Pilot eines Kampfflugzeugs während der chinesischen Militärübung bei Taiwan
Reuters/PLA
USA, China, Japan

Deutliche Drohgebärden im Taiwan-Konflikt

Im Konflikt um Taiwan stehen die Zeichen zunehmend auf Eskalation. China absolvierte am Montag den dritten Tag in Folge Manöver vor der Insel, als „Warnung“, wie es hieß. Die EU zeigt sich mittlerweile besorgt, Japan entsandte Kampfflugzeuge zur Beobachtung des Geschehens. Die USA ließen demonstrativ einen Zerstörer im Südchinesischen Meer aufkreuzen, um Chinas Ansprüche dort infrage zu stellen.

Frieden in der Straße von Taiwan und die Unabhängigkeit der Insel sind nach Auffassung der Führung in Peking nicht vereinbar. „Die Unabhängigkeit Taiwans und der Frieden und die Stabilität in der Straße von Taiwan schließen sich gegenseitig aus“, sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Wang Wenbin, am Montag. „Wenn wir den Frieden und die Stabilität (…) schützen wollen, müssen wir jeder Form des Separatismus für eine Unabhängigkeit Taiwans entschieden entgegentreten.“

Die EU äußerte sich wegen der Drohgebärden besorgt und rief zur Zurückhaltung auf. Spannungen müssten durch Dialog gelöst werden, sagte Nabila Massrali, Sprecherin der EU-Kommission für auswärtige Angelegenheiten, am Montag in Brüssel. Eine Eskalation habe weltweit enorme Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Sicherheitslage. „Wir sind besorgt über die Intensivierung der militärischen Aktivitäten der Volksbefreiungsarmee in der Straße von Taiwan und rings um Taiwan, inklusive eines Eindringens in die taiwanische Luftverteidigungszone und des Überschreitens der Mittellinie.“

Gefährlich nahe an der Küste

Die Straße von Taiwan ist eine vielbefahrene Schifffahrtsroute und enorm wichtig für den weltweiten Handel. Ihre Mittellinie gilt als nicht offizielle Grenze zwischen China und Taiwan. Kürzlich hatte US-Außenminister Anthony Blinken vor einer globalen Wirtschaftskrise gewarnt, sollte der Konflikt um Taiwan auch militärisch eskalieren. Die Übungen der chinesischen Volksbefreiungsarmee laufen seit Tagen. Schiffe patrouillierten vor Taiwan, die Luftwaffe führte Angriffe auf Ziele auf dem chinesischen Festland durch, wie die Armeeführung in Peking mitteilte.

Die Manöver sind aus Sicht Chinas eine Reaktion auf den Zwischenstopp der taiwanischen Präsidentin Tsai Ing-wen auf dem Rückweg von einer Mittelamerika-Reise in den USA. In Kalifornien war die Präsidentin am Mittwoch mit dem Vorsitzenden des US-Abgeordnetenhauses, Kevin McCarthy, zusammengetroffen – protokollarisch die Nummer drei der USA. Es war das erste Treffen dieser Art auf US-amerikanischem Boden.

Dutzende Flugzeuge und Kriegsschiffe

Ursprüngliche Ursache des aktuellen Konflikts zwischen Peking und Washington war ein Besuch von McCarthys Vorgängerin Nancy Pelosi im August gewesen. Auch damals reagierte China mit großangelegten Manövern und militärischen Drohgebärden vor Taiwan. Aktuell berichtete das Verteidigungsministerium in Taipeh von knapp 60 chinesischen Flugzeugen und elf Kriegsschiffen binnen 24 Stunden vor der Küste der Insel. Laut eigenen Worten simulierte die chinesische Armee eine „Abriegelung“ Taiwans. Am Montag ging die Übung zu Ende.

TV-Übertragung der Militärübung in einem chineschischen Restaurant
Reuters/Tinshu Wang
Liveübertragung der Manöver in einem Restaurant in Peking

Zwei Drittel der Kampfjets hätten die früher noch als inoffizielle Grenze respektierte Mittellinie der Meerenge der Taiwan-Straße überquert und seien auch in die taiwanische Luftüberwachungszone (ADIZ) eingedrungen, die als eine Art Pufferzone zur Volksrepublik dient. Die kommunistische Führung in Peking betrachtet das unabhängig regierte Taiwan als Teil der Volksrepublik und droht mit einer Eroberung. China lehnt außerdem offizielle Kontakte anderer Länder zu Taiwan entschieden ab.

Japan schickt Kampfjets zur Beobachtung

Als Reaktion auf chinesische Militärmanöver vor Taiwan hat auch Japan nach eigenen Angaben in den vergangenen Tagen mehrere Kampfjets mobilisiert. Die japanischen Streitkräfte hätten seit Freitag den chinesischen Flugzeugträger Shandong und mehrere andere Marineschiffe in dem Gebiet südlich der japanischen Miyako-Inselgruppe beobachtet, erklärte der japanische Generalstab am Montag. Es seien zu diesem Zweck „zwei Eskorten entsandt worden“.

Chinesische Küstenwache nahe Taiwan
APA/AFP/Greg Baker
Säbelrasseln vor der Küste Taiwans

Die japanischen Kampfjets seien „als Reaktion auf die Landungen und Starts der Kampfjets an Bord der Shandong“ gestartet. Insgesamt bestätige er „etwa 120 Landungen und Abflüge auf dem Flugzeugträger Shandong – 80-mal durch Kampfflugzeuge und 40-mal durch Hubschrauber“, erklärte der Generalstab in Tokio.

US-Zerstörer vor von China beanspruchten Inseln

Der Konflikt um Taiwan ist ein zentrales Streitthema zwischen China und den USA. Washington hat sich seit 1979 der Verteidigungsfähigkeit der Insel verpflichtet, was bisher meist Waffenlieferungen bedeutete. Beobachter befürchten, an dem Streit könnte sich potenziell eine militärische Konfrontation zwischen den zwei Weltmächten entfachen. Auch streiten die USA und China über die chinesischen Territorialansprüche im Südchinesischen Meer.

Der US-Zerstörer Milius
Reuters/PLA
Die „USS Milius“ auf einem Archivbild im Südchinesischen Meer (2021)

Inmitten der zunehmenden Spannungen dort absolvierte der amerikanische Lenkwaffenzerstörer „USS Milius“ am Montag einen Einsatz nahe dem Mischief-Atoll der Spratly-Inseln. Wie die siebente US-Flotte mitteilte, habe man damit die Freiheit der Navigation in dem von China und anderen Staaten beanspruchten Meeresgebiet unterstreichen wollen. Anschließend habe das US-Kriegsschiff das Gebiet wieder verlassen.

„Unrechtmäßige und weitreichende Ansprüche“

Das Riff sei im natürlichen Zustand von Wasser überspült und erlaube daher nach der Seerechtskonvention keine Territorialansprüche, hieß es in der Mitteilung. Chinas Landgewinnung sowie die errichteten Anlagen dort änderten daran nichts. „Unrechtmäßige und weitreichende Ansprüche im Südchinesischen Meer stellen eine ernste Gefahr für die Freiheit der Meere dar, einschließlich der Freiheit der Navigation und des Überfluges, des freien Handels und ungehinderter Geschäfte.“

Taiwan: China setzt Militärmanöver fort

Im Konflikt zwischen den USA und China verstärken beide Supermächte ihre Drohgebärden. Peking setzte seine Großmanöver, bei denen eine „Abriegelung“ Taiwans simuliert wird, am Montag fort. Schiffe und Flugzeuge näherten sich der Insel, die Luftwaffe führte Schießübungen durch.

China beansprucht fast das gesamte Südchinesische Meer für sich und hat künstliche Inseln aufgeschüttet, um seine Ansprüche zu untermauern. Das betrifft auch strategisch wichtige und ressourcenreiche Gebiete, die Länder wie Indonesien, Malaysia und die Philippinen für sich reklamieren. Die USA und Chinas Nachbarn werfen Peking eine zunehmende Militarisierung der Region vor. Der internationale Schiedsgerichtshof in Den Haag wies die chinesischen Gebietsansprüche 2016 zurück. China ignoriert das Urteil.