Elly Schlein
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Überraschung bei Wahl

Schlein neue Chefin von Italiens PD

Elly Schlein wird neue Parteichefin der italienischen sozialdemokratischen Partito Democratico (PD). Sie setzte sich am Sonntag bei der parteiinternen Wahl gegen Stefano Bonaccini, Präsident der norditalienischen Region Emilia-Romagna, durch. Schlein wurde im Vorfeld als Geheimfavoritin gehandelt. Dass die Linkspolitikerin aber tatsächlich das Rennen machte, kam überraschend.

An der Wahl nahm insgesamt eine Million Menschen teil. 54 Prozent der Stimmen entfielen auf die in der Schweiz geborene Schlein. Die 37-Jährige hatte im Wahlkampf versprochen, die Partei tiefgreifend zu erneuern. Nach eigenen Aussagen will sie sich mit einer klaren linken Politik gegen die Rechtsregierung der seit Oktober amtierenden Premierministerin Giorgia Meloni behaupten und sich als „Anti-Meloni“ profilieren.

Zum ersten Mal in der Geschichte Italiens stehen zwei Frauen an der Spitze der beiden größten Parteien des Landes. Die in Lugano geborene Schlein arbeitete 2008 und 2012 im Wahlkampfteam des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama und wurde in italienischen Medien wegen ihres steilen Aufstiegs und ihres politischen Engagements mit der linken demokratischen US-Politikerin Alexandria Ocasio-Cortez verglichen.

„Klares Mandat für echten Wandel in Partei“

Im Wahlkampf sagte Schlein, sie wolle ihre zersplitterte PD vereinen und sich für den Übergang zu einer grünen Wirtschaft, für mehr Fairness auf dem Arbeitsmarkt und mehr Wohlstand einsetzen. Schlein forderte zudem verstärkte Klimaschutzmaßnahmen; in der Asylpolitik sprach sie sich für mehr Solidarität mit Geflüchteten aus. Weiters auf ihrer Forderungsliste stehen die Einführung eines Mindestlohns und einer Steuer auf Vermögen.

Elly Schlein
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Schlein kündigte an, den „Kampf gegen jede Art von Ungleichheit“ ins Zentrum stellen zu wollen

„Das sozialdemokratische Volk ist lebendig und bereit, sich zu erheben. Ich habe ein klares Mandat für einen echten Wandel in der Partei erhalten“, sagte Schlein in der Nacht auf Montag nach ihrem Wahlsieg. „Wir werden den Kampf gegen jede Art von Ungleichheit in den Mittelpunkt stellen“, fügte sie hinzu.

Stärkste Oppositionspartei Italiens

Die DP ist Italiens stärkste Oppositionspartei. Sie hatte bei der vergangenen Parlamentswahl rund 20 Prozent der Stimmen erhalten und war auf Platz zwei hinter Melonis postfaschistischer Gruppierung Fratelli d’Italia (FdI, Brüder Italiens) gelandet. Laut Umfragen verlor sie zuletzt auch im Zuge des EU-Korruptionsskandals, in den einige italienische Linkspolitiker verwickelt sind, an Zustimmung.

Die Wahlbeteiligung an der parteiinternen Wahl war rege. Gewählt wurde die Nachfolgerin des bisherigen PD-Chefs und früheren Ministerpräsidenten Enrico Letta, der nach der Niederlage seiner Partei bei der Parlamentswahl im vorigen September seinen Rücktritt angekündigt hatte. Wahlberechtigt waren alle Italienerinnen und Italiener unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gegen eine Gebühr von zwei Euro.

Um die Wende nach der Niederlage bei der Parlamentswahl zu betonen, wird in der PD unterdessen über einen Namenswechsel diskutiert. Ex-Arbeitsminister Andrea Orlando meinte, die PD solle sich künftig „Partei der Arbeit“ nennen. Damit solle sich die Gruppierung verstärkt auf die ursprünglichen Werte der Partei, die Förderung der Arbeiterklasse, fokussieren.

Antisemitische Anfeindungen

Im Vorfeld der Wahl hatte Schlein eine antisemitische Kampagne gegen sich beklagt. Seitdem sie ihre Kandidatur bekanntgegeben habe, werde sie in sozialen Netzwerken ständig wegen der jüdischen Herkunft ihres Vaters und ihrer Nase attackiert, so Schlein.

Elly Schlein wird neue Chefin von Italiens PD

Elly Schlein wird neue Parteichefin der italienischen sozialdemokratischen Partito Democratico (PD). Sie setzte sich bei der parteiinternen Wahl gegen Stefano Bonaccini, Präsident der norditalienischen Region Emilia-Romagna, durch.

„So stolz ich auch über die jüdische Seite meiner Familie väterlicherseits bin, so bin ich doch keine Jüdin, weil meine Mutter keine Jüdin ist. Aber das Verrückteste ist die Debatte über meine Nase“, sagte sie in einem Interview.

Schlein bestritt, dass ihre Kandidatur vom US-Investor und Philanthropen jüdischer Herkunft George Soros unterstützt werde. Sie dementierte auch, aus einer reichen jüdischen Familie zu stammen, wie man ihr unterstelle. „Meine Familie ist eine ganz normale Mittelklassefamilie“, betonte die Politikerin.