Selenskyj erinnert in Butscha an Massaker

Am ersten Jahrestag der Befreiung der Kleinstadt Butscha von russischen Truppen hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dort zusammen mit internationalen Gästen der Opfer gedacht. „Auf den Straßen von Butscha hat die Welt das russische Böse gesehen. Das Böse ohne Maskierung“, sagte der Staatschef heute in Butscha. Der Kreml habe solche Verbrechen auch auf anderen Straßen der Ukraine und der Welt anrichten wollen. Dank der Ukraine sei das aber verhindert worden.

„Ukrainisches Volk, du hast die größte unmenschliche Kraft unserer Zeit gestoppt“, richtete sich der 45-Jährige an die Menschen im Land. Russland wolle die Würde der Menschen zerstören. Das werde aber in der Ukraine niemals passieren. „Butscha wurde zu der Stadt, nach deren Betrachtung sich die Welt wirklich änderte, die Welt real erwachte“, meinte Selenskyj. „Das russische Böse wird eben hier in der Ukraine fallen und sich nicht mehr erheben können. Die Menschlichkeit wird siegen.“

Internationale Gäste anwesend

An einem neu eingerichteten Platz für die Verteidiger von Butscha wurde eine riesige ukrainische Flagge gehisst. Am Gedenken nahmen die moldawische Präsidentin Maia Sandu und die Regierungschefs der Slowakei, Sloweniens und Kroatiens – Eduard Heger, Robert Golob und Andrej Plenkovic – teil. An der zentralen Andreaskirche erinnerten sie zudem an einer Fundstätte von Massengräbern an die Toten. Es wurden die Namen von etwa 80 dort während der russischen Besatzung begrabenen Zivilisten und elf Soldaten und Polizisten verlesen.

Ukrainische Soldaten hissen Fahne
APA/AFP/Sergei Supinsky

Nach ihrem Einmarsch vor gut 13 Monaten eroberten russische Truppen die Kleinstadt Butscha bei Kiew Anfang März. Am 30. März zogen sie wieder ab. Drei Tage später sorgten veröffentlichte Bilder von teils gefesselten Leichen von Zivilisten weltweit für Entsetzen. Butscha gilt weltweit als Symbol für russische Kriegsverbrechen. Von mehr als 1.000 im Gebiet Kiew getöteten Zivilisten wurden allein in der Stadt über 400 Leichen gefunden.

Von der Leyen: Anblick hat sich in Gedächtnis eingebrannt

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erinnerte heute an in Butscha begangene Kriegsverbrechen. „Der Anblick von Massengräbern und Leichensäcken, die auf dem Boden aufgereiht waren, hat sich für immer in mein Gedächtnis eingebrannt“, sagte sie in einer Videobotschaft. Sie war nach der Befreiung der Stadt selbst im Frühjahr 2022 an den Ort des Geschehens gereist.

„Russische Soldaten hatten Häuser geplündert und niedergebrannt, unschuldige Zivilisten gefoltert, vergewaltigt und ermordet“, so die deutsche Spitzenpolitikerin. Sie erinnerte unter anderem an junge Männer mit auf den Rücken gefesselten Händen, denen in den Kopf geschossen worden sei.

„Nicht einmal Frauen und Kinder wurden verschont“, sagte von der Leyen. Die kaltblütigen Hinrichtungen seien Teil eines größeren Plans. Der Kreml wolle die Ukraine, ihre Unabhängigkeit und ihre Demokratie beseitigen.