SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner
APA/Helmut Fohringer
Doskozil vs. Rendi

Duell um SPÖ-Vorsitz in Präsidium

Nach immer wiederkehrenden Angriffen auf SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und öffentlich immer wieder geäußerten Zweifeln an ihrer Eignung hat sich der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil nun dazu entschlossen, gegen Rendi-Wagner anzutreten – allerdings nur zu seinen Bedingungen. Ab dem frühen Nachmittag ist das SPÖ-Parteipräsidium am Zug: Dort steht ein Showdown zwischen Rendi-Wagner und Doskozil bevor. Auch Mutmaßungen über eine dritte Person als Lösung des Konflikts kursieren.

Im Vorfeld war nicht absehbar, wie diese Sitzung enden wird. Für die größte Oppositionspartei geht es darum, mehr als ein Jahr vor dem regulären Neuwahltermin und nach monate-, eigentlich jahrelangen Querelen die Reihen zu schließen und personell und programmatisch wieder geeint aufzutreten. Rendi-Wagner hatte nach zuletzt wieder gehäuften Querschüssen Doskozils die Entscheidung gesucht und das Präsidium und den Vorstand einberufen – und sich außerdem für einen Sonderparteitag ausgesprochen.

Das hatte Doskozil unter Zugzwang gebracht, am Dienstag gab er dann seine Kandidatur für den SPÖ-Vorsitz bekannt. Er will sich allerdings keinem Sonderparteitag stellen – dort dürfte er keine Mehrheit finden. Er forderte vielmehr einen Mitgliederentscheid.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil bügeln um die Wette
ORF/First Look
Mit einem Wettbewerb suchte man die Dauerunstimmigkeiten bereits 2019 auszubügeln – vergeblich

„Das war zu erwarten“

In der SPÖ-Bundesparteizentrale gab man sich am Dienstag betont gelassen. „Das war zu erwarten. Jetzt liegen die Karten auf dem Tisch“, hieß es in einem Statement. Umso wichtiger seien die von der Parteivorsitzenden einberufenen Sitzungen, um all diese Fragen zu klären und zu besprechen: „Mehrheiten werden über die weitere Vorgehensweise entscheiden, so wie es in einer demokratischen Partei üblich ist.“

Die SPÖ-Länderchefs und -chefinnen reagierten auf Doskozils Wunsch nach einem Mitgliederentscheid unterschiedlich – mehr dazu in oesterreich.ORF.at. Für eine sehr rasche Klärung sprach sich Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) aus. Hatte er sich zu Mittag noch voll und ganz hinter Rendi-Wagner gestellt, gab er am Nachmittag öffentlich vor den Delegierten keine Empfehlung ab und verwies auf die Gremien. Mittwochfrüh betonte er aber, die Wiener Partei stehe hinter Rendi-Wagner. Daran habe sich durch Doskozils Kandidatur nichts geändert.

Am Dienstag drängte Ludwig zu Eile. Man agiere nicht im luftleeren Raum, sondern im politischen Wettbewerb. Rendi-Wagner hatte in ihrer Rede in Frauenkirchen – wohl an Doskozil gerichtet – vor einem Rechtsruck der Partei gewarnt und zur Geschlossenheit aufgerufen.

Rendi mit Offensivzug

Schon vergangene Woche hatte Rendi-Wagner ihren innerparteilichen Kritiker Doskozil per Brief ersucht, am Parteipräsidium am Mittwoch teilzunehmen. Am Montag hängte sie noch den SPÖ-Vorstand an das Präsidium an. Da wusste man in der Löwelstraße freilich noch nichts über Doskozils Entscheidung, demnächst die Partei übernehmen zu wollen. Von seinem Brief an die beiden Gremien erfuhren die meisten während der Klubtagung der Wiener SPÖ zusammen mit Rendi-Wagner, die ausgerechnet im Burgenland stattfand.

Doskozil: „Klarheit schaffen“

In dem Brief schrieb Doskozil, die SPÖ gebe in der Öffentlichkeit „ein desaströses Bild ab“. Daran hätten „auch mein Team und ich unseren Anteil“. Es sei ihm aber „nie darum gegangen, auf einer persönlichen Ebene zu agieren“, auch handle es sich nicht um einen Rosenkrieg. Sein Fazit: „Es ist hoch an der Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen und Klarheit zu schaffen.“

„Ich habe mich daher nach Rücksprache mit meinen Freundinnen und Freunden der SPÖ Burgenland entschlossen, mich mit unserem Programm, unseren Inhalten und einem breiten Team, das ich noch vorstellen werde, für den Parteivorsitz der SPÖ zu bewerben“, so Doskozil. Mit einer „Urabstimmung“ sei „die nötige Klarheit gegeben, damit unsere Genossinnen und Genossen in Salzburg ungestört die Wahlen am 23. April schlagen können“. Doch für „eine Wahl auf einem überhastet organisierten Sonderparteitag, der nicht im Sinne unserer Salzburger Freundinnen und Freunde ist, stehe ich nicht zur Verfügung“, ließ Doskozil wissen.

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Mitglieder oder Delegierte

Ob ein Mitgliederentscheid umgesetzt werden kann, ist unsicher, ist dieses Instrument doch eigentlich bei Fragen ausgeschlossen, für die laut Statut andere Gremien zuständig sind. Ein Problem für Doskozil könnte also dadurch entstehen, dass in Paragraf 47 festgelegt ist, dass ein Parteitag über die Wahl des bzw. der Bundesparteivorsitzenden entscheidet.

Der Brief des burgenländischen Landeshauptmanns Hans Peter Doskozil (SPÖ) an die am Mittwoch tagenden SPÖ-Gremien
APA/Marie-Theres Fischer
Doskozils Brief an die Gremien, die am Mittwoch tagen

Das Lager um Rendi-Wagner tendiert wiederum zu einem Parteitag, auf dem die Delegierten, die von den Ortsparteien, den Landesorganisationen und den sozialdemokratischen Organisationen entsandt werden, stimmberechtigt sind. Dort hätte Rendi-Wagner bessere Karten, denn bisher stellten sich etwa die Wiener Landesparteiorganisation, die SPÖ-Frauen und auch die Gewerkschaft hinter die derzeitige Parteichefin. Dementsprechend signalisierte sie auch die Bereitschaft, sich an einem Parteitag aufzustellen. Der eigentlich erst kommendes Jahr vorgesehene Parteitag könnte schon im Vorstand am Mittwoch vorgezogen werden.

Weitere Möglichkeiten

Nun ist offen, in welcher Form die Parteispitze gekürt wird. Eine Möglichkeit wäre auch, die Mitglieder in einer Mitgliederbefragung abstimmen zu lassen. Diese kann durchgeführt werden, wenn das vom Parteivorstand des jeweiligen Organisationsbereiches – also etwa der Landes- oder Bundesorganisation – beschlossen wird.

Politberater Thomas Hofer zur SPÖ

Der Politikberater Thomas Hofer analysiert die Ankündigung Doskozils, per Mitgliederentscheid die Parteiführung übernehmen zu wollen

Im Gegensatz zum Mitgliederentscheid sind die Ergebnisse einer Mitgliederbefragung nicht verbindlich, auch sind nicht zehn, sondern nur fünf Prozent der SPÖ-Mitglieder für deren Einsetzung notwendig. Rendi-Wagner hatte 2020 einmal selbst eine Art Vertrauensfrage an die Mitglieder gerichtet. Ansonsten gäbe es auch die Option, das Statut bei einem Parteitag zu ändern und so eine Direktwahl zu ermöglichen.

Drittes Szenario

Und in der SPÖ kursiert als weiteres Szenario die Möglichkeit, das Dauerduell zu beenden, indem eine dritte Person in den Vorsitzsessel gehoben wird. Ein Name, der dabei derzeit fällt: Barbara Teiber, Vorsitzende der Teilgewerkschaft GPA.

Der Politologe Anton Pelinka nannte gegenüber Ö1 den Dauerstreit „selbstmörderisch“. Er rechnet im Fall einer Niederlage Doskozils eher nicht mit einer Abspaltung der burgenländischen SPÖ. Da würden SPÖ-Granden hinter den Kulissen wohl einen Kompromiss – etwa inhaltliche Zugeständnisse – vermitteln.

Landeshauptmann und Parteichef?

Doskozil hatte in den vergangenen Wochen betont, vor den Landtagswahlen in Kärnten und Salzburg keine Stellungnahmen zum parteiinternen Streit mehr abgeben zu wollen. Im Hintergrund liefen offenbar Vorbereitungen. Wie er in dem Brief an die Mitglieder ankündigte, habe er auch ein Team, das er noch präsentieren werde.

Ob Doskozil als etwaiger Bundesparteivorsitzender dann auch noch Landeshauptmann im Burgenland bleiben würde, ließ er am Dienstag offen. Jetzt gehe es um den Parteivorsitz, hieß es. Bisher waren Kommentatorinnen und Kommentatoren davon ausgegangen, dass Doskozil vor allem Spitzenkandidat bei den nächsten Nationalratswahlen sein wolle. Diese stehen planmäßig erst 2024 an. Nun könnte die Entscheidung schon rund eineinhalb Jahre früher fallen.