NDR veröffentlicht gefälschte Hitler-Tagebücher

40 Jahre nach dem Skandal um die gefälschten Hitler-Tagebücher hat der Norddeutsche Rundfunk (NDR) die kompletten 60 Bände der Fälschung in einer kritischen Ausgabe online veröffentlicht. Die Tagebücher sind seit gestern Abend auf der NDR-Website zugänglich.

Zusätzlich zum Text gebe es einen wissenschaftlichen Kommentar des Berliner Historikers Hajo Funke, teilte der NDR gestern in Hamburg mit. Erstmals werde dadurch in vollem Umfang die Absicht der Fälschung deutlich, die NS-Geschichte neu zu deuten und zu verharmlosen.

Einer der größten deutschen Presseskandale

Der „stern“ hatte im April 1983 die angeblichen Tagebücher Adolf Hitlers als vermeintliche Sensation veröffentlicht. Wenige Tage später stellten sie sich als Fälschung heraus. Es war einer der größten deutschen Presseskandale.

Angefertigt hatte die Bücher der Kunstfälscher Konrad Kujau, der laut NDR-Recherchen tiefer in ein neonazistisches Umfeld verstrickt gewesen sein soll, als das bisher bekannt war. Ein „stern“-Reporter kaufte die Aufzeichnungen im Auftrag seines Verlags auf. Sie sollten nach und nach veröffentlicht werden.

Tagebücher „Ausdruck von Holocaust-Leugnung“

„Diese Tagebücher sind Ausdruck von Holocaust-Leugnung“, erklärte Funke nun. „Sie wollten Hitler von den schlimmsten Verbrechen der Nazis freisprechen.“ Die zentrale Erzählung der gefälschten Tagebücher sei, dass Hitler angeblich nichts vom Holocaust wusste.

Die Historikerin Heike Görtemaker sagte, der „fiktive Hitler“ der Tagebücher habe mit den „nationalsozialistischen Gewaltverbrechen“ nichts zu tun gehabt. „Kujau erfindet hier eine positive Hitler-Figur.“ An zahlreichen Stellen erzähle die Fälschung, wie sich ein vermeintlicher Hitler um eine wohlwollende Lösung für die Juden einsetze.

Nach NDR-Angaben liegen die Originalbände der gefälschten Tagebücher gesperrt in einem Safe des Hamburger Verlags Gruner + Jahr. Dem NDR-Projekt liegen Kopien der Tagebücher zugrunde. Eine 2013 vom „stern“ zugesagte Freigabe der Originale an das Bundesarchiv sei bis heute nicht erfolgt.