Supreme-Court-Richter Samuel Alito setzte am Freitag die Anordnung von US-Bundesrichter Matthew Kacsmaryk bis Mittwoch aus, um dem Höchstgericht mehr Zeit zur Prüfung des Antrags zu geben. Die Frist läuft bis Mittwoch um Mitternacht. Alito wird den Fall wahrscheinlich an das gesamte Gericht weiterleiten, das mit einer konservativen 6:3-Mehrheit besetzt ist.
Zumindest bis Mittwoch wird es keine neuen Beschränkungen für Mifepriston geben. Im vergangenen Jahr hatte der Supreme Court mit seiner konservativen Mehrheit das landesweite Recht auf Abtreibung gekippt, das fast 50 Jahre lang Gültigkeit hatte.
Zwei Urteile im Fokus
Das Medikament Mifepriston wird meist gemeinsam mit Misoprostol zum Abbruch einer Schwangerschaft innerhalb der ersten zehn Wochen eingesetzt. Diese medikamentöse Form macht mehr als die Hälfte aller Abtreibungen in den USA aus. Abtreibungsgegner klagten die US-Arzneimittelbehörde Food and Drug Administration (FDA) in Texas, mit dem Argument, dass es sich bei der Zulassung von Mifepriston um ein rechtswidriges Verfahren gehandelt habe. Sie wollen den Zugang zu medikamentöser Abtreibung erschweren.
Bundesrichter Kacsmaryk setzte Anfang April mit einer einstweiligen Verfügung die Zulassung des Medikaments für die Dauer des Rechtsstreits aus. Wenige Minuten nach diesem Urteil ordnete US-Bezirksrichter Thomas Rice in Washington an, dass die FDA keine Änderungen am Zugang zu Mifepriston vornehmen dürfe. Diese Entscheidung gilt allerdings nur für 17 von den Demokraten geführte Bundesstaaten und den District of Columbia, die dafür plädiert hatten, dass die Regierung die besonderen Sicherheitsbeschränkungen für die Pille lockern sollte.
Berufungsgericht stimmte Einschränkungen zu
Die Regierung Biden erklärte in ihrer Petition an den Obersten Gerichtshof, dass die FDA nicht beiden Anordnungen nachkommen kann. Am Mittwoch entschied ein Bundesberufungsgericht auf Antrag der US-Regierung, dass das Medikament auf dem Markt bleiben kann, allerdings mit erheblichen Einschränkungen, etwa der Auflage, dass es von einem Arzt persönlich abgegeben werden muss, und einer Begrenzung der Anwendung auf die ersten sieben statt bisher zehn Schwangerschaftswochen.
Die Regierung bittet nun den Obersten Gerichtshof, dieses Berufungsurteil aufzuheben und Kacsmaryks Anordnung in ihrer Gesamtheit auszusetzen, sodass Mifepriston ohne neue Einschränkungen weiterhin erhältlich wäre, solange die Klage anhängig ist.
Einschränkungen hätten ab Samstag gegolten
Durch die vorläufige Aufrechterhaltung des Zugangs zu Mifepriston hält zunächst die Entscheidung des Berufungsgerichts vom Mittwoch auf. Diese sollte bereits am Samstag in Kraft treten. Das hätte auch erforderlich gemacht, dass das Medikament in Anwesenheit eines Arztes eingenommen wird, was die Abgabe an Patientinnen ausschließt.
Keines der Urteile betrifft die andere Abtreibungspille Misoprostol, die allein zur Beendigung von Schwangerschaften verwendet werden kann, aber wirksamer ist, wenn sie in Kombination mit Mifepriston eingenommen wird.
Monatelanges Berufungsverfahren zu erwarten
Unabhängig davon, ob der Oberste Gerichtshof beschließt, die Anordnung von Kacsmaryk auszusetzen oder nicht, wird er nicht über den Inhalt des Falles entscheiden. Vielmehr wird das Gericht entscheiden, ob und wie Mifepriston verteilt werden kann, solange der Fall anhängig ist.
Jedenfalls wird der Fall an das Bundesberufungsgericht zurückverwiesen, wo die FDA gegen die einstweilige Verfügung von Kacsmaryk Berufung einlegen wird. Mitte Mai ist dafür bereits eine Verhandlung angesetzt. Das Berufungsverfahren könnte Monate dauern – und auch hier kann der Supreme Court wieder ins Spiel kommen.