Presskonferenz zum Verfassungsschutz mit Innenminister Gerhard Karner
picturedesk.com/Max Slovencik
Regionale Reform

Neue „Augen und Ohren“ für Staatsschutz

Der Staatsschutz wird auf Länder- und regionaler Ebene neu aufgestellt. Die bisherigen Landesämter für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) werden zu Landesämtern für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) und werden aufgewertet. Zusätzlich sind „Staatsschutzsensoren“ geplant, die laut Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) als „Augen und Ohren“ in den Regionen fungieren sollen.

Die Eckpunkte der Reform wurden am Dienstag in einer Pressekonferenz im Innenministerium präsentiert. Es brauche im Bereich Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung eine „Professionalisierung bei der Polizeiarbeit“, sagte Karner. Es gehe um „den Kampf gegen jede Form des Extremismus“, die angezeigten Delikte befänden sich auf einem höheren Niveau als vor der Pandemie.

Speziell die rechtsradikale Szene und „Staatsverweigerer“ hätten Demonstrationen gegen die CoV-Maßnahmen „für ihre Zwecke benutzt, ja missbraucht“, sagte Karner. Allein im rechtsextremistischen Bereich wurden im Vorjahr 660 Personen angezeigt, mehr als 100 Hausdurchsuchungen durchgeführt und 37 Festnahmen vollzogen, verwies Karner auf aktuelle Zahlen.

Verfassungsschutz: Reform der Landesämter

Österreichs Verfassungsschutz wird seit 2021 neu aufgestellt. In einer letzten Phase werden auch die Landesämter reformiert.

Fokus auf Prävention

Dieser Entwicklung wollen der Innenminister, der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, und der Leiter der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), Omar Haijawi-Pirchner, mit einer Reform in den Bundesländern entgegentreten, wo die Staatsschützer weitere Kompetenzen erhalten und neue Ermittlungsschwerpunkte setzen sollen. Konkret sollen in jedem Landesamt künftig Ermittlungsbereiche für den Cyberraum und für Cyberforensik eingerichtet werden, zumal sich Extremismus vor allem digital verbreitet und Zulauf erfährt.

Ein besonderer Fokus wird auf die Prävention gerichtet, speziell ausgebildete Beamte sollen in Schulen und Vereinen Aufklärung und Informationen vermitteln. 2023 sollen 80 solcher „Präventionsbeamten und Präventionsbeamtinnen“ der LSE ausgebildet werden, 25 davon seien bereits in Schulung.

Presskonferenz zum Verfassungsschutz mit Innenminister Gerhard Karner
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Haijawi-Pirchner und Karner bei der Präsentation der Reform

„Schutzschild modernisieren und weiterentwickeln“

Zusätzlich sind „Staatsschutzsensoren“ geplant, die Karner als „Augen und Ohren des Verfassungsschutzes vom Bodensee bis zum Neusiedler See“ bezeichnete. Diese – zum Großteil uniformierten – Beamtinnen und Beamten sollen sich auf regionaler Ebene vernetzen, Informationen an die Länder- und Bundesbehörden weiterleiten und damit auf regionaler und Länderebene im Bereich Staatsschutz und Terrorismusbekämpfung „den Schutzschild modernisieren und weiterentwickeln“. Der Nachrichtendienst bleibt zentral bei der DSN.

Die künftigen LSE werden zusätzliche „Planstellen bekommen“, kündigte Ruf an. Auch das Gefährdungs- und Risikomanagement werde überarbeitet bzw. verbessert und eine „Gefährderbewertung mit einer hohen Qualität“ geschaffen.

Reform soll bis Jahresende abgeschlossen sein

Die aktuelle Extremismussituation zeige die Notwendigkeit der Reform, so Karner. Während durch die Pandemie viele „klassische Delikte“, beispielsweise Diebstähle, zurückgingen, zeige sich in den vergangenen Jahren ein Anstieg von extremistischen Delikten. Dazu würden Straftaten durch Identitäre, „Staatsverweigerer“ und „Reichsbürger“, aber auch antisemitische Straftaten wie das Tragen von Judensternen mit der Aufschrift „ungeimpft“ bei Demonstrationen zählen.

Abgeschlossen sein soll die Regionalreform des Staatsschutzes bis Anfang 2024, wobei die bisherigen LVT-Leiter nicht automatisch übernommen werden. Für die Leitung der jeweiligen LSE wird es einen Ausschreibungsprozess geben. Mit der Umsetzung des Reformprozesses werde jetzt begonnen, versicherte der Innenminister.