Eva Dichand und Christoph Dichand
IMAGO/SKATA
WKStA-Ermittlungen

Neue Details in Inseratenaffäre

Wie am Montag bekanntgeworden ist, will die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) alle Zeitungsinserate des Finanzministeriums von 2017 bis 2022 untersuchen. Ein Gutteil der Gelder ging an die Boulevardblätter „Kronen Zeitung“ und „Heute“ des Ehepaars Christoph und Eva Dichand. Die Dichands pflegten ein enges Verhältnis zu Thomas Schmid, damals Generalsekretär im ÖVP-geführten Finanzministerium. Dass es dabei nicht nur um Privates ging, zeigt ein 1.000-seitiger Auswertungsbericht der WKStA, der dem ORF vorliegt.

Schmid, der „Krone“-Herausgeber und die „Heute“-Herausgeberin aßen gemeinsam zu Abend und fuhren zusammen auf Urlaub. In den von der WKStA ausgewerteten Chatnachrichten Schmids geht es allerdings auch ums Geschäftliche – konkret Stiftungen und Inserate.

Vergangene Woche war die Ausweitung der Ermittlungen, die sich bisher auf die Zeitung „Österreich“ konzentrierten, durch die Hausdurchsuchung bei der die Tageszeitung „Heute“ herausgebenden AHVV Verlags GmbH bekanntgeworden. Auslöser der Ermittlungen wegen Bestechung bzw. Bestechlichkeit sind einmal mehr Aussagen und Aufzeichnungen Schmids.

Dieser strebt den Status des Kronzeugen an. Viele, die im Fokus der Ermittlungen stehen, werfen ihm daher vor, seine belastenden Aussagen seien Lügen, mit denen er sich selbst Vorteile verschaffen wolle.

Ermittlungen gegen neun Beschuldigte

Ermittelt wird gegen neun Beschuldigte, darunter neben Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz auch das Verlegerehepaar Dichand. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.

Die Anordnung für die Durchsuchung bei „Heute“ gab bereits Einblicke in die im Raum stehenden Vorwürfe. Die Rede ist von einem möglichen „Deal“, bei dem es positive Berichterstattung über den damals aufstrebenden ÖVP-Politiker Kurz als Gegenleistung für teils nutzlose Inserate und sonstige Vorteile gegeben haben soll. Schmid war damals enger Vertrauter von Kurz.

„Wir können auch anders“

„Kurz war es sehr wichtig, dass Christoph Dichand zufrieden war mit der Zusammenarbeit zwischen ihm und der ‚Kronen Zeitung‘ einerseits und dem Finanzministerium andererseits, da er davon ausging, dass dies auch für ihn positive Effekte mit sich bringen würde“, gab Schmid bei der WKStA zu Protokoll.

„Heute“-Herausgeberin Eva Dichand soll sich unter anderem bei Schmid über eine „Unverhältnismäßigkeit“, konkret „zu wenig Inserate“ des Finanzministeriums bei „Heute“ und der „Krone“, beschwert und dem damaligen Finanzministeriumsgeneralsekretär mit „wir können auch anders“ gedroht haben.

Neue Ermittlungsdetails zu Inseratenaffäre

In der Inseratenaffäre gibt es nun neue Ermittlungsdetails rund um die Zeitungsinserate, Chats und Kontakte zum ehemaligen Kabinettschef im Finanzministerium, Thomas Schmid. Das Verleger-Ehepaar Eva und Christoph Dichand soll ungewöhnlich enge Beziehungen ins Finanzministerium, zum obersten Beamten und Kurz-Vertrauten Thomas Schmid, gepflegt haben. Ein Auswertungsbericht der Ermittler liegt nun vor.

2017 wurde Kurz ÖVP-Parteichef. Ab diesem Jahr begannen die Werbeausgaben des Finanzministeriums stark zu steigen. Besondere Freude im Team herrschte, als das von der damaligen ÖVP-FPÖ-Regierung geplante „Ausländersparpaket“ Aufmacher der „Kronen Zeitung“ wurde. „Weniger Geld für Ausländer“ titelte das Blatt in seiner Ausgabe am 16. März 2018.

„Bitte schickt mir die echte Krone.. Das oben habt ihr doch selber geschrieben, so perfekt kann eine Zeitung doch nicht sein“, heißt es in einer Nachricht von ÖVP-Kommunikationschef Gerald Fleischmann, von der Schmid laut ZIB2 einen Screenshot anfertigte.

„Zwischen den Stühlen“ wegen Benkos „Krone“-Einstieg

Im selben Jahr drohte das Verhältnis zwischen Schmid und den Dichands abzukühlen. Grund ist der Einstieg des Immobilienunternehmers Rene Benko bei der „Krone“. „Ich weiß noch, dass mich ‚der Schlag getroffen‘ hat, weil ich natürlich wusste, dass Sebastian Kurz und ich sowohl eng mit Rene Benko als auch mit Christoph Dichand waren, sodass wir plötzlich ‚zwischen den Stühlen‘ gesessen sind und dies eine äußerst unangenehme Situation erzeugte“, sagte Schmid bei seiner Einvernahme.

Eva und Christoph Dichand bestreiten die Aussagen Schmids vehement und sprechen von haltlosen Vorwürfen. Kurz nannte die Anschuldigungen „frei erfunden“.

„Alarm“ wegen Stiftungsgesetzes

Auch rund um die 2017 vom ÖVP-geführten Justizministerium geplante Reform des Privatstiftungsgesetzes gibt es Chats und Aussagen von Schmid. Am 30. Juni 2017 schrieb Schmid an den damaligen Finanzminister Hans Jörg Schelling: „Eva Dichand und Stiftungen sind total sauer. (Justizminister Wolfgang; Anm.) Brandstetter Begutachtungsentwurf ist schlecht und beinhaltet Transparenz Regelungen. Sie macht jetzt Terror.“

Thomas Schmid
ORF.at/Lukas Krummholz
Schmid sagte vor der WKStA umfassend aus

Gemeinsam mit anderen Vertretern großer Stiftungen, darunter auch welche, die direkt oder indirekt an die ÖVP gespendet haben, soll man kurz davor Schelling getroffen haben, berichtete die ZIB2. Der vom Justizministerium vorgelegte Gesetzesentwurf stieß auf Ablehnung. Das Finanzministerium gab damals eine ablehnende Stellungnahme zum Gesetzesentwurf des Justizministeriums ab.

Das Gesetzesvorhaben wurde letztlich schubladisiert. Beteiligte bestätigten der ZIB2 die insgesamt drei Treffen 2015, 2017 und 2018, jede Verknüpfung mit Parteispenden wird – auch von der ÖVP – zurückgewiesen. Eva Dichand betonte, sie hätte von einer Gesetzesänderung nicht profitiert und das Treffen nur angeregt.