Trümmer einer orthodoxen Kirche in der Ukraine
AP/Kateryna Klochko
Angriffe dauern an

Keine Osterruhe in der Ukraine

Millionen orthodoxe Christinnen und Christen haben mit Mitternachtsmessen das Osterfest eingeläutet. In der Ukraine gehen die Kämpfe dessen ungeachtet weiter. Für Aufsehen sorgte ein Text des Söldnerchefs Jewgeni Prigoschin, in dem er sich für ein Ende der „Spezialoperation“ in der Ukraine aussprach.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj machte seinen Landsleuten zum orthodoxen Osterfest Mut. „Der Krieg konnte uns, unsere Werte, unsere Traditionen und unsere Feiertage nicht auslöschen“, sagte Selenskyj in einem am Sonntag veröffentlichten Video. „Heute feiern wir die Auferstehung Christi. Das Hauptsymbol ist der Sieg: der Sieg des Guten, der Sieg der Wahrheit, der Sieg des Lebens. Wir feiern Ostern in dem unerschütterlichen Glauben an die Unumkehrbarkeit dieser Siege.“

Noch vor einem Jahr – kurz nach Beginn der russischen Invasion – habe darum gebetet werden müssen, dass die Ukraine überhaupt überlebe, sagte Selenskyj weiter. „Heute beten wir dafür, dass die Ukraine gewinnt.“

Putin dankt russisch-orthodoxer Kirche

Das zweite orthodoxe Osterfest seit dem von ihm angeordneten Einmarsch in die Ukraine feierte Russlands Präsident Wladimir Putin in Moskaus Christ-Erlöser-Kathedrale. Gemeinsam mit dem Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin besuchte der Kreml-Chef in der Nacht einen Gottesdienst des russisch-orthodoxen Kirchenoberhaupts, Patriarch Kyrill. Wenig später veröffentlichte der Kreml Putins Osterbotschaft. Putin lobte zudem die russisch-orthodoxe Kirche, die sich „angesichts ernsthafter Herausforderungen aktiv in Sachen Barmherzigkeit und Nächstenliebe“ engagiere. Kirchenoberhaupt Kyrill gilt international vor allem als glühender Befürworter von Putins Krieg – und verteidigte diesen in der Vergangenheit immer wieder unter anderem in Predigten.

Papst Franziskus betete am Sonntag anlässlich des Osterfests für Frieden in der Ukraine. „Ich denke an unsere Brüder und Schwestern in Russland und der Ukraine, die heute Ostern feiern. Möge der Herr ihnen nahe sein und ihnen helfen, sich für den Frieden einzusetzen“, sagte Franziskus beim Gebet vor Tausenden auf dem Petersplatz versammelten Gläubigen.

Angriffe in mehreren Regionen

Ungeachtet des orthodoxen Osterfests hielten die Kämpfe in der von Russland angegriffenen Ukraine an. Durch russischen Beschuss seien nachts in der südlichen Region Mykolajiw zwei Teenager getötet worden, teilte der dortige Militärgouverneur Witalij Kim am Sonntag mit. Auch im Gebiet Saporischschja berichtete der Leiter der Militärverwaltung, Jurij Malaschko, von einem schweren Angriff der Russen. Dabei sei etwa eine Kirche beschädigt worden, sodass der Gottesdienst habe abgesagt werden müssen. „Nichts ist heilig, selbst in der Nacht der Auferstehung Christi“, schrieb Malaschko.

In der östlichen Stadt Slowjansk, wo am Freitag eine Rakete in ein Wohnviertel eingeschlagen war, dauerten die Rettungsarbeiten derweil weiter an. Noch immer würden Bewohnerinnen und Bewohner in den Trümmern vermisst, hieß es von dort. Letzten Angaben zufolge waren bei dem Angriff elf Zivilisten getötet worden – darunter auch ein Kleinkind.

Gefangenenaustausch erfolgt

Rund um das Osterfest wurden ukrainischen Angaben zufolge insgesamt 130 eigene Soldaten aus russischer Kriegsgefangenschaft freigelassen. „Ein großer Oster-Gefangenenaustausch“, schrieb der Leiter des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, am Sonntag auf Telegram. Dazu postete er Fotos, die Dutzende Männer mit der blau-gelben ukrainischen Flagge zeigen. „130 unserer Leute kehren zurück.“ Der Austausch sei bereits in den vergangenen Tagen in mehreren Etappen erfolgt, fügte Jermak hinzu. Von russischer Seite gab es zunächst keine Bestätigung.

Prigoschin lässt aufhorchen

Der Chef der berüchtigten russischen Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, sorgte unterdessen mit einem Text über ein mögliches Kriegsende in der Ukraine für Aufsehen. Vor allem viele ukrainische Medien verwiesen am Wochenende auf einen Blogeintrag des 61-Jährigen, in dem es heißt: „Für die Staatsmacht und für die Gesellschaft ist es heute notwendig, irgendeinen dicken Punkt hinter die militärische Spezialoperation zu setzen.“

Weiter schrieb Prigoschin: „Die ideale Variante wäre, das Ende der militärischen Spezialoperation zu verkünden und zu erklären, dass Russland alle seine geplanten Ziele erreicht hat – und in gewisser Hinsicht haben wir sie ja auch wirklich erreicht.“ Und: „Für Russland besteht immer das Risiko, dass die Situation an der Front sich nach dem Beginn der Gegenoffensive verschlechtern kann.“

Die einzige Möglichkeit sei es derzeit, sich in den besetzten Gebieten „festzubeißen“, meinte Prigoschin. Das würde allerdings einen Rückzug von den eigentlichen Kriegszielen des Kreml bedeuten. Diese sehen nämlich unter anderem die vollständige Eroberung der vier ukrainischen Gebiete Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson vor, die Russland im vergangenen Jahr völkerrechtswidrig annektierte.

G-7-Treffen in Japan

In Japan treffen die G-7-Staaten zu Beratungen über den Ukraine-Krieg und die russlandfreundliche Rolle Chinas zusammen.

G-7 beraten zum Krieg

Im japanischen Karuizawa kamen am Sonntag die Außenministerinnen und -minister der G-7-Staaten zu Beratungen über den Ukraine-Krieg zusammen. Japans Außenminister Yoshimasa Hayashi erklärte am Sonntag als Gastgeber: „Die Aggression Russlands gegen die Ukraine hat die internationale Ordnung in ihren Grundfesten erschüttert. Die Welt befindet sich an einem historischen Wendepunkt.“

Der G-7-Runde gehören neben Japan Deutschland, Frankreich, Italien, Kanada, die USA und Großbritannien an. Japan hat in diesem Jahr die Präsidentschaft inne. Japan bemüht sich mit Blick auf die Aggressionen Russlands, Chinas und Nordkoreas um eine gemeinsame Front gegen autoritäre Staaten, die versuchen oder damit drohen, den globalen Status quo mit Gewalt zu verändern.