Blinken betonte, dass der im Vorjahr gestartete Friedensprozess im Gefolge des Sturzes des damaligen Machthabers Omar al-Baschir mit dem Ziel, den Übergang zu einer zivilen Regierung zu gestalten, „vielversprechend“ gewesen sei. Unter den US-Verbündeten gebe es Einigkeit, dass die „Kämpfe sofort beendet und die Verhandlungen wieder aufgenommen werden sollten“.
Die militärische Eskalation lässt die Sorge vor einem neuen Bürgerkrieg in dem Krisenstaat wachsen. Der Konflikt entzündete sich an der geplanten Eingliederung der Miliz Rapid Support Forces (RSF) in die Armee. Sie gilt als zentraler Schritt in dem Vorhaben, die Macht in dem nordafrikanischen Land wieder an eine zivile Regierung zu übertragen.
Hektische internationale Bemühungen
UNO-Generalsekretär Antonio Guterres hatte noch am Samstag mit RSF-General Mohammed Hamdan Daglo, auch bekannt als Hemeti, telefoniert, wie die UNO mitteilte. Ein Gespräch mit Armeechef Abdel Fattah al-Burhan sollte „so schnell wie möglich“ folgen. Der UNO-Sicherheitsrat forderte in der Nacht auf Sonntag alle Konfliktparteien auf, die Gefechte einzustellen und Gespräche zur Beendigung der Krise aufzunehmen.
In der Stellungnahme wurde das Ziel der „Einheit, Souveränität, Unabhängigkeit und territorialen Integrität der Republik Sudan“ betont. Vertreter der USA, Russlands, der Afrikanischen Union (AU) und der EU forderten ebenfalls ein Ende der Gewalt.
Bereits Dutzende Tote
Bei den Kämpfen, die auf wochenlange Spannungen zwischen Militärmachthaber Burhan und der paramilitärischen Miliz RSF folgten, wurden bisher laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mindestens 83 Zivilistinnen und Zivilisten getötet und 1.100 weitere verletzt.
Das Zentralkomitee der sudanesischen Ärzte berichtete Montagfrüh von mindestens 97 getöteten Zivilisten und 365 weiteren Verletzten. Die WHO gab ihre Schätzung Sonntagabend bekannt.
Kämpfe an mehreren strategisch wichtigen Punkten
Die Gefechte in Khartum konzentrierten sich vor allem auf das Hauptquartier der Armee, den Präsidentenpalast und den Sitz des nationalen TV-Senders. Sowohl die reguläre Armee als auch die RSF behaupteten, sie kontrollierten den internationalen Flughafen und weitere strategische Schlüsselpositionen in der Hauptstadt.
Im Zuge der Kämpfe wurden auch drei Mitarbeiter des Welternährungsprogramms (WFP) in Kabkabiya in Norddarfur getötet. „Ich bin auch äußerst entsetzt über die Berichte über den Einschlag von Geschoßen in UNO- und anderen humanitären Einrichtungen sowie über Berichte über Plünderungen von UNO- und anderen humanitären Einrichtungen an mehreren Orten in Darfur“, erklärte der UNO-Sonderbeauftragte Volker Perthes. Die Organisation stellte die Hilfsmaßnahmen im Land am Sonntag ein.
Unruhen im Sudan
Am Wochenende sind im Sudan schwere Unruhen ausgebrochen. Es bekämpfen sich zwei Fraktionen des sudanesischen Militärs. Dutzende Menschen wurden bereits getötet.
Luftstreitkräfte greifen Miliz an
Die sudanesische Armee hatte bereits am Samstag auch die Luftstreitkräfte eingesetzt, am Sonntag hieß es, sie würden Stellungen der Miliz RSF bekämpfen. Sie wies Zivilisten an, in ihren Wohnungen zu bleiben. Bewohner der sudanesischen Hauptstadt berichteten gegenüber der BBC von Angst und Panik wegen der Kämpfe und der unklaren Lage.
Milizchef ruft Bevölkerung zu Revolte auf
RSF-Anführer Daglo sagte dem Nachrichtensender al-Jazeera, Ziel seiner Kämpfer sei die Eroberung aller Armeestützpunkte. Die RSF würden außerdem so lange kämpfen, bis „die ehrenhaften Mitglieder der Streitkräfte sich uns anschließen“.
Die Miliz rief zudem die Bevölkerung auf, sich gegen die Militärregierung zu erheben. In den vergangenen Wochen hatten sich die Spannungen zwischen Armee und RSF verschärft. Hintergrund waren Pläne, die Miliz in die Armee einzugliedern. Der Schritt galt als zentraler Teil des Vorhabens, die Macht im Sudan an eine zivile Regierung zu übertragen.
Jahrzehntelange Krisen und Kämpfe
Burhan ist seit einem Militärputsch im Oktober 2021 der De-facto-Machthaber im Sudan. Er setzte die Regierung ab, die nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Omar al-Baschir 2019 den Übergang zu demokratischen Wahlen leiten sollte. Prodemokratische Kräfte werfen dem Armeechef vor, die internen Konflikte im Land zu politischen Zwecken zu schüren.
Die nun gegen die Armee kämpfende RSF-Miliz ist aus der Dschandschawid-Miliz hervorgegangen, die in Darfur Gräueltaten an der Zivilbevölkerung begangen hatte. Bei der Entmachtung Baschirs hatten RSF und Burhan noch Seite an Seite gekämpft. RSF-Anführer Daglo wandte sich später allerdings gegen Burhan. In der Region Darfur wird seit 20 Jahren gekämpft. Der Sudan ist der drittgrößte Flächenstaat Afrikas.