Ein Braunbär liegt auf einer Wiese
IMAGO/Conny Winten/Conny Winten
Nach tödlichem Angriff

Neuer Zwist um Bären im Trentino

Im norditalienischen Trentino ist die Jagd auf einen Bären eröffnet worden. Nach dem Tod eines 26-jährigen Joggers, der von dem Raubtier angegriffen und tödlich verletzt wurde, erteilte die Trentiner Landesregierung die Anordnung, den Bären zu erlegen. Tierschützer und Tierschützerinnen üben scharfe Kritik und sprechen von einem „persönlichen Krieg“ – denn es ist nicht der erste Streit über Bären.

Der junge Mann war am Donnerstagfrüh in der Gemeinde Caldes im bei Wanderern und Touristen beliebten Tal Val di Sole nahe einem Forstweg gefunden worden. Er war am Mittwoch vom Joggen in den Wäldern nicht zurückgekehrt, woraufhin seine Familie Alarm schlug. Der Körper wies schwere Verletzungen auf. Tiefe Kratzer auf dem Körper und im Gesicht, Bisswunden sowie eine tiefe Wunde am Bauch legten bereits zuvor den Verdacht nahe, dass es sich um die Attacke eines Bären handeln könnte. An der Leiche des jungen Mannes wurden entsprechende DNA-Rückstände entdeckt, wie es hieß.

Der Bär soll nun identifiziert und anschließend getötet werden, sagte der Trentiner Landeshauptmann Maurizio Fugatti. In den vergangenen Jahren habe man sich zu oft nur um das Wohlergehen der Tiere gekümmert und dabei die Menschen vergessen, so der Lega-Politiker und amtierende Präsident der Region Trentino-Südtirol. Dieser Weg müsse nun umgekehrt werden, weshalb er die Abschussfreigabe für vier Bären erteilt habe. Neben dem Tier, das den Jogger getötet hat, müssten drei weitere erlegt werden ("MJ5, „JJ4" und M62“).

Fugatti will „Überschuss“ eliminieren

Etwa 100 Bären leben in der bergigen und bewaldeten Gegend in freier Wildbahn. Das sei nicht mehr tragbar, wird Fugatti in „La Stampa“ zitiert. Er verwies auf das Wiederansiedlungsprojekt „Life Ursus“, das im Jahr 1999 mit Unterstützung der Europäischen Union begonnen hatte. Zehn Bären aus Slowenien wurden in die Region Trentino überführt. Die Braunbären im Trentino vermehrten sich und haben in den vergangenen Monaten mehrere Nutztiere gerissen. Ursprünglich hatte man eine Population von 50 Tieren geplant. Fugatti zufolge muss nun gegen diesen „Überschuss“ vorgegangen werden.

Der Landeshauptmann von Trentino, Maurizio Fugatti
Reuters/Guglielmo Mangiapane
Fugatti unterschrieb die Abschussfreigabe für vier Bären – 2011 wollte er Bärenfleisch servieren lassen

Unter Tierschutzorganisationen werden derzeit Proteste gegen die Anordnung der Landesregierung laut, den für den Angriff verantwortlichen Bären zu töten. Tierschützer und -schützerinnen warnten vor der Gefahr einer „Hexenjagd“ gegen die Bären, was nur die Angst unter der Lokalbevölkerung und den Touristen nähren würde. „Fugatti wirft endlich die Maske ab. Sein Ziel ist es nicht, die Sicherheit der Bürger und Bürgerinnen zu gewährleisten, sondern die Bären im Trentino auszurotten“, hieß es in einer Stellungnahme.

Lega wollte Bankett mit Bärenfleisch

Die Nationale Tierschutzorganisation ENPA (Ente Nazionale Protezione Animali) betonte, dass man die Entwicklung der Angelegenheit mit äußerster Besorgnis verfolge und bereit sei, „gegen jede Entscheidung, die gegen das Gesetz verstoßen könnte, gerichtlich vorzugehen. Darüber hinaus erwägt die Rechtsabteilung von ENPA, gegen die Bürgermeister vorzugehen, die nicht alle erforderlichen Präventivmaßnahmen ergriffen haben und weiterhin nicht ergreifen.“

ENPA betonte, dass der Abschuss von Bären nichts mit Prävention zu tun habe und die Politik damit lediglich versuche, schwerwiegende Versäumnisse zu verbergen. Fugattis Plan, die Population zu halbieren, sei nur ein weiteres Kapitel „eines sehr persönlichen Krieges, der mindestens bis 2011 zurückreicht“, so die Organisation. Damals hatten Vertreter und Vertreterinnen der rechten Lega erfolglos versucht, ein Bankett mit Bärenfleisch zu organisieren. Das Fest, das von der Polizei aufgelöst wurde, sei ein Signal an die Anrainer gewesen, „ihr Territorium zurückzuerobern“, zitiert der „Guardian“ damals Fugatti.

Blick über ein Tal in Trentino
Reuters/Fabrizio Bensch
Im Trentino soll es rund 100 Bären geben

Die Internationale Tierschutzorganisation OIPA sprach über den Politiker von einem „von Rachegelüsten getriebenen Verwalter, der auf Vergeltung aus ist“. Man erinnerte zugleich daran, dass im kommenden Oktober in Trentino Landtagswahlen stattfinden. Der WWF Italien sprach sich zwar für die Entfernung des Bären, der den Jogger angriff, aus, weil das Risiko eines ähnlichen Angriffs vorhanden sei. Allerdings müsse der Abschuss „die letzte Lösung sein“. In erster Linie müsse die Politik mehr Geld in Präventivmaßnahmen investieren.

Familie zieht vor Gericht

Der tödliche Angriff des Bären hat auch rechtliche Folgen. Die Familie des Opfers will nämlich vor Gericht ziehen. Medieninformationen zufolge wollen die Angehörigen sowohl die autonome Provinz Trient als auch den italienischen Staat wegen der Rückführung von Bären in das Gebiet anzeigen. Im Visier steht das Projekt „Life Ursus“. Die Wiederansiedlung sei ohne Referendum unter der Bevölkerung umgesetzt worden, so die Kritik.

Vier Bären werden nach Tötung erlegt

Der erste Bärentote Italiens sorgt für internationale Schlagzeilen. Im Trentino ist ein junger Mann beim Joggen von einem Bären angefallen und getötet worden. Das hat die Autopsie ergeben. Jetzt sollen in der Region vier Bären geschossen werden.

Die Familie habe sich bereits rechtlich beraten lassen, hieß es in italienischen Medien. „Sie wollten die Toten, und jetzt gibt es sie. Es werden die Anwälte sein, die für uns sprechen werden“, wird die Mutter des Toten zitiert. „Niemand hat uns verboten, in den Wald zu gehen. Wenn jemand, der auf dem Berg oberhalb seines Hauses spazieren geht, von einem Bären getötet wird, muss vielleicht jemand die Verantwortung übernehmen.“

Der Vorfall hatte international hohe Wellen geschlagen. In Österreich äußerte sich der Tiroler Landesrat für Land- und Forstwirtschaft, Josef Geisler (ÖVP), zu Wort: „Solche Vorfälle hat es in Osteuropa leider Gottes öfter gegeben. Auch wir müssen uns aber, nachdem diese Großraubtiere vermehrt in unsere Zivilisation zurückkehren, rüsten“ – mehr dazu in tirol.ORF.at. Die Situation im Trentino ist allerdings nicht mit Österreich zu vergleichen. Hierzulande ist derzeit der Wolf jener Beutegreifer, der die Schlagzeilen dominiert.