Start einer Ariane-5-Rakete mit der Jupitersonde Juice
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Acht Jahre unterwegs

ESA-Sonde zum Jupiter erfolgreich gestartet

Die Raumsonde „Jupiter Icy Moons Explorer“ („JUICE“) der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) ist am Freitag vom Raumfahrtbahnhof Kourou in Französisch-Guyana zu einer achtjährigen Reise zum Jupiter gestartet, nachdem der Start am Donnerstag verschoben werden musste. Ab 2031 soll sie den Gasriesen Jupiter und seine drei großen Eismonde Ganymed, Kallisto und Europa erforschen. Zentrale Frage der – mit Technik und Know-how aus Österreich ausgerüsteten – Mission ist, ob Leben in den Ozeanen der Monde möglich ist.

Für die erste Erkundungstour der ESA ins äußere Sonnensystem wird die 5,2 Tonnen (Startgewicht) schwere Sonde zunächst acht Jahre unterwegs sein. Dabei wird sie einmal um die Venus und dreimal um die Erde fliegen, um Schwung für die lange Reise zu holen. Geplante Ankunft an dem mit einem Äquatordurchmesser von rund 143.000 Kilometern größten Planeten des Sonnensystems ist im Juli 2031.

Dann wird die Sonde in mehr als drei Jahren 35 Vorbeiflüge an Europa, Kallisto und Ganymed absolvieren. Anschließend wird die gewaltige Schwerkraft des Jupiters genutzt, um das Raumschiff in eine Umlaufbahn um Ganymed zu steuern. Bis September 2035 wird „JUICE“ diesen größten Mond des Sonnensystems umkreisen – als erste Sonde, die jemals in den Orbit um einen anderen Mond als den Erdmond einschwenkt. Am Ende der Mission soll sie kontrolliert zum Absturz auf Ganymed gebracht werden.

Gasriese soll besser verstanden werden

„JUICE“ wird das Jupitersystem als Musterbeispiel für Gasriesen im Universum untersuchen. Dafür nimmt die Sonde die komplexe Umgebung des Planeten mit seinen mehr als 90 Monden unter die Lupe. Um zu verstehen, wie ein typischer Gasriese entstanden ist, wie er funktioniert und seine Monde geformt hat bzw. diese ihn formen, werden die turbulente Atmosphäre des Jupiters, sein starkes Magnetfeld sowie seine Staubringe und kleineren Monde analysiert.

Die Raumsonde „JUICE“ der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) ist vom Raumfahrtbahnhof Kourou in Französisch-Guyana zu einer achtjährigen Reise zum Jupiter gestartet. Die bisher aufwendigste Mission der ESA kostet rund 1,6 Milliarden Euro. Zentrale Frage der Mission ist, ob Leben in den Ozeanen der Eismonde des Jupiters möglich ist.

Für die Wissenschaft gibt es viele Fragen zu klären: Warum schrumpft der große rote Fleck des Planeten, und welche chemischen Prozesse finden in seinem Inneren statt? Wie beeinflusst sein gewaltiges Magnetfeld die Bedingungen auf den Eismonden? Wie sieht die vulkanische Aktivität auf dem Jupitermond Io aus?

Eismonde als „primäres Ziel“

Im Mittelpunkt des Interesses stehen aber die drei Eismonde, insbesondere der riesige Ganymed, den die ESA als „primäres Ziel“ bezeichnet. Man geht davon aus, dass Ganymed, Kallisto und Europa unter ihren Eiskrusten Ozeane aus flüssigem Wasser beherbergen. Das wäre eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür, dass es dort Leben geben könnte oder einmal gegeben hat.

Ein direkter Nachweis von Leben wird bei der 1,6 Mrd. Euro teuren Mission nicht möglich sein. Sie soll vielmehr herausfinden, ob es dort Orte geben könnte, an denen es Bedingungen wie Wasser, biologisch wichtige Elemente, Energie und Stabilität gibt, die Leben ermöglichen könnten.

Raumsonde JUICE (Jupiter Icy moons Explorer) der europäischen Weltraumorganisation ESA
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„JUICE“ im ESA-Hangar

Europa unter starker Strahlung

Angela Dietz vom Kontrollzentrum der ESA im deutschen Darmstadt sah dafür bei der Präsentation der Mission bei Europa „die größte Wahrscheinlichkeit“, weil dieser Mond näher am Jupiter ist und damit mehr Wärme und Energie besitzt. Europa ist mit einem Durchmesser von rund 3.100 Kilometern der kleinste der vier großen Jupitermonde, die auch „Galileische Monde“ genannt werden, und nur etwas kleiner als der Erdmond (3.500 Kilometer).

„JUICE“ wird – wegen der starken Strahlung um diesen nahe Jupiter gelegenen Mond – nur zweimal an Europa vorbeifliegen und sich dabei seiner zerfurchten Eisoberfläche, aus der Wasserdampf über Geysire ins All entweicht, auf 400 Kilometer annähern. Die Raumsonde wird dabei nach Biosignaturen und Wassereinlagerungen suchen und seine Oberfläche, seinen Untergrund und seine Geologie untersuchen.

Techniker der europäischen Weltraumorganisation ESA arbeiten an der Raumsonde JUICE (Jupiter Icy moons Explorer)
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ESA-Techniker arbeiten an „JUICE“

Gleich 21-mal wird „JUICE“ an Kallisto, dem mit einem Durchmesser von 4.800 Kilometern zweitgrößten Jupitermond und drittgrößten Mond des Sonnensystems, vorbeifliegen und sich dabei der stark verkraterten und inaktiven Oberfläche auf 200 Kilometer nähern. Hauptziel der Analysen dieses Trabanten sind laut ESA Einblicke in die Umgebung des frühen Jupiters.

Ganymed: Ein Mond mit Magnetfeld

Warum Ganymed so einzigartig ist, steht im Mittelpunkt der Erforschung dieses mit rund 5.300 Kilometer Durchmesser größten Mond des Sonnensystems, der sogar die Größe des Merkur übertrifft. Ganymed ist der einzige Mond im Sonnensystem, der sein eigenes Magnetfeld erzeugt. Bei zwölf Vorbeiflügen in 400 Kilometer Entfernung und dem anschließenden Orbit in 500 Kilometer Höhe soll nicht nur dieses Magnetfeld erforscht werden, sondern auch der verborgene Ozean, der Kern des Himmelskörpers und seine Interaktion mit Jupiter.

Um all das zu bewerkstelligen, hat „JUICE“ zehn Instrumente an Bord, zur Messungen von Magnet- und Gravitationsfeldern sowie von geladenen Teilchen und zur Untersuchung der Oberflächen mit Kameras und Spektrometern in einem weiten Wellenlängenbereich. Neben diesen optischen Kamera- und Fernerkundungssystemen zählen u. a. ein Radarecholot, ein Laserhöhenmesser und ein Magnetometer dazu.

Angela Dietz, Missionsingenieurin bei der Jupiter-Mission der Europäischen Weltraumorganisation, sitzt im Europäischen Raumflugkontrollzentrum (ESOC) in Darmstadt (Deutschland)
APA/dpa/Sebastian Gollnow
Angela Dietz, Missionsingenieurin der Jupitermission, im Raumflugkontrollzentrum in Deutschland

Mit dem Laserhöhenmesser soll etwa die Oberfläche Ganymeds vermessen werden, u. a. um Informationen über die Gezeitendeformation zu erhalten, die durch die enorme Anziehungskraft des Gasriesen verursacht wird. Solche Höhenänderungen könnten auch Aussagen darüber ermöglichen, ob ein globaler Ozean auf Ganymed vorhanden ist, wie es Modellrechnungen voraussagen.

Forschung aus Österreich dabei

Österreich ist eines von 23 Ländern, die an „JUICE“ mitgewirkt haben. Dabei ist das Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Graz gleich an drei Instrumenten beteiligt. Gemeinsam mit dem Institut für Experimentalphysik der Technischen Universität (TU) Graz haben die IWF-Forscher ein neuartiges Quanteninterferenz-Magnetometer entwickelt – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Es ist Teil eines magnetischen Sensorsystems, das zusammen mit dem Imperial College London und der TU Braunschweig gebaut wurde. Der Grazer Sensor sitzt dabei am Ende eines zehn Meter langen Auslegers, um nicht durch Magnetfelder der Sonde gestört zu werden.

„Sprichwörtlich hineinschauen“

Mit den Magnetometern sollen speziell die Ozeane unter der Eisschicht der Monde untersucht werden. Bei deren Bewegung durch Jupiters Magnetfeld sollten im Wasser elektrische Ströme induziert werden, die wiederum Magnetfelder erzeugen. Durch deren Messung „können wir sprichwörtlich in die Monde hineinschauen. Je genauer wir das Magnetfeld kennen, umso besser lassen sich die tief liegenden Ozeane erforschen“, sagte Werner Magnes vom IWF.

Der Sensor aus Graz registriert kleinste Magnetfeldschwankungen, aus denen die Forscher die Größe der Ozeane bestimmen wollen. In Kombination mit den Daten der anderen Instrumente mit IWF-Beteiligung hoffen sie auch, den Salzgehalt des Wassers unter dem Eis genauer zu ermitteln.

Illustration der Raumsonde JUICE (Jupiter Icy moons Explorer) neben einem Jupiter-Mond
APA/EPA/NASA
So stellt man sich die Mission im Weltraum vor

Extreme Umgebung für Messinstrumente

Die Kalibrierung der Magnetfeldsensoren ermöglichte GeoSphere Austria in seinem unterirdischen, aufgrund seiner Abgeschiedenheit magnetisch völlig ungestörten Conrad-Observatorium auf dem Trafelberg in Niederösterreich. Das IWF war zudem an der Kalibrierung der Antennen des Radiowelleninstruments beteiligt und ist Mitglied im Team für das Instrument zur Messung geladener Teilchen. Von der Wiener Firma Terma stammen die Stromversorgung der Raumsonde auf der Startrampe sowie Equipment zum Testen der Funkverbindung mit „JUICE“.

Eine besondere Herausforderung an die Instrumente stellt die extreme Umgebung dar. Die Sonde ist beim Vorbeiflug an der Venus plus 250 Grad Celsius ausgesetzt, beim Vorbeiflug am Jupiter minus 230 Grad Celsius. Für eine stabile Innentemperatur sorgt die von der Wiener Weltraumfirma Beyond Gravity gefertigte Thermalisolation von „JUICE“, die zum Teil aus mehr als 20 Lagen beschichteter Polyimidfolie besteht und im Vakuum des Weltraums die Isolationswirkung einer meterdicken Ziegelmauer erzielen soll.

Zudem müssen Schutzschilde die empfindliche Elektronik vor der intensiven Strahlung um Jupiter schützen. Herausfordernd auch das im Vergleich zur Erde 25-mal schwächere Sonnenlicht, das von Solarzellen mit einer Fläche von 85 Quadratmetern eingefangen wird. Dazu kommt die Entfernung von Millionen Kilometern zur Erde, weshalb auch ein leistungsstarker Bordcomputer einige Probleme selbst lösen soll.