Rauch in der Nähe von Khartum
AP/Marwan Ali
Unklare Lage

Schwere Kämpfe im Sudan halten an

Im afrikanischen Sudan dauern die schweren Gefechte an. Bis Sonntagfrüh sollen zahlreiche Menschen ums Leben gekommen und Hunderte verletzt worden sein. Am Samstag war der Machtkampf zwischen den regulären Streitkräften und Paramilitärs eskaliert. Gekämpft wird in mehreren Städten, in der Hauptstadt Khartum vor allem um das Generalkommando der Armee. Die aktuelle Lage ist unklar.

Die BBC berichtete Sonntagvormittag von rund 60 toten Zivilistinnen und Zivilisten und bis zu 600 Verletzten. Die Gefechte in Khartum konzentrierten sich vor allem auf das Hauptquartier der Armee, den Präsidentenpalast und den Sitz des nationalen TV-Senders. Sowohl die reguläre Armee als auch die Miliz Rapid Support Forces (RSF) behaupteten, sie kontrollierten den internationalen Flughafen und weitere strategische Schlüsselpositionen in der Hauptstadt.

Im Zuge der Kämpfe wurden auch drei Mitarbeiter des Welternährungsprogramms (WFP) in Kabkabiya in Norddarfur getötet. „Ich bin auch äußerst entsetzt über die Berichte über den Einschlag von Geschoßen in UNO- und anderen humanitären Einrichtungen sowie über Berichte über Plünderungen von UNO- und anderen humanitären Einrichtungen an mehreren Orten in Darfur“, erklärte der UNO-Sonderbeauftragte Volker Perthes. Die Organisation stellte die Hilfsmaßnahmen im Land am Sonntag ein.

Hintergrund des Gewaltausbruchs ist ein Machtkampf zwischen dem sudanesischen Machthaber General Abdel Fattah al-Burhan und seinem Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, Anführer der bewaffneten RSF. Der Konflikt in dem nordostafrikanischen Land war am Samstag binnen weniger Stunden zu einer Staatskrise mit Gefechten zwischen der Armee und der paramilitärischen Gruppe eskaliert.

Luftwaffe greift Miliz an

Aus den Städten Omdurman und Bahri bei Khartum wurde laut BBC Sonntagfrüh ebenfalls schweres Artilleriefeuer gemeldet. Die drei Städte liegen unmittelbar nebeneinander am Nil. Auch in Port Sudan, der Küstenstadt am Roten Meer, gab es Kämpfe mit leichten Infanteriewaffen.

Die sudanesische Armee hatte bereits am Samstag auch die Luftstreitkräfte eingesetzt, am Sonntag hieß es, sie würden Stellungen der Miliz RSF bekämpfen. Sie wies Zivilisten an, in ihren Wohnungen zu bleiben. Bewohner der sudanesischen Hauptstadt berichteten gegenüber der BBC von Angst und Panik wegen der Kämpfe und der unklaren Lage.

International große Besorgnis

Zur Beruhigung der Situation hatte UNO-Generalsekretär Antonio Guterres am Samstag mit RSF-General Daglo, auch bekannt als Hemeti, telefoniert, wie die UNO mitteilte. Ein Gespräch mit Armeechef Burhan sollte „so schnell wie möglich“ folgen. Der UNO-Sicherheitsrat forderte in der Nacht auf Sonntag alle Konfliktparteien auf, die Gefechte einzustellen und Gespräche zur Beendigung der Krise aufzunehmen.

Rauch in der Nähe von Khartum
Reuters/Mohamed Nureldin Abdallah
Die Lage in der Hauptstadt Khartum ist unklar – es wird um Schlüsselpositionen gekämpft

In der Stellungnahme wurde das Ziel der „Einheit, Souveränität, Unabhängigkeit und territorialen Integrität der Republik Sudan“ betont. Vertreter der USA, Russlands, der Afrikanischen Union (AU) und der EU forderten ebenfalls ein Ende der Gewalt. Die militärische Eskalation lässt die Sorge vor einem neuen Bürgerkrieg in dem Krisenstaat wachsen.

Saudi-arabische Verkehrsmaschine beschädigt

Armee und RSF machten einander für den Ausbruch der Gewalt verantwortlich. Auch zur Lage im Land machten sie widersprüchliche Angaben. Die RSF erklärte, sie habe unter anderem den Präsidentenpalast und den Flughafen von Khartum eingenommen. Die Armee wies das zurück. Sie warf den RSF-Kämpfern vor, bei den Auseinandersetzungen ein saudi-arabisches Linienflugzeug in Brand gesetzt zu haben.

60 Tote durch Kämpfe im Sudan

Bei der Gewalteskalation im Sudan zwischen der Armee und einer paramilitärischen Gruppe sind rund 60 Menschen ums Leben gekommen, 600 weitere wurden verletzt. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres telefonierte zur Beruhigung der Situation mit dem Anführer der paramilitärischen Gruppe.

Nach Angaben der saudi-arabischen Fluggesellschaft Saudia wurde ein Airbus A330 in Khartum kurz vor dem geplanten Start nach Saudi-Arabien durch Schüsse beschädigt. Passagiere und Besatzung seien zum Zeitpunkt des Angriffs bereits im Flugzeug gewesen – inzwischen aber seien sie in Sicherheit in der saudi-arabischen Botschaft. Als Konsequenz setzte Saudia alle Sudan-Flüge aus.

Milizchef ruft Bevölkerung zu Revolte auf

RSF-Anführer Daglo sagte dem Nachrichtensender al-Jazeera, Ziel seiner Kämpfer sei die Eroberung aller Armeestützpunkte. Die RSF würden außerdem so lange kämpfen, bis „die ehrenhaften Mitglieder der Streitkräfte sich uns anschließen“.

Soldaten des sudanesischen Militärs
Reuters/Bakri Jad
Missglückter Übergang zu ziviler Regierung ließ Gewalt eskalieren

Die Miliz rief zudem die Bevölkerung auf, sich gegen die Militärregierung zu erheben. In den vergangenen Wochen hatten sich die Spannungen zwischen Armee und RSF verschärft. Hintergrund waren Pläne, die Miliz in die Armee einzugliedern. Der Schritt galt als zentraler Teil des Vorhabens, die Macht im Sudan an eine zivile Regierung zu übertragen.

Jahrzehntelange Krisen und Kämpfe

Burhan ist seit einem Militärputsch im Oktober 2021 der De-facto-Machthaber im Sudan. Er setzte die Regierung ab, die nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Omar al-Baschir 2019 den Übergang zu demokratischen Wahlen leiten sollte. Prodemokratische Kräfte werfen dem Armeechef vor, die internen Konflikte im Land zu politischen Zwecken zu schüren.

Die nun gegen die Armee kämpfende RSF-Miliz ist aus der Dschandschawid-Miliz hervorgegangen, die in Darfur Gräueltaten an der Zivilbevölkerung begangen hatte. Bei der Entmachtung Baschirs hatten RSF und Burhan noch Seite an Seite gekämpft. RSF-Anführer Daglo wandte sich später allerdings gegen Burhan. In der Region Darfur wird seit 20 Jahren gekämpft. Der Sudan ist der drittgrößte Flächenstaat Afrikas.