Israels Premier Benjamin Netanyahu
Reuters/ Abir Sultan
Justizumbau in Israel

Regierung kündigt Änderungen an

Nach heftigen Proteste haben der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und seine Regierung eine Modifizierung des geplanten Justizumbaus angekündigt. Die Änderungen betreffen unter anderem jenes Gremium, das künftig die Auswahl der Richterinnen und Richter treffen soll. Zudem sollen die meisten Vorhaben im Parlament bis Ende April zurückgestellt werden.

Ursprünglich wollte die rechts-religiöse Regierung das Gesetzespaket bis zum 2. April ratifiziert sehen, wenn die Knesset in die Parlamentspause geht. Am Montag erklärten Netanjahu und seine Koalitionspartner, die meisten Vorhaben würden zurückgestellt, bis die Knesset am 30. April wieder zusammentritt.

Im Mittelpunkt des Umbaus steht das Verfahren zur Auswahl der Richterinnen und Richter. In einer am Montag veröffentlichten Erklärung der Regierung hieß es, es bleibe bei der geplanten Überprüfung der Richterinnen und Richter in einem Auswahlgremium.

Gremium mit geänderter Zusammensetzung

Auch solle dieses Gremium wie ursprünglich geplant von neun auf elf Mitglieder erweitert werden. Im ursprünglichen Gesetzesentwurf sollten ihm drei Kabinettsminister, zwei Abgeordnete der Regierungskoalition und zwei von der Regierung gewählte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens angehören. Damit hätte die Regierung über eine Mehrheit von sieben zu vier Stimmen verfügt.

Knesset
AP/Maya Alleruzzo
Abgeordnete in der Knesset: Die meisten Vorhaben rund um den Justizumbau werden bis Ende April zurückgestellt

In der geänderten Fassung soll das Gremium aus drei Kabinettsministerinnen und -ministern, drei Abgeordneten der Regierungskoalition, drei Richtern und zwei Abgeordneten der Opposition bestehen. Das könnte eine knappere Mehrheit der Regierung von sechs zu fünf bedeuten. Aktuell besteht das Gremium aus vier Mitgliedern von politischen Parteien, drei Richterinnen und Richtern sowie zwei Mitgliedern aus der israelischen Rechtsanwaltskammer.

Weiters sieht der geänderte Entwurf vor, dass nicht mehr als zwei Richterinnen und Richter des Obersten Gerichtshofs durch regelmäßige Abstimmungen in einer bestimmten Sitzung der Knesset ernannt werden können.

Regierung ruft Opposition zu Verhandlungen auf

Der Vorsitzende des Justizausschusses der Knesset, Simcha Rothman, sagte, der neue Entwurf solle dafür sorgen, den Menschen in Israel das Gefühl zu geben, ihre Richterinnen und Richter selbst wählen zu können, und gleichzeitig „politische Kräfte“ daran zu hindern, die „Macht im Höchstgericht“ zu übernehmen.

Der nun übermittelte Vorschlag werde „historische und fundamentale Änderungen“ in jenem Gremium bringen, das die Richterinnen und Richter bestellt, teilte die Regierung mit. Angesichts der Zurücklegung der Vorhaben in der Knesset rief sie die Opposition zu Verhandlungen auf.

Man wolle all jenen die „Hand ausstrecken“, die einen Kompromiss erzielen wollten, hieß es in der Regierungserklärung. Die Opposition hatte Verhandlungen bisher abgelehnt, da die Regierung versucht hatte, den Umbau der Justiz im Eilzugstempo durch das Parlament zu bringen.

Seit Wochen Proteste

Am Samstag hatten zahlreiche Israelis das elfte Wochenende in Folge gegen die geplante Reform protestiert. Sie werfen der Regierung vor, die demokratische Kontrolle von Ministerinnen und Ministern durch die Gerichte zu gefährden. Daher stehe die Zukunft der Demokratie auf dem Spiel. Staatspräsident Jizchak Herzog hat für eine Verschiebung der Reform plädiert.

Protestierende in Bnei Brak
Reuters/Nir Elias
Seit Wochen gehen in Israel Tausende gegen den Justizumbau auf die Straße

Die Änderung sei „eine Kriegserklärung der israelischen Regierung gegen das Volk und die israelische Demokratie“, hieß es von Organisatorinnen und Organisatoren der Proteste zum nun vorgelegten Vorschlag der Regierung. Oppositionsführer Jair Lapid teilte mit, der Vorschlag der Regierung sei eine „feindliche politische Übernahme des Justizsystems“. Der Richterwahlausschuss werde so zum „Ausschuss zur Ernennung von Kumpanen“.

Biden forderte „Kompromiss“

US-Präsident Joe Biden hatte den israelischen Ministerpräsidenten indes zu einem „Kompromiss“ aufgefordert. In einem Telefonat mit Netanjahu habe Biden am Sonntag unterstrichen, dass bei dem geplanten Umbau der israelischen Justiz die demokratischen Grundwerte respektiert werden müssten, teilte das Weiße Haus mit. Biden nahm damit erstmals öffentlich Stellung zu den umstrittenen Plänen der israelischen Regierung.

Die demokratischen Prinzipien seien ein „Markenzeichen“ der US-israelischen Beziehungen, sagte der US-Präsident nach Angaben des Weißen Hauses. Biden habe „seine Unterstützung bei den aktuellen Bemühungen angeboten, um einen Kompromiss zu finden, der mit diesen Grundprinzipien übereinstimmt“.

Zudem habe Biden in dem Telefonat darauf hingewiesen, dass „demokratische Gesellschaften durch echte gegenseitige Kontrolle gestärkt werden“ und dass „wichtige Änderungen mit der größtmöglichen öffentlichen Unterstützung“ vorgenommen werden sollten.