Frauen auf der Straße in Teheran
Reuters/Wana News Agency
Iran

Kopftuchpflicht wird per Kamera überwacht

Die iranische Polizei will wie angekündigt mit besonderer Härte gegen Frauen vorgehen, die sich nicht an die Kleidervorschriften der Islamischen Republik halten. Dabei geht es insbesondere um Verstöße gegen das obligatorische Tragen eines Kopftuchs. Auch Videoüberwachung kommt dafür zum Einsatz.

Ab sofort will die Polizei konsequent gegen Frauen vorgehen, die an „öffentlichen Plätzen, in Fahrzeugen und an anderen Orten“ gegen das Kopftuchgebot verstoßen, hieß es in einer am Samstag auf der Website der Behörde veröffentlichten Erklärung. Dabei würden auch Technologien zur Identifizierung der Betroffenen eingesetzt.

Wer gegen die Kleidungsvorschriften verstoße, erhalte eine Warnung per Textnachricht, berichtete die Nachrichtenagentur Tasnim. Die Kamerasoftware mache keine Fehler. Es sei aber möglich, Einwände zu erheben. Anfang April hatten die Behörden angekündigt, die Vorschriften an Universitäten wieder strenger durchzusetzen. Studentinnen, die sich nicht an die Gesetze halten, sollen demnach vom Unterricht ausgeschlossen werden.

Auch Unternehmen betroffen

Den Hidschab abzunehmen, sei eine Straftat, wurde der Chef der Sicherheitspolizei, Hassan Mofachami, zitiert. Wer gegen das Gesetz verstoße, solle dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Das gelte auch für Unternehmen, die es zulassen, dass Frauen am Arbeitsplatz ihr Kopftuch ablegen. Auch sie würden zunächst verwarnt, im Wiederholungsfall müssten sie aber mit ihrer Schließung rechnen.

Ende März hatte der Leiter der iranischen Justizbehörde, Gholamhossein Mohseni Edschei, angekündigt, dass das Ablegen des Schleiers als „Feindschaft gegenüber den Werten“ des Iran angesehen und entsprechend bestraft werde. Die Polizei hatte bereits vor einer Woche den Einsatz von „intelligenten Kameras und anderer Geräte“ auf öffentlichen Plätzen und Straßen angekündigt, um Verstöße gegen die Kleiderordnung zu ahnden. Das solle auch Autobesitzerinnen und -besitzer betreffen, falls eine der Insassinnen ohne Hidschab angetroffen werde. Im Wiederholungsfall droht die Beschlagnahme des Fahrzeugs.

Menschen auf der Straße in Teheran
Reuters/Wana News Agency
Der Widerstand gegen das Regime hält weiter an. Nun sollen Verstöße systematisch geahndet werden.

Kopftuch als Symbol des Widerstands

Der demonstrative Verzicht auf ein Kopftuch, das das Haar bedeckt, ist zu einem zentralen Symbol des Widerstands gegen die Regierung in Teheran geworden. Ausgelöst wurden die seit Monaten anhaltenden Proteste durch den Tod der 22-jährigen Mahsa Amini, die Mitte September in Polizeigewahrsam starb. Die Religionspolizei hatte sie festgenommen, weil sie ihr Kopftuch falsch getragen haben soll.

Eine große Protestwelle war die Folge. Nach Einschätzung von Menschenrechtlerinnen und -rechtlern sind seit Beginn der Proteste im September 2022 mehr als 500 Menschen getötet und fast 20.000 festgenommen worden. Inzwischen hat sich die Protestbewegung nach der Hinrichtung von Demonstrierenden jedoch abgeschwächt. Allerdings zeigen immer mehr Iranerinnen durch den Verzicht auf das Kopftuch ihre Ablehnung der Regierung in der Öffentlichkeit – und nehmen damit große Risiken auf sich.

Regime unter Druck

Ob und wie stark das iranische Regime und seine religiöse und militärische Führungsschicht von den Protestaktionen und Kundgebungen angeschlagen sind, ist unklar. Bisher gelang es immer, die Proteste niederzuschlagen – mit großer Brutalität. Die Regierung steht jedoch zunehmend – auch wirtschaftlich – unter Druck.

Die internationale Kritik am Vorgehen des iranischen Staates ist und war groß und könnte mit einem Wiederanschwellen der Proteste ebenfalls wieder wachsen. Wegen des gewaltsamen Vorgehens gegen die Demonstranten und Demonstrantinnen wurden gegen das Regime weitere Sanktionen verhängt, die zu einer internationalen Isolierung des Landes geführt haben.

Sanktionen gelten daher als größtes Druckmittel des Westens und treffen offenbar auch. Die Regierung steckt wirtschaftlich in der schlimmsten Krise der iranischen Geschichte. Die nationale Währung Rial hat stark an Wert verloren, eine Besserung der Lage ist nicht in Sicht. Die Proteste stürzten die politische Führung bereits in die schwerste Krise seit Jahrzehnten.