NGO: 102 Personen wegen Hilfe für Geflüchtete kriminalisiert

102 Personen sollen im vergangenen Jahr wegen Hilfe für Geflüchtete in der EU kriminalisiert worden sein. Zu dem Ergebnis kommt eine Medienanalyse der Plattform für internationale Kooperation bei nicht dokumentierten Migranten (PICUM). Humanitäre Helferinnen und Helfer seien der NGO zufolge in mehreren EU-Staaten mit Straf- oder Verwaltungsverfahren konfrontiert.

48 derartige Fälle dokumentierte PICUM in Italien, 35 in Griechenland, zwölf in Polen und insgesamt sieben in Malta, Frankreich, Deutschland, Spanien und Litauen. „Diese Zahlen sind nur die Spitze des Eisbergs“, kritisierte Marta Gionco, Migrationsexpertin bei PICUM, in einer Aussendung. „Viele Fälle werden aus Angst vor weiterer Schikanierung nicht gemeldet, insbesondere wenn es sich bei den Kriminalisierten selbst um Migranten handelt.“

Expertin: Keine offiziellen Daten verfügbar

Gionco verwies zudem darauf, dass die Dunkelziffer viel höher sein könnte: „Wir haben keine statistischen und offiziellen Daten über diejenigen, die verdächtigt, angeklagt oder verurteilt werden, weil sie Migranten geholfen haben“, so Gionco.

Schon vergangene Untersuchungen von PICUM und auch von der europäischen Forschungsplattform ReSOMA verwiesen auf den europaweiten Trend. PICUM stellte in einer früheren Analyse fest, dass in der EU zwischen Jänner 2021 und März 2022 mindestens 89 Personen aufgrund humanitärer Hilfe für Geflüchtete kriminalisiert wurden. ReSOMA zufolge wurden zwischen 2015 und 2019 171 Menschen im Zusammenhang mit humanitärer Hilfe für Geflüchtete kriminalisiert.

Abgesehen von Prozessen seien humanitäre Helferinnen und Helfer auch anderen Formen der Schikane unterworfen, etwa der Belästigung durch die Polizei, administrativen Hürden und Drohungen sowie Diffamierung durch rechte Gruppierungen. Dass humanitäre Hilfe zunehmend unter Druck gerät, bestätigten mehrere NGOs Anfang des Jahres auch gegenüber ORF.at.