Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ)
ORF
Doskozil

Landeshauptmann bis Intensivwahlkampf

Im Duell um den SPÖ-Vorsitz zwischen dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner sind noch viele Fragen offen. Zumindest eine wurde von Doskozil am Abend in „Burgenland heute“ beantwortet: Er wolle jedenfalls Landeshauptmann bleiben. Sollte er tatsächlich SPÖ-Chef werden, seien beide Funktionen erst am Beginn des Intensivwahlkampfes bei der Nationalratswahl nicht mehr vereinbar. Er wolle Bundeskanzler werden, bestätigte Doskozil.

Aus jetziger Sicht bleibe er Landeshauptmann bis Ende der Legislaturperiode im Burgenland, so Doskozil. Diese endet im Jänner 2025. Zunächst stehe die Entscheidung über die Parteispitze an, meinte er. Und selbst wenn er SPÖ-Chef werde, würden die Funktionen sich erst mit Beginn des Wahlkampfes nicht mehr vereinbaren lassen.

Wer ihm im Burgenland nachfolgen könnte, ließ er am Donnerstagabend noch offen. Die SPÖ Burgenland sei aber über die Landesregierung hinaus personell „exzellent“ aufgestellt, betonte er.

Doskozil zum SPÖ-Führungsstreit

Am Mittwoch ist im SPÖ-Parteivorstand entschieden worden, die Führungsfrage durch eine Mitgliederbefragung entscheiden zu lassen. Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil ist dazu zu Gast in „Burgenland heute“.

Mindestlohn und Gesundheitsversorgung

Es gehe ihm um die „Performance der Partei“ und um die Ergebnisse bei Wahlen, betonte Doskozil in „Burgenland heute“ erneut. Ziel sei es natürlich, dass die SPÖ Nummer eins werde und den Bundeskanzler stelle. Eine Niederlage gegen Rendi-Wagner würde er akzeptieren, das sei auch besprochen worden, dass die Partei nach der Entscheidung geeint Richtung Wahlen blickt – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Thematisch will er etwa weiter auf den Mindestlohn setzen, wo er von einem Zugehen auf die Gewerkschaft sprach, um gemeinsame Lösungen zu finden. Die Themen würden ohnehin „auf dem Tisch liegen“. Konkret sprach Doskozil auch die Gesundheitsversorgung an.

Breites Team angekündigt

Zuvor hatte er bereits angekündigt, ein möglichst breites Team aufstellen und so der „Polarisierung meiner Person“ entgegenwirken zu wollen. Bis das Team stehe, wird es laut Doskozil ein bisschen dauern: „Da wird man sich noch etwas gedulden müssen“, sagte er am Donnerstagvormittag am Rande einer Pressekonferenz. Ziel sei es, mit dem Team „einen Bogen zu spannen über die verschiedenen Bereiche der Sozialdemokratie“, um so für Einigkeit in der Partei zu sorgen. In der Partei meistgenannte Namen waren dem Vernehmen nach der frühere Bundesgeschäftsführer Max Lercher und Umweltsprecherin Julia Herr.

SPÖ: Wer steht wofür?

Die derzeitge SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und der derzeitige burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil wollen beide die SPÖ künftig führen. Ihr Programm dafür ist unterschiedlich.

Rumoren in den Ortsgruppen

Auf die Frage, ob das Match Rendi-Wagner gegen Doskozil auch ein Match „Frau gegen Mann“ ist, antwortete die burgenländische SPÖ-Landesfrauenvorsitzende und Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf am Donnerstag mit Nein. Es sei auch dem Landeshauptmann nie um Personen, sondern immer um inhaltliche Ausrichtungen gegangen – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

In den SPÖ-Ortsgruppen rumort es offenbar teils, wie das Beispiel Oberösterreich zeigt. Der Bürgermeister von Steyr, Markus Vogl, warnte im Gespräch mit dem ORF Oberösterreich vor dem Frust der Funktionäre. Doskozil habe als Landeshauptmann Verdienste im Land, Rendi-Wagner als Person durchaus Sympathien. „Was aber jetzt passiert, hat beide massiv beschädigt, und die Basis trägt das einfach nicht mehr mit“, so Vogl – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Die Wiener SPÖ stellte sich auch am Mittwoch hinter Rendi-Wagner. Landesparteichef und Bürgermeister Michael Ludwig erneuerte seine Unterstützung. „Es wird keinen Wahlkampf geben“, so Ludwig. Stattdessen werde es „Gesprächsbedarf“ zu „inhaltlichen Fragen“ geben. „Wir sind eine Partei, wo die Menschen sehr interessiert sind an politischen Inhalten. Diese Diskussionen werden geführt werden, und von daher ist heute ein sehr guter Beginn eines Verfahrens, das wir gemeinsam einstimmig beschlossen haben“, so Ludwig – mehr dazu in wien.ORF.at.

Mitgliederbefragung über SPÖ-Führung

In den SPÖ-Gremien wurde am Mittwoch beschlossen, dass die Parteibasis befragt wird, wer an der Spitze der Partei stehen soll. Auf einem Sonderparteitag soll dann endgültig über die Führungsfrage entschieden werden.

Kaiser: Entscheidung muss akzeptiert werden

Der Kärntner Landeshauptmann und SPÖ-Chef Peter Kaiser sagte, die Entscheidung zu einer Mitgliederbefragung und einem Parteitag müsse nun von allen akzeptiert werden – mehr dazu in kaernten.ORF.at. Auch aus der Steiermark hieß es, man sei froh, dass die Entscheidung einstimmig gefallen sei. Das Ergebnis solle bindend sein. Jetzt hätten Doskozil und Rendi-Wagner die Möglichkeit, ihre Ideen für die Zukunft darzulegen, so der steirische SPÖ-Chef Anton Lang. Er werde den Mitgliedern keine Wahlempfehlung geben – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

„Runder Tisch“: Showdown in der SPÖ

Es diskutierten Alois Stöger, Mitglied im Bundesparteivorstand und ehem. Gesundheitsminister, Franz Schnabl, stv. Bundesparteivorsitzender SPÖ und ehem. Landeschef Niederösterreich, Josef Kalina, Kommunikationsberater und ehem. Bundesgeschäftsführer der SPÖ, sowie Katrin Praprotnik, Politikwissenschaftlerin, Karl-Franzens-Universität Graz.

Dornauer: Karten liegen auf dem Tisch

Tirols SPÖ-Landesparteivorsitzender Georg Dornauer will sich im Duell um die Spitze offenbar vorerst auf keine Seite schlagen. Auf Anfrage sagte er am Donnerstag: „Die Karten liegen auf dem Tisch, und das ist gut so. Beide haben sich erklärt, und es hat sich für mich klar abgezeichnet, dass es auch um eine inhaltliche Ausrichtung der Partei gehen wird.“

Mit dem Ergebnis der Präsidiums- und Vorstandssitzung vom Mittwoch, eine Mitgliederbefragung und einen Parteitag durchzuführen, zeigte er sich gegenüber der APA „zufrieden“. Er sei „grundsätzlich sehr zuversichtlich“. Die Entscheidung über die inhaltliche Ausrichtung der Partei sei eine „wichtige Grundlage für die Zukunft. Unsere Mitglieder und die Funktionäre am Parteitag werden darüber entscheiden“, sagte Dornauer.

Er hatte sich vor den Sitzungen mit Äußerungen in der Öffentlichkeit eher zurückgehalten. Zuletzt hatte er aber wiederholt Rendi-Wagner die Stange gehalten und sie unterstützt – mehr dazu in tirol.ORF.at. In Vorarlberg stellte sich SPÖ-Chefin Gabriele Sprickler-Falschlunger öffentlich hinter Rendi-Wagner – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Viele offene Fragen

Der Kompromiss eine Mitgliederbefragung und dann einen Parteitag abzuhalten, wirft jedoch viele Fragen auf. Das beginnt bereits bei der Organisation der Befragung. Aus Sicht der Parteiführung soll sie von der Parteizentrale organisiert werden. „Federführend“ werde die Bundesgeschäftsführung damit befasst sein, sagte Rendi-Wagner am Mittwochabend in einem Solostatement nach dem Vorstand.

Das stößt wiederum auf Skepsis bei Doskozil und anderen Landesorganisationen. Offenbar ist das Vertrauen in SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch nicht ausreichend. Hier könnte auch der Keim eines späteren Streits liegen, so das Ö1-Morgenjournal am Donnerstag.

Keine Einigkeit über Zeitpunkt

Mehrere Länder hatten bereits am Vortag gesagt, es sei undenkbar, dass Rendi-Wagners Vertrauter Deutsch das Heft in der Hand haben werde. Auch darüber, ob die Befragung eher schneller – vor der Salzburger Landtagswahl am 23. April – oder erst danach durchgeführt werden soll, herrscht keine Einigkeit.

Rendi-Wagner sprach sich für ein schnelleres Vorgehen aus, Doskozil steht auf der Bremse und will das offenbar langsamer angehen. Auch die Abstimmungsmodalität – per Brief oder online – ist offen. Das genaue Prozedere wird vermutlich kommende Woche vom Präsidium in Abstimmung mit Doskozil festgelegt. Klar ist, dass man jetzt nicht neue Mitglieder rekrutieren kann, um die Abstimmung so zu beeinflussen.

Rund 140.000 Stimmberechtigte

So werden rund 140.000 SPÖ-Mitglieder darüber entscheiden können, wer die Partei in Zukunft leiten wird. Diese Zahl gab die Bundespartei am Donnerstag auf APA-Anfrage bekannt. Das sind deutlich weniger Stimmberechtigte als bei der letzten Mitgliederumfrage vor drei Jahren, die Parteichefin Rendi-Wagner für eine Vertrauensanfrage genutzt hatte. Damals waren es 158.000 Personen, womit die Partei seither ein kräftiges Mitgliederminus zu verzeichnen hat.

Spannend wird auch, wie die Beteiligung bei der Mitgliederbefragung ausfällt. Im Jahr 2020 galten die damals erreichten gut 42 Prozent als so sensationell, dass es sogar Zweifel am korrekten Ablauf der Befragung gab, die aber rasch ausgeräumt werden konnten.

Wien und Niederösterreich als gewichtige Faktoren

Den wahrscheinlich größten Anteil an Mitgliedern hat die Wiener SPÖ. Ganz genau weiß man es nicht. Denn die Stadtpartei gibt ihre Mitgliederzahlen nicht bekannt – aus Datenschutzgründen. Wien dürfte laut Schätzungen im Bereich von bis zu 45.000 liegen. Ebenfalls ein gewichtiger Faktor ist Niederösterreich mit rund 30.000 Mitgliedern. Oberösterreich folgt mit 23.500. Die Steiermark, wo sich zuletzt eine gewisse Pro-Doskozil-Stimmung erkennen ließ, verfügt über 18.500 Mitglieder. Dort gibt man auch auf Anfrage das Durchschnittsalter der Mitglieder an, nämlich 63.

Das Burgenland, in dem man eine starke Beteiligung erwarten kann, verfügt über 11.831 Mitglieder. Das etwa gleich große Vorarlberg mit einer viel schwächeren SPÖ hat dagegen bloß rund 1.100 Mitglieder. Ebenfalls nicht allzu stimmgewaltig werden die Tiroler mit ihren rund 3.000 Mitgliedern sein. Aus Kärnten werden rund 10.000 gemeldet. Salzburg zählt laut Eigenangaben 8.000.

Wer darf wählen?

Unklar ist ferner, wer aller abstimmen darf. Dazu gibt das Statut kaum Einschränkungen vor. Am Mittwoch war davon die Rede, dass man ein Jahr Mitgliedsbeitrag gezahlt haben muss, um dabei sein zu können, um Missbrauch zu verhindern. Die genauen Verfahrensregeln werden aber erst kommende Woche im Präsidium festgelegt.

Zu den noch zu klärenden Fragen zählt, wie lange und in welcher Form abgestimmt werden soll. Vor drei Jahren hatte man sich für die Stimmabgabe einen Monat Zeit genommen, diese konnte sowohl brieflich als auch elektronisch vollzogen werden. Der gesamte Prozess bis zur Veröffentlichung des Ergebnisses dauerte auch CoV-bedingt rund drei Monate. Ein weiteres Vorbild, wie die Befragung aussehen könnte, könnte die SPÖ in Graz abgeben. Anfang März wurde Doris Kampus direkt von den Parteimitgliedern zur Stadtparteivorsitzenden gewählt – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Filzmaier: Etappensieg für Doskozil

Bezüglich der jüngsten Beschlüsse der SPÖ sprach Politikwissenschaftler Peter Filzmaier gegenüber ORF.at von einem „Etappensieg“ Doskozils. Doskozil habe mit der Mitgliederbefragung jedenfalls erreicht, was er wollte, so Filzmaier. Doch werde sich erst am danach folgenden Parteitag zeigen, ob die jeweilige Anhängerschaft der beiden das Ergebnis der Mitgliederbefragung berücksichtigen oder erneut mit Streichungen agieren werde – wie das etwa beim letzten Parteitag der SPÖ im Falle Rendi-Wagners der Fall war (sie wurde Mitte 2021 mit nur 75 Prozent wiedergewählt, obwohl sie keinen Gegenkandidaten hatte).

Filzmaier zum Ausgang der SPÖ-Sitzungen

Politikwissenschaftler Peter Filzmaier bewertete den Ausgang der SPÖ-Sitzungen.