Bundesgeschäftsstelle SPÖ
ORF.at/Sonja Ryzienski
Nach Kärnten

„Interne Diskussionen“ bei SPÖ

Nach Niederösterreich hat die Landtagswahl in Kärnten der SPÖ die zweite Niederlage in Serie gebracht. Wenig überraschend folgt nun das nächste Kapitel der Führungsdebatte in der Sozialdemokratie. Eine rasche Lösung zeichnet sich freilich nicht ab – vielmehr verweist etwa Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil am Tag nach der Wahl auf „interne Diskussionen“.

Er verstehe die Fragen nach Ursachen und Konsequenzen, jedoch führe man die Diskussionen darüber nicht in der Öffentlichkeit, so Doskozil. Die SPÖ bleibt in Kärnten zwar weiter stimmenstärkste Partei – das Minus von rund neun Prozent kommt dennoch einem Absturz gleich. Nach den Worten von Doskozil seien die Verluste „natürlich nicht angenehm“, und obwohl das Ergebnis bitter sei, gratuliere er dem Kärntner Landeshauptmann und Parteikollegen Peter Kaiser, wie Doskozil am Montag bei einer Pressekonferenz sagte – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Die zurückhaltend anmutende Reaktion lässt wenig auf die zuletzt kolportierte Führungsdebatte schließen. Aus Beobachtersicht bleibt es wohl zumindest bis zum 23. April und somit zur Salzburg-Wahl abzuwarten, wie es bei der SPÖ weitergeht. In der Bundespartei stehen unmittelbar nach der Kärnten-Wahl jedenfalls keine Sitzungen von Präsidium und Vorstand an. Doch auch, wenn es nach Kärnten nun „weder Spannung noch Entspannung gibt“ (Zitat „Wiener Zeitung“), gehen die Wogen teils dennoch hoch.

Hans Bürger (ORF) zur SPÖ-Führungsdebatte

Seit Monaten schwelt in der SPÖ eine Personaldebatte um Bundespartei-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Nach den Ergebnissen der Landtagswahlen wird der Druck auf sie nun größer. Hans Bürger (ORF) analysiert.

SJ will Antwort auf Führungsfrage

Schon jetzt genug hat die Sozialistische Jugend (SJ). Deren Vorsitzender Paul Stich verlangte am Montag, den für 2024 geplanten Parteitag auf heuer vorzuziehen. Die Führungsfrage gehöre geklärt, aus seiner Sicht am besten mittels einer Mitgliederbefragung. Diese könnte der Vorstand ansetzen. Alternativ könnten sie fünf Prozent aller SPÖ-Mitglieder verlangen, wobei aus wenigstens drei Landesorganisationen jeweils zumindest 25 Prozent der Mitglieder vertreten sein müssen.

Nicht ganz so eilig haben es andere in der Partei. Der oberösterreichische Vorsitzende Michael Lindner will erst nach der Salzburg-Wahl eine Diskussion starten, dann aber zügig. Außer Pamela Rendi-Wagner habe sich noch niemand für die Spitzenkandidatur gemeldet, sagte er zur APA. Daher stehe er hinter ihr. Wenn sich jemand anderer aus der Deckung wage, müsse man das neu bewerten. Wie sein Landesgeschäftsführer Florian Koppler kann sich auch Lindner – selbst auf diese Weise gewählt – eine Urabstimmung vorstellen. Noch wichtiger wäre für ihn aber, sich zu überlegen, wie man sich „inhaltlich, strategisch und als Team“ für die nächste Nationalratswahl aufstelle.

Scharfe Kritik an Doskozil aus Vorarlberg und Tirol

Die lauteste Stimme kam am Sonntag aus dem westlichsten Bundesland: Die Vorarlberger Landesparteichefin Gabriele Sprickler-Falschlunger meinte in Richtung des burgenländischen Landeshauptmanns Hans Peter Doskozil (SPÖ), es sei ihr „vollkommen unverständlich, wie man so unsolidarisch sein kann und jedes Mal vor einer Wahl eine parteiinterne Diskussion befeuert“. Sie beteuerte, zu 100 Prozent hinter Rendi-Wagner zu stehen. Auch aus Wien kam Rückendeckung – mehr dazu in wien.ORF.at.

Ganz ähnlich formulierte es die Tiroler Vizeparteichefin Selma Yildirim. Es könne nicht angehen, dass Doskozil seit Längerem zu Sitzungen der SPÖ-Bundesgremien „nicht kommt und demokratische Entscheidungen nicht akzeptiert“, so Yildirim – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Salzburgs Landeschef David Egger, der die nächste Wahl zu schlagen hat und eher dem Doskozil-Lager zugerechnet wird, beklagte hingegen den „Schlingerkurs“ der SPÖ in der Asyldebatte, wollte aber keine Personaldiskussion.

Der Landesparteivorsitzende der SPÖ Steiermark, Landeshauptmann-Stellvertreter Anton Lang, reagierte bestürzt auf das Ergebnis der SPÖ Kärnten. Er bezeichnete das Abschneiden in einer ersten Reaktion als „harten Schlag“. „Die Verluste für die Sozialdemokratie schmerzen sehr, das Ergebnis wird natürlich genau zu analysieren sein“, sagte Lang. Zu möglichen Konsequenzen auf Bundesebene wollte sich Lang nicht äußern – mehr dazu in steiermark.ORF.at

Kaiser wollte Lage beruhigen

Der Kärntner Landeshauptmann Kaiser übernahm persönlich die Verantwortung. In der ZIB2 auf die Führungsdebatte angesprochen, wich er eher aus. Rendi-Wagner sei Parteichefin, dazu gebe es keine Debatte. Mehr Unterstützung für sie wollte er aber nicht anbieten: Er habe mit der SPÖ in Kärnten nach der Wahlniederlage genug zu tun. Er habe mit einem respektableren Ergebnis auch zur Beruhigung der SPÖ insgesamt beitragen sollen. „Das ist nicht gelungen, das tut mir leid.“

Landeshauptmann Kaiser (SPÖ) zu den Verlusten

Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) spricht zu den großen Verlusten seiner Partei bei der Kärntner Landtagswahl.

„Ein Ergebnis, das schmerzt“

Rendi-Wagner machte – extra nach Klagenfurt gereist – auch kein Hehl aus ihrer Enttäuschung über den Ausgang der Landtagswahl: „Es ist ein Ergebnis, das schmerzt“, sagte sie. Die Verluste erklärt sie sich einerseits damit, dass wegen der Krisen alle regierenden Landesparteien Stimmen verloren hätten. Andererseits schade aber auch die Führungsdiskussion in der Bundes-SPÖ.

Druck auf Rendi-Wagner wächst nach Verlusten

Seit Monaten schwelt eine Personaldebatte über Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ). Nach den Verlusten bei der Landtagswahl in Kärnten wird der Druck auf sie größer.

Medien sehen Rendi-Wagner wanken

Medien sehen Rendi-Wagner einmal mehr schwer angeschlagen: Sie wanke, befand etwa der „Standard“, für sie werde es richtig eng, meinte der „Kurier“. Und die „Presse“ ortete Zündstoff für den SPÖ-Führungsstreit. Doch dafür müsse es erst einen mehrheitsfähigen Herausforderer geben, analysierte Peter Filzmaier in der ZIB2. Doskozil sei das jedenfalls noch nicht, dafür polarisiere er in der Partei zu stark.

Politologe Filzmaier zur SPÖ-Führungsdebatte

Die SPÖ hat zuletzt mehr oder weniger öffentlich über ihre Bundesspitze diskutiert. Das Wahlergebnis in Kärnten dürfte die Debatte neuerlich befeuern – eine Analyse von Politikwissenschaftler Peter Filzmaier.

Nach der Wahl ist vor der Wahl

Zudem spricht einiges dafür, dass man innerhalb der SPÖ in den nächsten Wochen versucht, die Debatte zu zügeln. Denn am 23. April steht mit Salzburg die nächste Landtagswahl auf dem Programm, ein offener Streit würde die Chancen der SPÖ dort weiter schmälern.

Doch sollten auch hier weitere Verluste eingefahren werden, könnte der Führungsstreit bei den Sozialdemokraten offen ausbrechen. Denn die nächsten großen Wahlen stehen regulär erst im nächsten Jahr an – dann geht es aber um viel: Im Frühjahr steht die Wahl zum EU-Parlament auf dem Programm, im Herbst wird der Nationalrat neu gewählt.