Rishi Sunak und Ursula Von der Leyen
Reuters/Steve Reigate
Vor Brexit-Einigung?

Von der Leyen reist zu Sunak

Kurz vor einer erwarteten Einigung im langen Streit über Brexit-Regeln für Nordirland ist ein Treffen des britischen Premierministers Rishi Sunak mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen angekündigt worden. Die beiden würden am Montag in Großbritannien zusammenkommen, teilten die EU-Kommission und Sunaks Amtssitz Downing Street Sonntagabend gemeinsam mit.

Die beiden hätten beschlossen, persönlich weiter an praktischen Lösungen für das Nordirland-Protokoll zu arbeiten. Das Nordirland-Protokoll ist Teil des Brexit-Vertrags. Es wurde vom damaligen Premier Boris Johnson gegen den Willen der nordirischen protestantisch-unionistischen Partei DUP ausgehandelt und ermöglichte einen geregelten EU-Austritt. In der kurz darauf anberaumten Parlamentswahl gewann Johnson eine satte Mehrheit.

Das Protokoll sieht vor, dass die Zollgrenze zwischen Großbritannien und der EU in der Irischen See verläuft. Damit sollte verhindert werden, dass Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Republik Irland eingeführt werden müssen. Sonst wurde mit einem Wiederaufflammen des Konflikts um eine Vereinigung der beiden Teile Irlands gerechnet.

Doch die Kontrollen sorgen auch für Schwierigkeiten im innerbritischen Handel, und die protestantischen Anhängerinnen und Anhänger der Union in Nordirland fühlen sich von Großbritannien abgeschnitten. Die mehrheitlich protestantischen Unionisten in Nordirland sehen deshalb eine Gefahr für die langfristige Bindung zum Königreich.

Die britische Regierung wollte bisher nicht sagen, ob es das Parlament in London über den offenbar bevorstehenden Deal abstimmen lassen wird, sondern betonte lediglich, die Abgeordneten würden ihre Meinung ausdrücken können. Die Abgeordneten von Torys und Labour wurden von ihren Klubchefs aber bereits angewiesen, am Montag ins Parlament zu kommen.

Sunak braucht Zustimmung von DUP

Entscheidend für den Erfolg einer Einigung ist daher, ob Sunak es schaffen wird, die DUP hinter sich zu bringen. Diese blockiert aus Protest gegen das Protokoll seit Monaten eine Regierungsbildung in dem britischen Landesteil. In mehreren Gastbeiträgen und Interviews stimmte Sunak seine Partei, seine Kritiker und das britische Volk bereits auf eine Einigung ein.

Die „Times“ zitierte ein namentlich nicht genanntes Mitglied der britischen Regierung mit den Worten: „Minister werden zurücktreten. Ich könnte mir selbst nicht in die Augen sehen und für etwas stimmen, das die Souveränität Nordirlands untergräbt.“

Der irische Premier Leo Varadkar sagte laut BBC, er sei am Sonntag mit von der Leyen in Kontakt gewesen. Er begrüße das Treffen mit Sunak „sehr“. DUP-Chef Jeffrey Donaldson hatte seinerseits stets betont, die richtige Lösung sei wichtiger als eine rasche. Ein „falscher Deal“ würde die Spannungen vertiefen, warnte er.

Medien: Johnson droht mit Aufstand

Zuletzt hatte der britische Ex-Premier Boris Johnson seinen Nachnachfolger Sunak unter Druck gesetzt. Johnson drohe mit einer Rebellion in der Konservativen Partei, berichteten die BBC und andere Medien vor einer Woche. Hintergrund: Sunak würde bei einer Vereinbarung mit Brüssel einen Gesetzesentwurf aufgeben, mit dem London die bestehende Nordirland-Abmachung eigenmächtig aufkündigen könnte.

Aus Sicht von Johnson und anderer konservativer Abgeordneter ist das geplante Gesetz jedoch ein Druckmittel bei künftigen Streitfällen mit der EU. Der vergangenes Jahr zurückgetretene Ex-Premierminister hielte es für „einen großen Fehler“, das Gesetz aufzugeben, wurde einer seiner Vertrauten zitiert. Johnson hatte das Nordirland-Protokoll zwar selbst unterschrieben. Längst aber fordert er eine Überarbeitung.