostensteigerungen von im Inland hergestellten Gütern und Dienstleistungen misst und sich zuletzt auf 5,2 Prozent belief und nicht wie die Inflation im Vorjahr auf mehr als acht Prozent. „Wie man das aber umsetzt, da bin ich ratlos ehrlich gesagt“, räumte Felbermayr ein.

Vermieter seien aber eher wohlhabend als Mieter, sagte Felbermayr mit Blick auf die Verteilungsgerechtigkeit, während die real verfügbaren Einkommen für Konsum in Österreich derzeit und zumindest noch kommendes Jahr verglichen zu 2019 sinken.

WIFO-Direktor Gabriel Felbermayr
APA/Hans Klaus Techt
WIFO-Chef Felbermayr hält eine faire Verteilung für wichtig, eine Bremse bei zwei Prozent wäre „nicht gescheit“

Arbeiterkammer fordert Zweiprozentgrenze

Die Arbeiterkammer erneuerte am Donnerstag ihre Forderung nach einem Mietdeckel auf alle indexbasierten Mieten wie Kategorie-, Richtwert- und freie Mieten. „Wir wollen höchstens eine Mieterhöhung im Jahr – sie darf maximal zwei Prozent betragen“, so AK-Wohnrechtsexperte Walter Rosifka. Solange die Inflationsrate weiter deutlich über zwei Prozent liegt, empfiehlt das Momentum Institut eine Mietpreisbremse für alle Mietwohnungen.

Rosifka argumentierte indes am Donnerstag einmal mehr, dass der Beitrag des Bereichs Wohnen zur gesamten Teuerung in Ländern mit Preisbremse deutlich geringer ausfalle als in Österreich. Hierzulande gingen 1,5 Prozentpunkte der Inflationsrate auf den Bereich Wohnen zurück, mit stark steigender Tendenz, so das Momentum Institut am Donnerstag laut einer Aussendung. Im Jänner 2022 sei der Wert mit 0,5 noch um einen Prozentpunkt tiefer gelegen.

Spanien und Portugal als Vorbild?

In Spanien dürfen Mietpreise um maximal zwei Prozent steigen, in Portugal gibt es attraktive steuerliche Vorteile für Vermieter, die sich bei den Erhöhungen an diese Grenze halten. Der Beitrag des Bereichs Wohnen an der Inflationsrate habe sich dadurch im Dezember 2022 auf 0,2 Prozentpunkte belaufen, erhob das Momentum Institut. In Frankreich liegt die Bremse bei 3,5 Prozent, verzeichne aber ebenfalls einen Beitrag von 0,2 Prozentpunkten bei der Inflation. In Dänemark fällt der Wohnbeitrag an der Inflation mit 0,4 Prozentpunkten etwas höher aus, liege aber immer noch um 1,1 Prozentpunkte unter dem österreichischen Beitrag zur allgemeinen Teuerung.

„Österreich befindet sich in einer Mietpreisspirale.“ Vermieterinnen und Vermieter erhöhten „aufgrund der Inflation die Mieten, heizen damit aber die Teuerung erneut an. Das ist dann die Grundlage für die nächste Mieterhöhung. Andere Länder haben diesen Kreislauf mit einer Mietpreisbremse durchschlagen“, sagte Alexander Huber, Inflationsexperte des Momentum Instituts.

Kogler: „Wichtig und richtig, dämpfend einzugreifen“

Angesprochen auf die Rufe nach einer Mietpreisbremse möglichst vor April erinnerte Vizekanzler Kogler in einer Pressekonferenz am Donnerstag erneut an die aktuell laufenden Gespräche auf parlamentarischer Ebene. „Es ist nicht mehr ewig Zeit“, räumte er ein, er könne sich aber nicht auf einen Tag festlegen, wann die Bremse tatsächlich kommen könnte.

Er selbst finde es „wichtig und richtig, dämpfend einzugreifen“, und zwar, um den Menschen zu helfen, aber auch wegen der gesamtwirtschaftlichen Effekte, was die Preisspirale betreffe. Doch auch den Immobilieneigentümern gab er eine Botschaft mit, nämlich: „Fürchtet euch nicht!“ Für diese werde es für die Zukunft natürlich Investitionsanreize geben müssen, auch wenn sie derzeit nicht so rasant von Kostensteigerungen betroffen seien wie die Mieter.

Immobilienwirtschaft gegen Mietpreisbremse

Michael Pisecky, Obmann der Fachgruppe Immobilien- und Wirtschaftstreuhänder Wien, wandte sich gegen Mietpreisbremsen. Aus seiner Sicht greife die aktuelle politische Diskussion zu kurz, indem sie sich einseitig auf eine vermeintliche Mietpreisbremse konzentriere.

„Leistbares Wohnen braucht intelligente, ganzheitliche Lösungen, wozu auch verstärkte Treffsicherheit im sozialen Wohnbau gehört“, so Pisecky, der die Bestrebungen kritisierte, Genossenschaftswohnungen, die eigentlich für sozial Bedürftige gedacht sind, in gewinnbringende Anlegerwohnungen für Investoren umzuwandeln. Die Aushöhlung des sozialen Wohnbaus sei ein wahrer Wohnkostentreiber.