Zerstörtes Haus in Bachmut
AP/Evgeniy Maloletka
Bachmut

Kiew befürchtet „völlige Zerstörung“

In der Schlacht um Bachmut wird die Lage für die ukrainischen Verteidiger nach Worten von Präsident Wolodymyr Selenskyj immer schwieriger. Auch Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar sprach am Montagabend davon, dass Russland in Bachmut eine „Taktik der Zermürbung und der völligen Zerstörung“ der ukrainischen Truppen verfolge. Die Ukrainer müssten sich eines zahlenmäßig überlegenen Feindes erwehren.

„In Richtung Bachmut wird die Situation immer komplizierter“, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Er verknüpfte damit die Bitte um mehr Waffenlieferungen, auch um eine bessere Flugabwehr einschließlich Kampfflugzeugen. „Der Feind zerstört ständig alles, was zur Verteidigung unserer Stellungen, zu ihrer Befestigung und Verteidigung dienen kann“, sagte Selenskyj über die Kämpfe in Bachmut. Er nannte die ukrainischen Soldaten, die die Stadt im Donbas seit einem halben Jahr verteidigen, „wahre Helden“.

In Bachmut leben heute nur noch wenige Tausend Menschen. Die ukrainische Armee verteidigt die Stadt in einer Abnutzungsschlacht, um möglichst viele russische Truppen zu binden und ihnen Verluste zuzufügen. Allerdings greifen die Russen nicht nur von Osten an. Sie haben sich auch im Norden und Süden der Stadt vorgearbeitet, sodass es für die Ukrainer nur noch eine freie Straße für einen möglichen Rückzug gibt.

Blick auf die Stadt Bachmut
Reuters/Alex Babenko
Ein Blick aus der Entfernung auf Bachmut am 21. Februar

Auch der Befehlshaber der ukrainischen Landstreitkräfte, Olexandr Syrskyj, bezeichnete die Situation um Bachmut als „äußerst angespannt“. „Ungeachtet spürbarer Verluste wirft der Feind die am besten vorbereiteten Einheiten der Wagner-Söldner in den Angriff“, sagte der Generaloberst am Dienstag nach Angaben der Armee.

Verstärkte Offensive im Raum Donezk

Russland setzt in Bachmut neben regulären Soldaten eben vor allem die Söldnertruppe Wagner ein und setzt darauf, die Ukrainer zu zermürben. „Die feindliche Armee erhöht die Intensität ihrer Angriffsaktivitäten“, schrieb Vizeministerin Maljar auf Telegram. Trotz schwerer Verluste seien die Feinde in der Überzahl. Die Angaben sind nicht unabhängig zu überprüfen.

Der ukrainische Generalstab bestätigte verstärkte russische Angriffe auf die Frontstädte im Donbas. Im Lagebericht des Generalstabs vom Montagabend wurden neben Bachmut auch Angriffe auf Kupjansk, Liman, Awdijiwka und Wuhledar im Osten des Landes genannt. Die Attacken bei Awdijiwka, das nahe Donezk liegt, und bei Wuhledar seien abgewehrt worden. Zuvor hatte das russische Verteidigungsministerium von einer Verstärkung der Offensive im Raum Donezk mit Artillerie und Luftangriffen berichtet.

Russische Angriffe auf Bachmut

Im Ukraine-Krieg meldet Kiew verstärkte russische Angriffe auf die Frontstädte im Osten des Landes. Vor allem in Bachmut, das seit einem halben Jahr umkämpft ist, werde die Lage immer schwieriger.

Berichte über angebliche ukrainische Drohnenangriffe

Unterdessen gab es am Dienstag auch Berichte über angebliche ukrainische Drohnenangriffe auf das südrussische Gebiet Krasnodar. Auf dem Gelände einer Ölraffinerie in der südrussischen Stadt Tuapse brach nach Angaben der örtlichen Behörden ein Brand aus. Das Feuer habe sich in der Nacht auf Dienstag zwischenzeitlich auf 200 Quadratmeter ausgebreitet und sei mittlerweile gelöscht, teilte die Verwaltung von Tuapse im sozialen Netzwerk Vkontakte mit. Auf Videos waren Rauchsäulen am Himmel zu sehen. Bewohner berichteten von Explosionen. Gründe für den Brand wurden offiziell nicht genannt.

Auf mehreren Telegram-Kanälen war jedoch die Rede von angeblichen Drohnenangriffen auf die Anlage im Gebiet Krasnodar, das recht nah an der Ukraine sowie an der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim liegt. Auch die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti meldete unter Berufung auf Rettungsdienste, dass in der Nähe der Raffinerie eine Drohne gesichtet worden sei. Im Zuge des russischen Krieges gegen die Ukraine gibt es immer wieder Berichte über Gegenangriffe.

Yellen überraschend in Kiew

US-Finanzministerin Janet Yellen reiste unterdessen am Montag überraschend in die ukrainische Hauptstadt Kiew. Sie kündigte bei einem Treffen mit Selenskyj die Überweisung der ersten 1,25 Mrd. Dollar Hilfsgelder aus dem jüngst beschlossenen 9,9 Mrd. Dollar enthaltenden Topf an. Der saudi-arabische Außenminister Prinz Faisal bin Farhan Al Saud war bereits am Sonntag in Kiew, wie am Montag bekanntwurde.

Wolodymyr Selenskiy und Janet Yellen
Reuters/Ukrainian Presidential Service
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mit US-Finanzministerin Janet Yellen

Die USA würden dem Land so lange wie nötig zur Seite stehen, sagte Yellen und äußerte sich damit ähnlich wie US-Präsident Joe Biden, der in der vergangenen Woche ebenfalls unangekündigt in der Ukraine gewesen war.

Auch saudi-arabischer Außenminister traf Selenskyj

Der saudi-arabische Außenminister war am Sonntag mit einer hochrangigen Delegation in Kiew und hatte dort Präsident Selenskyj getroffen. Das berichtete der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, am Montag (Ortszeit) in Washington. Während des Besuchs hätten die Saudis die Lieferung von Hilfsgütern im Wert von 400 Millionen US-Dollar versprochen, darunter Generatoren und Energie.

„Die saudische Initiative ist ein positiver Schritt aus der Region des Nahen Ostens, und wir hoffen, dass unsere Partner dort in den kommenden Monaten noch mehr tun werden“, sagte Kirby weiter. Es sei der erste Ministerbesuch eines arabischen Landes in der Ukraine seit Beginn des Krieges vor gut einem Jahr gewesen.