Haftbefehl gegen in Russland festgenommenen US-Journalisten

Ein Gericht in Moskau hat gegen den festgenommenen Korrespondenten der US-Zeitung „Wall Street Journal“ Haftbefehl wegen angeblicher Spionage erlassen. Das meldete die russische Staatsagentur TASS heute. Dem Journalisten drohen bis zu 20 Jahre Haft bei einer Verurteilung.

Der russische Geheimdienst FSB hatte zuvor erklärt, er habe die „illegalen Aktivitäten des US-Bürgers Evan Gershkovich“ gestoppt. Der 1991 geborene Reporter werde den Angaben zufolge der „Spionage im Interesse der amerikanischen Regierung“ verdächtigt.

Der US-Reporter habe den Vorwürfen zufolge Informationen über den militärisch-industriellen Komplex in Russland gesammelt, die ein Staatsgeheimnis darstellten. „Beim Versuch, geheime Informationen zu erhalten, wurde der Ausländer in Jekaterinburg festgenommen“, teilte der FSB demzufolge mit. Medien hatten zuvor berichtet, der Reporter sei verschwunden. Er habe versucht, eine Reportage über die Einstellung der Bevölkerung zu den Anwerbeversuchen der Privatarmee Wagner zu schreiben.

Kreml: „Auf frischer Tat ertappt“

Der Kreml hält die Spionagevorwürfe unterdessen bereits für bewiesen. „Soweit uns bekannt ist, wurde er auf frischer Tat ertappt“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow im staatlichen Rundfunk. Zuvor hatte schon Außenministeriumssprecherin Maria Sacharowa den vom FSB erhobenen Vorwurf der Spionage gegen Gershkovich bestätigt und westlichen Korrespondenten allgemein vorgeworfen, unter dem Deckmantel des Journalismus gegen Russland zu spionieren.

„Zutiefst besorgt“

Das „Wall Street Journal“ zeigte sich in einer heute veröffentlichten kurzen Erklärung „zutiefst besorgt über die Sicherheit“ seines in Russland festgenommenen Reporters.

US-Amerikaner werden immer wieder in Russland der Spionage verdächtigt. Das dürfte der erste Fall eines Journalisten sein, der offiziell beim russischen Außenministerium akkreditiert ist. Russland hatte zuletzt im Zuge des Ukraine-Krieges die Gangart gegen westliche Journalisten verschärft. Die russische Opposition sprach von einer „Geiselnahme“.

„Putin ist bereit, jede Methode anzuwenden, um Druck auf den Westen auszuüben“, teilte das Team des inhaftierten Kreml-Gegners Alexej Nawalny mit. Kreml-Chef Wladimir Putin hatte in der Vergangenheit immer wieder inhaftierte russische Kriminelle in den USA durch einen Austausch mit in Moskau verurteilten Amerikanern und Amerikanerinnen freibekommen.