Donald Trump
AP/Evan Vucci
Anklage in Schweigegeldaffäre

Trump soll schon am Dienstag vor Gericht

Ex-US-Präsident Donald Trump muss am Dienstag vor Gericht erscheinen. Dann soll die Anklageschrift gegen ihn in der Schweigegeldaffäre verlesen werden, wie US-Medien am Freitag berichteten. Zuvor hatte sich am Donnerstag die zuständige Jury für eine Anklage entschieden. New York ist wegen möglicher Proteste nervös, US-Medien spekulieren, was am Dienstag passieren wird.

„Trump Indicted“ („Trump angeklagt“) prangte Freitagfrüh in Großbuchstaben auf den Titelseiten großer US-Zeitungen wie „Washington Post“ und „New York Times“. Der Republikaner ist der erste ehemalige US-Präsident überhaupt, der sich strafrechtlich vor Gericht verantworten muss. In der Causa geht es um Geld, das Trump dem ehemaligen Pornostar Daniels während der Wahlkampagne 2016 gezahlt haben soll. Der US-TV-Sender CNN nannte die Anklage gegen Trump „historisch“.

Genauere Angaben zur Anklage machte die Staatsanwaltschaft von Manhattan (New York) noch nicht, das Dokument sei noch „versiegelt“, hatte es am Donnerstag geheißen. Die Beratungen der aus 23 Personen bestehenden Grand Jury sind geheim. Mit einer Entscheidung war erst gegen Ende April gerechnet worden. Laut CNN könnte die Anklage insgesamt 30 Punkte umfassen.

Was wird passieren?

Laut seiner Anwältin Susan Necheles wird Trump aller Wahrscheinlichkeit nach schon am Dienstag zur Anklageerhebung vor Gericht erscheinen. „Wir erwarten, dass sie am Dienstag stattfindet", wurde die Verteidigerin am Freitag zitiert. Medien wie „New York Times“ und “Washington Post“ fragten sich im Vorfeld, wie das ablaufen könnte. Plangemäß soll sich Trump dem Gericht stellen.

ORF-Analyse: Anklage gegen Trump

Zum ersten Mal in der Geschichte der USA wird ein Ex-Präsident angeklagt. Donald Trump wird vorgeworfen, Schweigegeld an eine Pornodarstellerin bezahlt zu haben. ORF-Korrespondent Thomas Langpaul meldet sich mit Details aus Washington.

Die „New York Times“ spekulierte am Freitag unter dem Titel „Das wird passieren, wenn Donald Trump festgenommen wird“ über den Lauf der Dinge am Dienstag. Trump werde erwartungsgemäß die „Standardprozedur“ durchlaufen, Fingerabdrücke, Foto usw. Die Frage ist, ob er in Handschellen vor Gericht erscheint. Jedenfalls, so die US-Zeitung, sei die Prozedur bei einem früheren Präsidenten „alles andere als Routine“. Stellt er sich, bleibt ihm eine Festnahme erspart.

Nervosität wegen möglicher Ausschreitungen

Eine weitere Frage mit Blick auf Dienstag ist, was auf der Straße geschehen wird. Trump hatte vor über einer Woche Anhänger zu Protesten aufgerufen, New York verschärfte die Sicherheitsvorkehrungen, vor dem Gerichtsgebäude in Manhattan wurden Sperrzäune aufgestellt und Überwachungskameras installiert, die Behörden beobachten soziale Netzwerke. Laut Ö1-Morgenjournal wurde für den Freitag die gesamte New Yorker Polizei – 36.000 Männer und Frauen – in Alarmbereitschaft versetzt.

„Testfall“ in mehrerlei Hinsicht

Eine große Frage schließlich sind die politischen Konsequenzen, nicht nur mit Blick auf die Präsidentschaftswahl 2024, bei der Trump erneut antreten will, sondern für das ganze Land. Die Anklage sei „eine historische Entwicklung, die das Rennen um die Präsidentschaft 2024 erschüttern“ werde, schrieb die „New York Times“. Die „Washington Post“ nannte die Anklage einen „Testfall“ für weitere Verfahren, etwa das nach dem Sturm auf das Kapitol durch Anhänger Trumps am 6. Jänner 2021.

Zahlung an sich nicht illegal

Bei den Ermittlungen gegen Trump geht es um eine Schweigegeldzahlung von 130.000 Dollar (rund 120.000 Euro) an die ehemalige Pornodarstellerin Daniels vor der Präsidentschaftswahl 2016. Der Pornostar mit dem bürgerlichen Namen Stephanie Clifford gab an, 2006 eine Affäre mit Trump gehabt zu haben, was dieser bestreitet.

Trumps damaliger Anwalt Michael Cohen, der sich inzwischen von seinem früheren Klienten losgesagt hat, hatte im Wahlkampf nach eigenen Angaben im Auftrag Trumps Schweigegeld an sie gezahlt, um kurz vor der Wahl politischen Schaden abzuwenden. Trumps Firma habe ihm die Auslagen später in mehreren Raten zurückerstattet. Im Dezember 2018 wurde Cohen zu drei Jahren Haft verurteilt.

Die Zahlung an sich ist nicht illegal, aber angeklagt werden könnten eine Fälschung von Geschäftsdokumenten und illegale Wahlkampffinanzierung. Schließlich könnten die Ankläger argumentieren, das Schweigegeld sei direkt der Kandidatur zugutegekommen. Trump und seine Anwälte haben auch eine Zahlung eingeräumt. Der Republikaner bestreitet aber, eine Affäre mit der Pornodarstellerin gehabt zu haben, und beteuert, die Zahlung habe nichts mit Wahlkampfmitteln zu tun gehabt.

„Wahnsinnige“ und „Abschaum“

Trump nannte die Anklage in einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung „politische Verfolgung und Wahlbeeinflussung“, er sei Opfer einer „Hexenjagd“ durch „die linksradikalen Demokraten“. „Eine vollkommen unschuldige Person anzuklagen ist ein Akt der eklatanten Wahleinmischung“, erklärte Trump.

Bei einer Veranstaltung beschimpfte Trump kürzlich die Behörden, der Bezirksstaatsanwalt von New York habe „unter der Federführung des ‚Unrechtsministeriums‘ in Washington wegen etwas gegen mich ermittelt, das kein Verbrechen, kein Fehlverhalten, keine Affäre ist“, so Trump. Dahinter steckten „linksradikale Wahnsinnige“. Die Kläger bezeichnete Trump als „Abschaum“.

Trump will 2024 erneut für das Weiße Haus kandidieren. Ein Prozess und eine potenzielle Verurteilung, bei der dem Republikaner womöglich mehrere Jahre Haft drohen, könnten seine Pläne für eine erneute Präsidentschaftskandidatur in politischer Sicht gefährden – mit Blick auf die Unterstützung seiner Partei und der republikanischen Basis. Rein rechtlich dagegen dürfte Trump theoretisch auch als verurteilter Straftäter bei der Präsidentenwahl 2024 antreten.

Führende Republikaner empört

Diverse Republikaner reagierten empört auf die Anklage und werteten diese als Angriff auf die Demokratie. Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, griff den zuständigen New Yorker Staatsanwalt Alvin Bragg an.

„Während er routinemäßig gewalttätige Kriminelle freilässt, um die Öffentlichkeit zu terrorisieren, hat er unser heiliges Rechtssystem gegen Präsident Donald Trump instrumentalisiert“, schrieb McCarthy auf Twitter. McCarthy gilt als Trump-Verbündeter.

Selbst Trumps größter parteiinterner Konkurrent Ron DeSantis kritisierte das Vorgehen: „Wenn das Rechtssystem als Waffe eingesetzt wird, um eine politische Agenda voranzutreiben, wird die Rechtsstaatlichkeit auf den Kopf gestellt.“ Der frühere US-Vizepräsident Mike Pence bezeichnete die Anklage als „Skandal“.