SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und Landeshauptmann Hans Peter Doskozil
APA/Roland Schlager
SPÖ-Führungsstreit

Politologe sieht „Etappensieg“ Doskozils

Die SPÖ hat am Mittwoch festgelegt, wie sie über die künftige Führung der Partei entscheiden wird. Gemäß einem Beschluss des Vorstands wird es zu einer Mitgliederbefragung kommen. Deren Ausgang ist Basis für einen anschließenden Parteitag. Fix ist, dass Amtsinhaberin Pamela Rendi-Wagner und der burgenländische Landeschef Hans Peter Doskozil um den Vorsitz rittern werden. In den jüngsten Beschlüssen der SPÖ sieht Politikwissenschaftler Peter Filzmaier gegenüber ORF.at einen „Etappensieg“ Doskozils.

Doskozil habe mit der Mitgliederbefragung jedenfalls erreicht, was er wollte, so Filzmaier. Doch werde sich erst am danach folgenden Parteitag zeigen, ob die jeweilige Anhängerschaft der beiden das Ergebnis der Mitgliederbefragung berücksichtigen oder erneut mit Streichungen agieren werde – wie das etwa beim letzten Parteitag der SPÖ im Falle Rendi-Wagners der Fall war (sie wurde Mitte 2021 mit nur 75 Prozent wiedergewählt, obwohl sie keinen Gegenkandidaten hatte).

In der Folge werde man sehen, so Filzmaier, ob die jeweils andere Seite nur „Lippenbekenntnisse“ gemacht habe oder „das Ergebnis wirklich akzeptiert“. Falls nicht, stehe man „genau so bekleckert da wie vorher“. Mit der Mitgliederbefragung sei der Disput zwischen Rendi-Wagner und Doskozil freilich prolongiert. Man habe vor dem Sommer „zwei bis drei Wochen Wahlkampf“ um die Gunst der Parteibasis vor sich, und dieser „Wahlkampf“ müsse in der Öffentlichkeit ausgetragen werden, allein aufgrund der hohen Anzahl der Mitglieder.

„Jedes Ende ist besser als kein Ende“

Die Stimmungslage in der Parteibasis sei klar: „Jedes Ende ist besser als kein Ende“, so Filzmaier gegenüber ORF.at. Aus Sicht der Basis sei diese Lösung „das kleinere Übel“. Die Frage sei aber, ob man die Reihen danach auch wieder schließen könne. Die Frage nach einem Alternativkandidaten sei ein „rein theoretisches Modell“. „Wenn es diese Person geben würde, dann hätte man diese Person ja schon längst ins Spiel gebracht“, nun gebe es ein absolutes Zeitlimit dafür. Wenn Rendi-Wagner und Doskozil „auf Tour seien“, sei der „Zug abgefahren“, so Filzmaier.

Der Ausgang der Mitgliederbefragung ist nicht vorhersehbar, sagte Filzmaier in der ZIB2. Man könne nicht abschätzen, wie weit sich die aktuell rund 140.000 Menschen mit SPÖ-Parteibuch beteiligen. Bekannt sei nur, dass sie überdurchschnittlich alt, also „rein statistisch“ schon in Pension seien, und der Osten Österreichs – also Wien und Niederösterreich – besonders stark vertreten seien.

Filzmaier zum Ausgang der SPÖ-Sitzungen

Politikwissenschaftler Peter Filzmaier zum Ausgang der SPÖ-Sitzungen

Etliche Fragen noch offen

Zum Ablauf der beschlossenen Mitgliederbefragung blieben am Mittwoch Fragen offen. Denn das genaue Prozedere wird erst – vermutlich kommende Woche – vom Präsidium in Abstimmung mit Doskozil festgelegt. So ist etwa unklar, wann die Entscheidung fallen soll. Doskozil will auf die Landtagswahl in Salzburg am 23. April Rücksicht nehmen und erst dann mit dem Werben um Stimmen beginnen. Rendi-Wagner drängte auf eine möglichst rasche Entscheidung.

Dazu muss geklärt werden, wer die Mitgliederbefragung betreut. „Federführend“ werde die Bundesgeschäftsführung damit befasst sein, sagte Rendi-Wagner am Abend in einem Solostatement nach dem Vorstand. Mehrere Länder erklärten dagegen, es sei undenkbar, dass Rendi-Wagners Vertrauter, Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch, das Heft in der Hand haben wird.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi Wagner
APA
Rendi-Wagner äußerte sich nach den Sitzungen zu den Beschlüssen

Gemeinsame Ideenpräsentation?

Den ganzen Tag über schwirrten auch Gerüchte durch das Parlament, wonach sich die beiden Kontrahenten in mehreren Bundesländern den Parteimitgliedern gemeinsam mit ihren Ideen präsentieren könnten, wie das beim Duell um den Wiener Vorsitz vor einigen Jahren der Fall war. Rendi-Wagner blieb dazu eher reserviert. Sie werde das mit Doskozil besprechen. Es werde aber sicher Möglichkeiten geben, Inhalte zu präsentieren.

Ob es allenfalls noch einen dritten Kandidaten oder eine dritte Kandidatin geben könnte, war ebenfalls unklar. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) ging am Vormittag aber davon aus, dass die Entscheidung zwischen den beiden bekannten Bewerbern fallen werde.

Wer ist in Doskozils Team?

Ferner ist noch die Frage offen, wer in dem von Doskozil angekündigten Team vertreten sein wird. In der Partei meist genannte Namen waren der frühere Bundesgeschäftsführer Max Lercher, aber auch Umweltsprecherin Julia Herr. Klar ist, dass man jetzt nicht neue Mitglieder rekrutieren kann, um die Abstimmung so zu beeinflussen. Die Stimme abgeben kann nur jemand, der bereits ein Jahr zahlendes Mitglied ist.

Deklarieren wollte sich am Mittwoch kaum jemand in der Partei. Ludwig betonte am Rande einer zu Mittag zu Ende gegangenen Klubtagung seiner Landespartei, weiter hinter Rendi-Wagner zu stehen. Das tat auch die stellvertretende SPÖ-Chefin von Tirol, Selma Yildirim. Bürgermeister, die Doskozil nahestehen, drückten ihre Unterstützung dadurch aus, dass sie in dessen Sinne gemeinsam eine Mitgliederbefragung forderten.

Runder Tisch: Showdown in der SPÖ

Es diskutieren am Runden Tisch: Alois Stöger, Mitglied im Bundesparteivorstand und ehem. Gesundheitsminister; Franz Schnabl, stv. Bundesparteivorsitzender SPÖ und ehem. Landeschef Niederösterreich; Josef Kalina, Kommunikationsberater und ehem. Bundesgeschäftsführer SPÖ sowie Katrin Praprotnik, Politikwissenschaftlerin, Karl-Franzens-Universität Graz

Kaiser: „Zumindest eine Entscheidung getroffen“

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), der reichlich genervt zum Sitzungsreigen eingetroffen war, war danach ein wenig entspannter: „Heute wurde zumindest eine Entscheidung getroffen, und diese ist jetzt von allen ebenso zu akzeptieren, wie das Ergebnis des am Ende des heute beschlossenen Prozesses.“ Das forderte auch Rendi-Wagner ein. Das Ergebnis werde von allen zu akzeptieren sein. Danach müssten alle an einem Strang ziehen. Oberösterreichs Landeschef Michael Lindner meinte: „Eine rasche, grundlegende Klärung ist jetzt notwendig.“