Logos von UBS und Credit Suisse
Reuters/Denis Balibouse
Oligarchenmilliarden

UBS und Credit Suisse im Visier der USA

Das Credit-Suisse-Debakel, das den gesamten Schweizer Finanzplatz bedrohte, bekommt nun noch eine weitere Facette hinzu: Ähnlich wie bei der Raiffeisen Bank International (RBI) nehmen die USA auch die Credit Suisse (CS) und die UBS bezüglich möglicher Verstöße gegen Russland-Sanktionen ins Visier. Der Grund in diesem Fall: Die CS und die UBS verwalteten Dutzende Milliarden an Vermögen russischer Oligarchen. Unterdessen soll die Europäische Zentralbank (EZB) laut Berichten wegen des Russland-Geschäfts den Druck auf die RBI erhöhen.

Die beiden Schweizer Großbanken gehören laut übereinstimmenden Berichten der Wirtschaftsagentur Bloomberg und der Nachrichtenagentur Reuters zu einer Gruppe von Banken, die vom US-Justizministerium wegen möglicher Unterstützung russischer Oligarchen zur Umgehung westlicher Sanktionen untersucht werden. In einer ersten Phase seien an diese Banken Vorladungen verschickt worden. Auch die RBI hatte bereits vor Wochen Post aus den USA erhalten. Die RBI wurde allerdings von einer Taskforce des US-Finanzministeriums um Auskunft gebeten, nicht vom Justizministerium – und Vorladung gab es ebenfalls keine.

Das Justizministerium verschickte seine Vorladungen laut Bloomberg vor Ausbruch der Credit-Suisse-Krise, die am Wochenende mit der Übernahme durch die UBS ihren bisherigen Höhepunkt erreichte, ausgeschickt. Neben europäischen Banken sind auch mehrere größere US-Banken Teil der Untersuchung. In der ersten Phase geht es laut Bloomberg dem US-Justizministerium darum zu erfahren, welche Bankmitarbeiterinnen und -mitarbeiter in den letzten Jahren Kunden, gegen die Sanktionen verhängt waren, betreuten. In einem weiteren Schritt könnten diese Bankmitarbeiter und ihre Arbeit genauer unter die Lupe genommen werden.

Lukrativer Geschäftszweig

Weder die Credit Suisse noch die UBS äußerten sich bisher zu dem Bericht. Laut dem Bericht verwaltete die Credit Suisse auf dem Höhepunkt mehr als 60 Milliarden US-Dollar (56 Mrd. Euro) für russische Kunden. Die Bank verdiente mit der Verwaltung dieser Vermögen 500 bis 600 Millionen Dollar pro Jahr.

Als die Credit Suisse letzten Mai, rund zwei Monate nach dem russischen Überfall auf die Ukraine, aus ihrem Geschäft mit russischen Kunden weitgehend ausstieg, hielt sie rund 33 Milliarden an Vermögen. Das waren übrigens mehr als 50 Prozent mehr, als die UBS hielt, obwohl bei Letzterer das Vermögensverwaltungsgeschäft deutlich größer ist.

Verborgene Risiken?

Es ist davon auszugehen, dass die UBS auch die Russland-Geschäfte der CS nun intern genau untersucht und Problemfälle identifiziert. Aufgrund der gebotenen Eile letztes Wochenende, um den Schweizer Bankenplatz zu retten und eine befürchtete globale Bankenkrise zu verhindern, hat die UBS mit der CS-Übernahme praktisch einen Blindkauf getätigt. Üblicherweise geht einer Übernahme dieser Dimension ein wochenlanger Prüfprozess voraus, in dem die Bilanzen und Bücher genau geprüft werden, um unliebsame Überraschungen auszuschließen.

Die Credit Suisse war in den letzten Jahren immer wieder durch hohe Verluste durch enge Geschäftsbeziehungen mit scheiternden Geschäftsleuten in den Schlagzeilen: Bill Hwang (Archegos Capital Management), Lex Greensill und Luckin-Coffee-Gründer Lu Zhengyao.

Teure Sanktionsverstöße

Im US-Justizministerium ist – ähnlich wie die Kontrollbehörde OFAC im US-Finanzministerium – eine eigene Einheit für die Umsetzung und Einhaltung von Sanktionen gegen Russinnen und Russen, die wegen ihrer Nähe zu Präsident Wladimir Putin mit Sanktionen belegt wurden, zuständig. Einige Vermögenswerte wie Jachten, Flugzeuge und Luxusimmobilien wurden im letzten Jahr eingefroren. Die Abteilung wurde zuletzt deutlich ausgebaut.

Für Banken können Verstöße gegen von den USA verhängte Sanktionen teuer werden. BNP Paribas zahlte 2014 in einem Vergleich neun Milliarden Dollar. Die Bank räumte ein, Vermögen von Personen aus dem Sudan, dem Iran und Kuba verschoben zu haben.

EZB drängt RBI

Neben den Untersuchungen des US-Finanzministeriums bekommt unterdessen die heimische RBI wegen ihres Russland-Geschäfts laut Insidern auch zunehmend Druck von der EZB. Die EZB verlange von der Bank zwar keinen sofortigen Rückzug aus dem Land, poche aber auf einen Plan, wie das Bankgeschäft dort aufgegeben und die Risiken bewältigt werden können, sagten fünf mit der Angelegenheit vertraute Personen zur Nachrichtenagentur Reuters.

EZB setzt Raiffeisen unter Druck

Die Raiffeisen Bank International kommt zunehmend unter Druck. Die Europäische Zentralbank (EZB) drängt laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters darauf, dass sich Raiffeisen aus Russland zurückzieht.

Einer der Insider sagte, der Plan könnte einen Verkauf bzw. die Schließung der Tochterbank in Moskau beinhalten. Die Bank sei der Forderung der EZB aber bisher nicht nachgekommen und zeige auch keine Absicht, das zu tun, sagten die Insider. Die EZB bestätigte, alle betroffenen Banken nach Kriegsbeginn aufgefordert zu haben, das Russland-Geschäft „so weit wie möglich zu reduzieren und abzubauen“.

Auch ein Jahr nach Kriegsausbruch in der Ukraine zeichnet sich bei der RBI keine Entscheidung zum umstrittenen, aber hochprofitablen Russland-Geschäft ab. Die RBI bleibt bei ihrem stets wiederholten Statement: Man prüfe alle Optionen für das Russland-Geschäft. Zuletzt hatten Berichte über einen möglichen Deal mit der russischen Sberbank – Tausch der Russland-Tochter für die europäischen Sberbank-Werte – für Schlagzeilen gesorgt.

US-Besuch in Wien

Der Druck der Amerikaner wurden jüngst durch einen Wien-Besuch des US-Sanktionsbeauftragten James O’Brien unterstrichen. Ein RBI-Sprecher sagte, man befinde sich noch in einem „frühen Stadium“ der Informationsbeschaffung, um auf das OFAC-Schreiben zu reagieren.

Österreichs zweitgrößte Bank, die stark in Osteuropa – neben Russland auch in der Ukraine – aktiv ist, ist die wichtigste westliche Bank in Russland und ein wesentlicher Spieler für den internationalen Zahlungsverkehr. Auch die italienische UniCredit ist in Russland präsent, aber in geringerem Umfang.

Vertrackte Situation

Eine einfache Lösung gibt es nicht – denn ein Verkauf braucht nach neuen russischen Auflagen die Zustimmung des Kreml. Und die schwierige Lage ist auch der Grund für das Zögern, verbunden wohl mit der Hoffnung auf eine Entspannung im Ukraine-Krieg in absehbarer Zeit und ein Abnehmen der Forderungen nach einem Rückzug. Im heimischen Finanzministerium wird darauf verwiesen, dass die meisten westlichen Unternehmen, darunter auch die Banken, Russland nicht verlassen hätten.