Estland: Regierende Reformpartei gewinnt Parlamentswahl

Die Reformpartei von Ministerpräsidentin Kaja Kallas hat die Parlamentswahl in Estland gewonnen. Nach vollständiger Auszählung der Stimmen kam die moderat konservative Reformpartei auf 31,6 Prozent, wie aus den in der Nacht auf heute veröffentlichten Ergebnissen hervorging. Die Regierungspartei sicherte sich somit 37 der 101 Sitze im Parlament. An zweiter Stelle lag die Rechtsaußen-Partei EKRE mit 16 Prozent vor der linksgerichteten Zentrumspartei mit 14,7 Prozent.

Die größten Gewinne verzeichnete die liberale Partei Estland 200, die mit 13,5 Prozent erstmals in das Parlament in Tallinn einzieht. Auf den weiteren Plätzen folgen Kallas’ zwei kleinere Koalitionspartner: Die Sozialdemokraten (9,4 Prozent) und die konservative Partei Isamaa (8,3 Prozent). Mit der Auswertung der restlichen Stimmen dürften sich die Kräfteverhältnisse nur noch leicht verschieben.

Wahlbeteiligung bei 63,7 Prozent

Gut 965.000 Wahlberechtigte des 1,3 Millionen zählenden baltischen EU- und NATO-Lands entschieden über die 101 Sitze im Einkammerparlament in Tallinn. Nach Angaben der Wahlkommission lag die Beteiligung bei 63,7 Prozent. Gut 47 Prozent der Wählerinnen und Wähler gaben ihre Stimmen per Briefwahl bzw. online ab.

Zur Wahl in der an Russland grenzenden Ostsee-Republik traten neun Parteien an. Kallas’ Reformpartei hatte schon anhand der Umfragen vor der Wahl als Favoritin gegolten. Die Rechtsaußen-Partei EKRE dürfte voraussichtlich die zweitstärkste Kraft bleiben.

Schwierige Regierungsbildung erwartet

Kallas führt gegenwärtig eine Dreierkoalition mit den Sozialdemokraten und der konservativen Partei Isamaa an. Ob dieses Bündnis sich trotz hoher Zustimmungswerte für Kallas an der Macht halten kann, ist aber unklar. Meinungsforscher und Fachleute erwarteten schon vor der Abstimmung eine schwierige Regierungsbildung.

Eines der beherrschenden Themen des Wahlkampfs war Russlands Krieg gegen die Ukraine, der in Estland als direkte Gefahr für die nationale Sicherheit gesehen wird. Der baltische Staat teilt eine fast 300 Kilometer lange Grenze mit Russland. Neu aufgeworfen wurden durch den Krieg auch heikle Fragen im Umgang mit der eigenen Gesellschaft. Etwa ein Viertel der rund 1,2 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner Estlands sind russischstämmig.