Studien, Gutachten: Veröffentlichungen noch Mangelware

Die österreichische Verwaltung ist der Verschwiegenheit verpflichtet. Seit Anfang des Jahres gilt aber eine neue Veröffentlichungspflicht. Ministerien müssen Studien, Gutachten und Umfragen, die seit 1. Jänner 2023 bei Dritten beauftragt wurden, samt Kosten der Öffentlichkeit zugänglich machen, solange kein Geheimhaltungsgrund vorliegt. Bisher sind Veröffentlichungen aber noch Mangelware.

In einer Anfrageserie wollte NEOS wissen, wo, wie und wann die einzelnen Ministerien ihre in Auftrag gegebenen Studien, Umfragen und Gutachten veröffentlichen. Hintergrund des Anfragereigens ist, dass die neue Bestimmung des Bundesverfassungsgesetzes einige „Auslegungsfragen“ aufwerfe, wie es in einem Rundschreiben des Verfassungsdienstes heißt, das ORF.at vorliegt.

Im Schreiben, das alle Ministerien erhalten und an die jeweiligen Stellen weitergeleitet haben, wird etwa definiert, wann man von Gutachten, Studien und Umfragen spricht und welche Kosten veröffentlicht werden müssen. „Es ist davon auszugehen, dass die Verpflichtung zur Veröffentlichung grundsätzlich eintritt, sobald das erstellte Werk dem Verwaltungsorgan, das es in Auftrag gegeben hat, vorliegt und dessen Kosten feststehen“, so der Rechtsdienst.

Kritik an unterschiedlichen Herangehensweisen

In ihren Anfragebeantwortungen teilten die Ministerien mit, dass sie den Empfehlungen des Verfassungsdienstes folgen werden bzw. diese als Grundlage für detailliertere Regelungen dienen würden. So wurden etwa im Landwirtschafts-, Klimaschutz-, Arbeits- und Innenministerium ressortinterne Vorgaben zur Umsetzung der Veröffentlichung erstellt. Das Verteidigungs- und das Justizministerium arbeiten solche Leitlinien noch aus, die restlichen Ressorts verzichteten bisher darauf.

Seit Anfang des Jahres wurden allerdings kaum Werke veröffentlicht. Das mag daran liegen, dass keine Gutachten, Studien und Umfragen bei Dritten in Auftrag gegeben wurden oder dass diese noch nicht fertiggestellt sind. Einzig auf der Website des Ministeriums von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sind zwei Rechtsgutachten (zum Fall Florian Teichtmeister) publiziert worden.

Der stellvertretende NEOS-Klubobmann Nikolaus Scherak bezeichnet gegenüber ORF.at die „teilweise mangelhafte und unkoordinierte Umsetzung der Ministerien“ als „einigermaßen absurd“. Seit über drei Monaten gebe es eine Bestimmung, die für mehr Transparenz sowie ein einheitliches Vorgehen bei der Veröffentlichung von Studien und Gutachten sorgen soll, „und die Ministerinnen und Minister machen erst recht, wie es ihnen beliebt“, so Scherak.

Kanzleramt wartet auf Rechnung

Der NEOS-Politiker spricht auch das vom Bundeskanzleramt im Auftrag gegebene Gutachten zur Überbezahlung der Staatssekretäre an. Dieses wurde bisher nicht veröffentlicht, obwohl das Kanzleramt das Ergebnis bereits bestätigte: Die amtierenden Staatssekretärinnen und der amtierende Staatssekretär müssen insgesamt 14.408,40 Euro zurückzahlen.

In der Anfragebeantwortung von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) heißt es, dass bisher noch keine Studien, Gutachten und Umfragen im Sinne der neuen Bestimmung veröffentlicht worden seien, da solche noch nicht vorlägen. Laut Scherak ist der Bundeskanzler an der Veröffentlichungspflicht nicht interessiert.

Auf ORF.at-Nachfrage, warum das Gutachten zu den Staatssekretären noch nicht veröffentlicht wurde, hielt das Kanzleramt fest: „Es spricht gar nichts gegen eine Veröffentlichung. Das Gutachten wird entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen veröffentlicht, sobald die Rechnung eingelangt ist und der Akt damit abgeschlossen werden kann.“