Chinesischer Infoscreen zeigt Militärübung bei Taiwan
Reuters/Tingshu Wang
USA für Zurückhaltung

China übt Angriff auf Ziele in Taiwan

China hat dem staatlichen TV-Sender CCTV zufolge am zweiten Tag seiner Militärmanöver rund um Taiwan Angriffe auf wichtige Ziele auf der Insel geübt. Das Militär habe „gemeinsame Präzisionsschläge“ gegen „Schlüsselziele auf der Insel Taiwan und in den umliegenden Gewässern“ simuliert, berichtete CCTV am Sonntag. Die USA riefen China zur Zurückhaltung auf.

CCTV berichtete, Peking habe am zweiten Tag des für drei Tage geplanten Militärmanövers Dutzende Armeeflugzeuge eingesetzt, um „in den anvisierten Luftraum zu fliegen“. Bodentruppen führten zudem Übungen mit „Präzisionsschlägen mit mehreren Zielen“ durch.

Taiwans Verteidigungsministerium entdeckte am Sonntag neun Kriegsschiffe und 58 Militärflugzeuge rund um die Insel. Bei den bis 12.00 Uhr Ortszeit (6.00 Uhr MESZ) rund um die Insel entdeckten chinesischen Militärflugzeugen handle es sich sowohl um Kampfjets als auch um Bomber. Die Bewegungen des chinesischen Militärs würden durch ein gemeinsames Überwachungs- und Aufklärungssystem überwacht.

USA wollen Beruhigung in Region

Die USA riefen Peking angesichts der Militärübung der chinesischen Armee zur Zurückhaltung auf. Die Regierung in Washington beobachte Chinas Handlungen genau, sagte gestern ein Sprecher des US-Außenministeriums. „Wir haben stets zur Zurückhaltung aufgerufen und dazu, den Status quo nicht zu ändern.“ Die Kommunikationskanäle mit Peking blieben weiter geöffnet.

Luftbetankung eines Kampfflugzeugs während der chinesischen Militärübung bei Taiwan
AP/CCTV
China veröffentlichte Videoaufnahmen, die Flugzeuge bei der Übung zeigen

Zugleich sagte der Ministeriumssprecher, dass die USA „über ausreichende Ressourcen und Fähigkeiten in der Region verfügen, um Frieden und Stabilität zu gewährleisten und unsere nationalen Sicherheitsverpflichtungen zu erfüllen“.

Die USA unterstützen Taiwan seit Jahrzehnten beim Aufbau seiner Verteidigungsfähigkeit, bekennen sich aber nicht ausdrücklich dazu, der Insel im Falle eines Angriffs militärisch beizustehen. Mit anderen Ländern in der Region, darunter Japan, haben die USA hingegen einen Verteidigungspakt geschlossen.

Insider berichtet von Übung mit ausländischen Zielen

Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete unter Berufung auf einen Insider, dass Chinas Militär Angriffe aus der Luft und vom Meer aus auch auf „ausländische militärische Ziele“ simuliert habe. „Taiwan ist nicht ihr einziges Ziel“, sagte der Insider, der mit der Sicherheitslage in der Region vertraut ist. „Es ist sehr provokant.“ Er äußerte sich unter der Bedingung der Anonymität, da er nicht befugt war, mit der Presse zu sprechen.

Die Angriffe auf ausländische Ziele seien in den Gewässern vor Taiwans Südwestküste abgehalten worden. Zudem stünden sich an der Mittellinie in der Straße von Taiwan etwa zwanzig Kriegsschiffe gegenüber – je die Hälfte aus China und Taiwan, sagte der Insider weiter. Sie verhielten sich aber nicht provozierend. Die Mittellinie gilt seit Jahren als nicht offizielle Grenze zwischen China und Taiwan. Chinas Flugzeugträger „Shandong“, den Taiwan seit vergangener Woche überwache, befinde sich mehr als 400 Seemeilen vor der Südostküste Taiwans und halte Übungen ab.

Taipeh kritisiert Peking scharf

Die chinesische Armee bezeichnete die dreitägige Militärübung nahe Taiwan als eine „Warnung“ an „separatistische Kräfte“. Staatlichen chinesischen Medien zufolge soll dabei auch die Einkreisung Taiwans geübt werden. Taipeh verurteilte das Manöver und warf Peking vor, die regionale Sicherheit zu gefährden.

Die taiwanische Präsidentin Tsai Ing-wen warf Peking einen „autoritären Expansionismus“ vor. Sie stellte klar, dass Taiwan „weiterhin mit den Vereinigten Staaten und anderen Ländern (…) zusammenarbeiten wird, um die Werte von Freiheit und Demokratie zu verteidigen“.

Taiwans Präsidentin traf führenden US-Politiker

Erst am Mittwoch hatte Tsai den Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, zu Gesprächen getroffen. Die Begegnung in Kalifornien war die erste dieser Art auf US-amerikanischem Boden. Dabei bedankte sich Tsai bei den USA für ihre fortwährende Unterstützung. Im Hinblick auf China sagte sie: „Wir befinden uns wieder einmal in einer Welt, in der die Demokratie bedroht ist.“

Chinesische Kriegsschiffe nahe Taiwan
AP/CCTV
Auch chinesische Kriegsschiffe kamen bei der Übung zum Einsatz

Die chinesische Regierung hingegen sprach von einem „ungeheuerlichen Fehlverhalten“ und wertete das hochrangige Treffen als schwere Provokation. Aus Protest sanktionierte China unter anderem die Ronald-Reagan-Präsidentenbibliothek in Simi Valley, wo das Treffen zwischen Tsai und McCarthy stattfand.

Xi bekräftigt Machtanspruch Pekings

Die kommunistische Führung in Peking betrachtet die demokratisch regierte Insel Taiwan als Teil der Volksrepublik und versucht das Eiland mit seinen 23 Millionen Bewohnerinnen und Bewohnern politisch zu isolieren. Regelmäßig droht Peking zudem, Taiwan notfalls auch mit militärischen Mitteln erobern zu wollen.

Am Donnerstag bekräftigte Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping bei einem Treffen mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Peking den Machtanspruch auf die Insel: „Zu erwarten, dass China in der Taiwan-Frage kompromissbereit ist, ist nur Wunschdenken. Wer das tut, wird sich nur selbst ins Knie schießen.“

Pelosi-Besuch löste Krise aus

Ein Besuch von McCarthys Vorgängerin Nancy Pelosi von den Demokraten im August in Taiwan hatte zu einer schweren Krise geführt. Damals simulierte die chinesische Volksbefreiungsarmee eine militärische Inselblockade.

Der Konflikt um Taiwan ist ein zentrales Streitthema zwischen der Volksrepublik China und den Vereinigten Staaten. Washington hat sich der Verteidigungsfähigkeit Taiwans verpflichtet, was auch Waffenlieferungen umfasst. Beobachter befürchten, an dem Streit könnte sich potenziell eine militärische Konfrontation zwischen den zwei Weltmächten entfachen.