IStGH soll Hinweise auf Verbrechen Ankaras prüfen

Menschenrechtsanwälte haben den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag aufgefordert, Hinweise auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit der türkischen Regierung gegen Oppositionelle auf der ganzen Welt zu prüfen. Die dem Gericht vorgelegte Anklageschrift beinhaltet Vorwürfe der Folter, des Verschwindenlassens sowie der unrechtmäßigen Inhaftierung und Verfolgung von etwa 200.000 Gegnern des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.

Belgiens ehemaliger Vizeregierungschef Johan Vande Lanotte, der an der Eingabe beteiligt war, zeigte sich heute zuversichtlich, dass das Gericht das Dossier annehmen werde. Wichtige Mitglieder der türkischen Regierung „können nicht bestreiten, dass sie verantwortlich sind, weil sie ihre Verantwortung stolz verkündet haben“, sagte Lanotte.

Klage wegen Erdbebens verschoben

Die Klageschrift wurde bereits im Februar eingereicht. Wegen des verheerenden Erdbebens in der Türkei wurde die Bekanntgabe jedoch verschoben. Die Türkei ist zwar kein Vertragsstaat des IStGH, doch nach Angaben der Anwälte könnte gegen türkische Offizielle wegen mutmaßlicher Verbrechen an 1.300 Opfern in 45 Mitgliedsstaaten ermittelt werden.

IStGH-Chefankläger Karim Khan muss nun entscheiden, ob das Gericht Ermittlungen aufnimmt. Die Einreichung wurde von einer belgischen Anwaltsfirma unterschrieben, die eine Reihe von Opfern vertritt, vom 2021 in Genf gegründeten Türkei Tribunal sowie von einer europäischen Gruppe von Richtern und Staatsanwälten.

Die 1.300 darin aufgeführten Fälle beziehen sich alle auf Menschen, welche die türkische Regierung mit dem im US-Exil lebenden islamischen Prediger Fethullah Gülen in Verbindung bringt. Ankara sieht in ihm den Drahtzieher eines gescheiterten Putsches gegen Erdogan im Jahr 2016.