Donald Trump
APA/AFP/Chandan Khanna
In 34 Punkten angeklagt

Trump sieht „Beleidigung“

Der frühere US-Präsident Donald Trump ist in einer Schweigegeldaffäre in 34 Punkten wegen der Fälschung von Geschäftsunterlagen angeklagt worden. Trump plädierte in dem New Yorker Strafgericht in allen Punkten auf nicht schuldig. Der 76-Jährige kam anschließend ohne Auflagen frei. Bei einer Rede vor Anhängern in seinem Privatanwesen Mar-a-Lago bezeichnete Trump die Anklage als „Beleidigung unseres Landes“.

Die Anklageerhebung war ein historisches Ereignis in der US-Geschichte, denn erstmals wurde ein ehemaliger US-Präsident angeklagt. Ein Prozess könnte nach Angaben von Richter Juan Merchan im Jänner 2024 beginnen. Die bereits in der Vorwoche bekanntgewordene Anklage wurde am Dienstag öffentlich gemacht – auch mit überraschenden Details.

Manhattans leitender Oberstaatsanwalt Alvin Bragg warf Trump am Dienstag vor, Geschäftsunterlagen gefälscht zu haben, um andere Straftaten zu verbergen, unter anderem einen Verstoß gegen Gesetze zu Wahlkampffinanzen. Die 34 Anklagepunkte beziehen sich auf die mutmaßliche Fälschung verschiedener Dokumente.

Bragg: Vor Gesetz „ist jeder gleich“

Trump habe Geschäftsdokumente gefälscht, „um vor und nach der Wahl von 2016 schädliche Informationen und rechtswidrige Aktivitäten vor den amerikanischen Wählern zu verbergen“, erklärte Bragg. Der Staatsanwalt betonte bei einer Pressekonferenz: „Das sind Verbrechen im Bundesstaat New York. Egal, wer jemand ist, wir können und werden schweres kriminelles Verhalten nicht normalisieren.“ Vor dem Gesetz „ist jeder gleich“, sagte Bragg.

Trump reagierte in bekannter Manier in Mar-a-Lago mit inhaltlich nicht begründeten Verbalattacken und Beleidigungen. Staatsanwalt Bragg nannte er einen „Verbrecher“ und „radikalen Linken“. Und den Richter bezeichnete er als „Trump-hassend, mit einer Trump-hassenden Frau und Familie“.

Am Dienstag musste sich zum ersten Mal ein ehemaliger US-Präsident in einem Strafverfahren verantworten. Donald Trump plädiert in der Schweigegeldaffäre auf nicht schuldig. Am Mittwoch wird die Anklage verlesen.

Drei Fälle, 34 Anklagepunkte

Schon lange bekannt war, dass sich die Ermittlungen auf eine Schweigegeldzahlung von Trumps damaligem Vertrauten Michael Cohen an die Pornodarstellerin Stephanie Clifford, bekannt unter dem Namen Stormy Daniels, konzentrierten. Diese hatte 2006 nach eigenen Angaben eine Affäre mit Trump, die sie während dessen Wahlkampf 2016 publik machen wollte. Die Schweigegeldzahlung an sich ist nicht illegal. Die Rückzahlung des Geldes an Cohen durch Trumps Immobilienimperium wurde aber in zahlreichen Tranchen als Anwaltskosten verbucht.

Die Staatsanwaltschaft erklärte am Dienstag aber nun, nicht nur Stormy Daniels habe vor der Präsidentschaftswahl 2016 Schweigegeld erhalten. Es habe noch in zwei weiteren Fällen ähnliche Zahlungen gegeben, die als Firmenausgaben ausgegeben wurden. Das soll offenbar dazu dienen, die Anklage, die sich nur auf den Fall rund um Stormy Daniels bezieht, zu untermauern.

Demos vor Gericht

Trump ging am Dienstag wortlos in das Gerichtsgebäude in Manhattan, vor dem vielen Fans und Gegner schon seit Stunden gewartet hatten. Die beiden lärmenden Gruppen waren durch Polizeiabsperrungen voneinander getrennt worden. Der Termin fand auf Wunsch der Verteidigung unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, auch Fernsehkameras waren im Gebäude untersagt. Einige wenige Fotografen waren aber zugelassen.

Donald Trump
AP/Seth Wenig
Erstmalig in der Geschichte: Ein früherer US-Präsident wird angeklagt

Im Gebäude, wo Trump tatsächlich vorübergehend in Gewahrsam genommen wurde – so will es das Prozedere –, wurden die bisher unter Verschluss gehaltenen Anklagepunkte vorgetragen. In Summe sind es 34. Es ist davon auszugehen, dass auch Polizeifotos gemacht und Fingerabdrücke abgenommen wurden. Danach wurde Trump ohne Auflagen wieder entlassen. Im Anschluss an den Termin, der rund eineinhalb Stunden dauerte, verließ Trump erneut wortlos das Gericht.

Fälschung von Geschäftsunterlagen

Der 76-Jährige bekannte sich erwartungsgemäß nicht schuldig. Die Anklagepunkte lauten auf Fälschung von Geschäftsunterlagen in 34 Fällen. Dafür drohen bis zu vier Jahre Haft. Eine Haftstrafe im Fall einer Verurteilung wurde in US-Medien aber als wenig wahrscheinlich bezeichnet. Die Anklage betritt auch juristisches Neuland, ihre Erfolgschancen sind daher laut Fachleuten völlig ungewiss.

Laut Anklageschrift haben Trump und andere systematisch versucht, negative Informationen über ihn zu identifizieren, zu kaufen und zu verbergen und so seine Wahlchancen zu erhöhen, hieß es in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft.

Trump habe große Anstrengungen unternommen, um all das zu verbergen, indem er Dutzende falscher Einträge in Geschäftsunterlagen vorgenommen habe. Unter den kriminellen Aktivitäten, die er zu verdecken versucht habe, seien auch Versuche, gegen Wahlgesetze zu verstoßen. Der zuständige Staatsanwalt Alvin Bragg sagte: „Wir können nicht zulassen, dass New Yorker Unternehmen ihre Aufzeichnungen manipulieren, um kriminelles Verhalten zu vertuschen.“

Möglicher Start im Wahljahr

Laut dem zuständigen Richter Juan Merchan, der schon einmal einen Schuldspruch gegen die Trump Organization aussprach, könnte der Prozess – sofern er zustande kommt – im Jänner 2024 beginnen, also in dem Jahr, in dem auch die nächste Präsidentschaftswahl stattfindet, bei der Trump antreten will. Der nächste Gerichtstermin für Trump könnte erst im Dezember stattfinden. Bis dahin gibt es eine Reihe von Anhörungen und die Möglichkeit, verschiedene Anträge zu stellen. Trumps Anwälte könnten versuchen, die Vorgänge zu verzögern und einen Prozess noch zum Platzen zu bringen.

Langpaul (ORF) über Prozess gegen Trump

ORF-Korrespondent Thomas Langpaul berichtet über den Verlauf des Verfahrens und die Demonstrationen vor dem New Yorker Gericht.

Schweigegeld in drei Fällen

Trump ist der erste frühere US-Präsident, der jemals angeklagt wurde und sich einem Strafverfahren stellen muss. Im Zentrum steht dabei eine Zahlung von 130.000 Dollar (rund 120.000 Euro) an die Pornodarstellerin Stormy Daniels.

Anklageschrift
AP/Jon Elswick
Die Anklageschrift offenbarte am Dienstag weitere Schweigegeldzahlungen

Auch Geld für zwei weitere Personen werden unter die Lupe genommen, darunter 30.000 Dollar an einen früheren Türsteher im Trump Tower, der angeblich von einem unehelichen Kind Trumps wusste. Die dritte Person sei eine weitere Frau, die Schweigegeld erhalten haben soll.

Trumps Anwalt Todd Blanche sagte nach dem Gerichtstermin, die Anklage sei traurig und enttäuschend. Die Bekanntgabe der Anklagepunkte zeige, dass „die Rechtsstaatlichkeit in diesem Land gestorben ist“. Man werde dagegen ankämpfen. Über Trumps Gemütszustand sagte Blanche: „Er ist frustriert, er ist verärgert, aber ich sage Ihnen was: Er ist motiviert.“

Weitere Verfahren laufen

Der Ex-Präsident ist nicht nur in der Schweigegeldaffäre im Visier der Justiz. Im Südstaat Georgia laufen Ermittlungen wegen eines möglichen Versuchs der illegalen Einflussnahme auf den Ausgang der Präsidentschaftswahl 2020. Ein US-Sonderermittler prüft zudem Trumps Verantwortung bei der Kapitol-Erstürmung und die Mitnahme von zahlreichen Geheimdokumenten aus dem Weißen Haus in sein Privatanwesen Mar-a-Lago nach dem Ende der Amtszeit des Republikaners.

Demonstranten vor dem Gerichtsgebäude
APA/AFP/Getty Images/Drew Angerer
Schon Stunden vor dem Termin waren Fans und Gegner von Trump vor dem Gerichtsgebäude aufeinandergetroffen

Wählermobilisierung der anderen Art

Trump bezeichnete die Anklage wiederholt als politisch motiviert. Gleichzeitig nutzte er sie, um seine Anhänger zu mobilisieren und Millionen von Dollar an Wahlkampfspenden einzusammeln. Trump will bekanntlich erneut Präsident werden. Rein rechtlich dürfte er auch als verurteilter Straftäter bei der Wahl 2024 antreten, so Fachleute.

Dementsprechend erhält er auch Rückendeckung aus der republikanischen Partei. Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, schrieb auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, Staatsanwalt Bragg habe „unser heiliges Rechtssystem gegen Präsident Donald Trump instrumentalisiert“. Auch Trumps früherer Stellvertreter, Ex-Vizepräsident Mike Pence, bezeichnete die Anklage als „Skandal“. Auch aus Europa erhielt Trump Unterstützung: „Kämpfen Sie weiter, Mr. President! Wir sind mit Ihnen“, schrieb der ungarische Premier Viktor Orban auf Twitter.

Trump-Sieg in alter Verleumdungsklage

Quasi gleichzeitig mit der Anklageerhebung am Dienstag ging Trump in einem anderen Rechtsstreit mit Stormy Daniels als Sieger hervor. Sie muss ihm knapp 122.000 Dollar (etwa 111.000 Euro) an Anwaltskosten erstatten, wie ein Berufungsgericht in Los Angeles laut Medienberichten entschied.

Hintergrund ist eine alte Verleumdungsklage der Schauspielerin gegen Trump. Daniels hatte 2018 darin erklärt, sie sei 2011 auf einem Parkplatz von einem Mann aus dem Trump-Umfeld bedroht worden, damit sie nichts von der Affäre erzählt, die sie nach eigenen Angaben mit Trump gehabt hatte. Der heute 76-Jährige hatte ihr per Twitter vorgeworfen zu lügen. Daniels klagte daraufhin gegen Trump, ihre Klage wurde jedoch abgewiesen.

Der Richter ordnete damals zudem an, sie solle Trumps Anwaltskosten erstatten. Dagegen hatte der Pornostar Berufung eingelegt. Trumps Anwältin Harmeet Dhillon feierte die Entscheidung auf Twitter als Sieg für den Ex-Präsidenten. Insgesamt habe ihre Kanzlei in dem Rechtsstreit rund 600.000 Dollar an Anwaltshonoraren zurückerhalten.