Fotografin Margherita Spiluttini
picturedesk.com/Die Presse/Clemens Fabry
1947–2023

Architekturfotografin Spiluttini ist tot

Wenn es eine Frau gegeben hat, die Österreich das Sehen und damit Erleben von Gebautem vermitteln konnte, dann war das Margherita Spiluttini. Die große europäische Architekturfotografin ist am Freitag im Alter von 76 Jahren gestorben. Sie hinterlässt ein Archiv von über 120.000 Diapositiven.

„Architektur ist immer etwas von Menschen Gemachtes und damit auch über Menschen Aussagekräftiges.“ Mit diesem Satz der in Schwarzach im Pongau geborenen Spiluttini ist nicht nur der Zugang zu einem fotografischen Werk – sondern auch zu einem Menschen umrissen. Über Umwege ist die im Bereich der Nuklearmedizin Ausgebildete zur Architekturfotografie gekommen. Und letztlich kam sie als begeisterte Autodidaktin zum Fotografieren. Ihre Herkunft aus einer Baumeisterfamilie hatte sie vielleicht dann doch auch erblich vorbelastet, Gebautes genauer unter die Lupe zu nehmen.

„Die österreichische Autodidaktin hat dazu beigetragen, dass Architekturfotografie heute als künstlerisches Medium anerkannt ist“, schreibt Wojciech Czaja in seiner Würdigung im „Standard“. Eine klare, unverkennbare Formensprache ist das Merkmal ihrer Arbeit. Nicht zuletzt ist es auch die Art, wie sie Innenräume in ihren Fotos zur Geltung bringen konnte, die ihr Werk stets wiedererkennbar machten. Im Wiener Architekturzentrum ist das Margherita Spillutini Fotoarchiv zugänglich und liefert einen Einblick in ihr Schaffen.

Fotostrecke mit 4 Bildern

Lichtinstallation an der Fassade des MAK
Margherita Spiluttini/MAK
Spiluttini sieht das MAK samt Lichtinstallation von James Turrell 2004
Neue Kunsthalle Krems, Außenansicht
Margherita Spiluttini
Neue Kunsthalle Krems, Außenansicht
Neues Museum Nürnberg, Außenansicht
Volker Staabs Architektur gesehen von Margherita Spiluttini in Nürnberg
Österreich-Pavillion vom Architektenduo Wolf .D.Prix und Helmut Swiczinsky auf der Architektur Biennale Venedig, 1996
Margherita Spiluttini
Österreich-Pavillon des Architektenduos Wolf D. Prix und Helmut Swiczinsky auf der Architektur Biennale Venedig, 1996

Spiluttini war zunächst mit dem ebenfalls in Schwarzach geborenen Architekten und Designer Adolf Krischanitz verheiratet, verwendete ab den 1990er Jahren aber wieder ihren Mädchennamen. Den letzten Abschnitt ihres Lebens verbrachte sie mit ihrem Partner, dem ebenfalls kürzlich verstorbenen Architekten Gunther Wawrik. Seit 2014 war die Fotografin durch ihre MS-Erkrankung an den Rollstuhl gebunden und für ihre Arbeit stark eingeschränkt.

Eine Hassliebe und eine Berufung

Eigentlich sei es eine Art Hassliebe gewesen, die sie zur Architektur gebracht habe, hatte Spiluttini dem „Standard“ erzählt. Man darf sich ja erinnern, dass sich der Ort Schwarzach eigentlich der Geschichte des Eisenbahnbaus durchs Gebirge verdankt – und die Firma Spiluttini ein Name war, der mit dem Ausbau dieser Infrastruktur verbunden gewesen ist. Diese gebauten Eingriffe in der engen Natur des Salzachtals haben Spiluttinis Umweg zur Architekturfotografie begründet.

Eingestiegen ist sie in ein verkrustetes Metier, in dem es zwar von großen Bauwerken Magnum-Fotografien gab – aber nichts, was eigentlich die Breite des Neugebauten auch in Szene zu setzen wusste. Jedes Bauwerk sollte bei ihr von sich erzählen – und natürlich vom Menschen oder den Menschen dahinter sowie dem Umfeld der Architektur.

Architekturfotografin Margherita Spiluttini
APA/Georg Hochmuth
Margherita Spiluttini wurde für ihre Arbeit mit vielen Würdigungen ausgezeichnet

Spiluttini fotografierte für renommierte Architekten und Künstler wie Adolf Krischanitz, mit dem sie verheiratet war, Friedensreich Hundertwasser, Friedrich Achleitner, Hermann Czech, David Chipperfield und Olafur Eliasson.

Die letzten 22 Jahre hatte Spiluttini mit Wawrik als Lebenspartner an ihrer Seite verbracht. Wawrik, der selbst vor zwei Monaten verstorben ist, galt als der Lebensmensch an ihrer Seite.

Sie war eine der besten Fotokünstlerinnen und -künstler für Architektur in Europa, war jahrelang Mitglied im Vorstand der Wiener Secession und wurde mit zahlreichen Preisen – etwa 2016 mit dem Österreichischen Staatspreis für künstlerische Fotografie – ausgezeichnet.