Zahl der Toten im Mittelmeer so hoch wie 2017 nicht mehr

Auf dem Weg über das Mittelmeer sind nach UNO-Angaben in den ersten drei Monaten dieses Jahres so viele Geflüchtete ertrunken wie seit sechs Jahren nicht mehr. Zwischen Jänner und März verloren 441 Menschen auf dieser Route Richtung Europa ihr Leben, wie die Internationale Organisation für Migration (IOM) gestern mitteilte. Erst am Dienstag starben nach Angaben der tunesischen Küstenwache zufolge zehn Menschen beim Versuch, das Mittelmeer zu überqueren.

Als Gründe für den Anstieg der Totenzahlen nannte IOM-Direktor Antonio Vitorino „Verspätungen und Lücken“ bei den europäischen Such- und Rettungsmissionen. Bei mindestens sechs Unglücken seit Beginn des Jahres hätten Verzögerungen bei der Rettung dazu geführt, dass insgesamt 127 Menschen gestorben seien. Bei einem siebenten Unglück sei keine Hilfe geschickt worden. Die EU habe ihre Versuche, Flüchtlinge in Seenot zu finden und zu retten, in den vergangenen Monaten stark zurückgefahren.

„Menschliche Katastrophe nicht hinnehmbar“

„Die menschliche Katastrophe, die sich im Mittelmeer ereignet, ist nicht hinnehmbar“, sagte Vitorino. Er forderte „eine proaktive Koordination der EU-Staaten“ bei der Suche und Rettung von in Seenot geratenen Geflüchteten. Seit 2014 seien mehr als 20.000 Menschen im Mittelmeer gestorben.

Bei dem jüngsten Flüchtlingsunglück vor der tunesischen Küste am Dienstag konnten 72 Menschen gerettet werden, 20 bis 30 Geflüchtete würden noch vermisst, teilte die tunesische Küstenwache am Mittwoch mit. Erst am vergangenen Wochenende waren in der gleichen Region 27 Geflüchtete aus Staaten südlich der Sahara ums Leben gekommen.

3.000 Geflüchtete allein am Osterwochenende in Italien

Tunesien ist ein wichtiges Transitland für Geflüchtete, die über die gefährliche Mittelmeer-Route nach Europa gelangen wollen. Die italienische Insel Lampedusa liegt weniger als 150 Kilometer von der tunesischen Küste entfernt. Laut IOM haben allein am Osterwochenende 3.000 Geflüchtete Italien erreicht. Seit Beginn des Jahres seien mehr als 31.000 Menschen dort angekommen.

Die Überquerung des zentralen Mittelmeers gilt als die weltweit tödlichste Route für Migranten und Flüchtlinge. Dennoch wagen jährlich Zehntausende auf oft kaum seetüchtigen Booten in der Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa die gefährliche Überfahrt.