Die franzöische Staatssekretärin Marlene Schiappa
Reuters/Benoit Tessier
Frankreich

Wirbel um Staatssekretärin in „Playboy“

Inmitten der heftigen Proteste gegen die Anhebung des Pensionsalters in Frankreich hat am Wochenende eine Staatssekretärin für hitzige Debatten gesorgt: Marlene Schiappa ist auf dem Cover der neuen „Playboy“-Ausgabe zu sehen – komplett angezogen. Selbst Kollegen der Politikerin aus der Partei von Präsident Emmanuel Macron schossen sich auf sie ein und bezeichneten die Fotos im Hinblick auf die angespannte Situation im Land als unpassend. Schiappa verteidigt die Fotos und verweist auf körperliche Selbstbestimmung.

Einige dachten wohl erst an einen Aprilscherz, doch nachdem die französische Zeitung „Le Parisien“ über das „Playboy“-Cover berichtete, kam auch die offizielle Bestätigung: Die Staatssekretärin wird in der Ausgabe, die am Donnerstag erscheint, auf der Titelseite zu sehen sein. Eigentlicher Anlass ist ein zwölfseitiges Interview mit der Politikerin. Darin spricht sie über Frauen- und LGBTQ-Rechte, die Situation in Afghanistan und über Abtreibungen, so der Sender France 24.

Dazu gibt es eine Fotoserie, die die Ministerin, durchgehend angezogen, in Designerkleidern zeigt. Noch am Wochenende kursierten auch weit anzüglichere Bilder auf Twitter, diese stellten sich aber schnell als KI-Fälschung heraus, was der Debatte allerdings keinen Abbruch tat.

Denn auch wenn das auf den ersten Blick im Jahr 2023 eigentlich alles andere als aufregend wirkt, sorgte das „Playboy“-Cover dennoch für heftige Diskussionen auf höchster politischer Ebene am Wochenende. In erster Linie hagelte es Kritik wegen der Symbolwirkung inmitten der Proteste gegen die Pensionsreform, die von Macron und der Regierung vorangetrieben wird.

Grüne Politikerin: „Wo bleibt der Respekt?“

So fragte die grüne Politikerin Sandrine Rousseau: „Wo bleibt der Respekt vor dem französischen Volk?“ Menschen, die „demonstrieren, die ihr Gehalt verlieren, die wegen der Inflation kaum essen können“, so Rousseau weiter. „Der Körper einer Frau sollte überall gezeigt werden können, damit habe ich kein Problem. Aber es gibt einen sozialen Kontext“, zitierte sie der Sender France 24.

Die Staatssekretärin verteidigte hingegen ihr „Playboy“-Interview. „Das Recht der Frauen, über ihren Körper zu bestimmen, zu verteidigen, ist überall und zu jeder Zeit wichtig“, so Schiappa auf Twitter. „In Frankreich sind die Frauen frei. Nichts für ungut, Rückwärtsgewandte und Heuchler.“

Schiappa, die schon vor ihrer politischen Karriere als feministische Autorin tätig war, wurde 2017 von Präsident Macron in die Regierung geholt und war zuerst Staatssekretärin für Gleichberechtigung. Später war sie als Ministerin für Angelegenheiten rund um die Staatsbürgerschaft zuständig und ist nun als Staatssekretärin für Sozialwirtschaft tätig.

Macron gab französischem „Yps“-Heft Interview

Schiappas „Playboy“-Cover ist dabei nicht der erste mediale Auftritt auf höchster politischer Ebene inmitten der Proteste, der in Frankreich für Stirnrunzeln sorgt. Arbeitsminister Olivier Dussopt, der federführend an der Reform mitarbeitet, gab dem LGBTQ-Magazin „Tetu“ ein Interview, in dem er sich als homosexuell outete. Macron stand unterdessen „Pif Gadget“, dem französischen Äquivalent des „Yps“-Hefts, Rede und Antwort. „Wir befinden uns mitten in einer sozialen Krise, es gibt ein Thema über die Aufrechterhaltung der Ordnung, es gibt Menschen zwischen Leben und Tod, und ich habe den Eindruck einer Nebelwand, zwischen ‚Tetu‘, ‚Pif Gadget‘ und ‚Playboy‘“, so die grüne Rousseau.

Kritik von Premierministerin

Doch auch aus den eigenen Reihen, der von Macron gegründeten Renaissance-Partei, kam nun Kritik. Die prominenteste davon ist zweifellos Premierministerin Elisabeth Borne. Sie soll noch am Wochenende mit Schiappa gesprochen haben, um ihr zu sagen, dass das „überhaupt nicht angemessen sei, erst recht nicht in der gegenwärtigen Zeit“, hieß es laut „Parisien“ aus dem Umfeld von Borne.

„Frankreich entgleist“, konstatierte unterdessen Jean-Luc Melenchon von der linken Oppositionspartei La France insoumise im Hinblick auf die „Pif“- und „Playboy“-Interviews. „Es reicht nicht, ‚Pif‘ zu abonnieren, um die Absichten der Regierung zu kennen, man muss auch den ‚Playboy‘ abonnieren …“, schrieb auch der kommunistische Politiker Fabien Roussel auf Twitter.

„Playboy“ freut sich über Interesse

Beim „Playboy“ freute man sich offenbar über das rege Interesse an der Staatssekretärin und verteidigte das eigene Blatt. Schiappa sei die „‚Playboy‘-kompatibelste“ der Ministerinnen, „weil sie sich für die Rechte der Frauen einsetzt und verstanden hat, dass der ‚Playboy‘ kein Magazin für alte Machos ist, sondern ein Instrument für die feministische Sache sein kann“, sagte „Playboy“-Herausgeber Jean-Christophe Florentin der Nachrichtenagentur AFP.

Die franzöische Staatssekretärin Marlene Schiappa
Reuters/Gonzalo Fuentes
Schiappa wurde 2017 von Macron in die Regierung geholt

„Der Playboy ist kein Softporno-Magazin, sondern ein 300 Seiten starkes, vierteljährlich erscheinendes Magazin, das intellektuell ist und im Trend liegt“, fügte Florentin hinzu und räumte ein, dass es „immer noch ein paar unbekleidete Frauen gibt, aber sie machen nicht die Mehrheit der Seiten aus“. Anders als in seinem Heimatland gibt es in Frankreich noch eine Papierausgabe, in den USA erschien das letzte gedruckte „Playboy“-Heft im März 2020.