Khartoum International Airport in Khartoum, Sudan
AP/Maheen S
Kämpfe im Sudan

Schwierige Rückholaktion für Ausländer

Im umkämpften Sudan hat es am Samstag erstmals Hoffnung auf eine baldige Rückholung dort gestrandeter ausländischer Staatsbürgerinnen und -bürger gegeben. Konkret hat der sudanesische De-facto-Präsident und Oberbefehlshaber der Armee, Abdel Fattah al-Burhan, den betroffenen Ländern seine Unterstützung versprochen. Anhaltende Gefechte machten die Evakuierungspläne bisher allerdings großteils zunichte.

Nun habe Burhan den Armeeangaben zufolge den betroffenen Ländern aber die notwendige Unterstützung „garantiert“. Auch die gegnerische paramilitärische Einheit Rapid Support Forces (RSF), die seit einer Woche offen gegen die sudanesische Armee kämpft, sagte in einer Mitteilung, sie sei „zu einer kompletten Feuerpause“ während einer vereinbarten Waffenruhe bereit, um Evakuierungen zu ermöglichen. Vereinbarte Feuerpausen wurden bisher jedoch immer wieder gebrochen.

Aus der östlichen Stadt Port Sudan sei bereits eine saudi-arabische Delegation in Sicherheit gebracht worden, sagte der Armeesprecher. Auch eine jordanische Delegation solle später am Samstag aus Port Sudan ausgeflogen werden.

Riad bestätigt laufende Aktion

Zwischen Khartum und Port Sudan liegen knapp 850 Kilometer. Nach Angaben des saudischen Fernsehsenders al-Arabija haben zudem fünf saudische Schiffe begonnen, 158 Staatsangehörige aus elf Ländern aus dem Sudan in den saudischen Hafen Dschidda am Roten Meer zu bringen. Laut dem saudischen Außenministerium waren Diplomaten und Staatsangehörige aus Saudi-Arabien, Bulgarien, Kanada, Katar, Kuwait, Ägypten, Tunesien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Indien, Pakistan, Burkina Faso und den Philippinen an Bord der Schiffe.

Erneut Kämpfe im Sudan

Im Sudan ist nach Ausbruch der Kämpfe weiterhin keine Lösung des Konflikts in Sicht. Zwei Militärfraktionen kämpfen um die Macht, dabei wurden bereits mehr als 400 Menschen getötet.

Im saudischen TV wurde am Samstag die Ankunft eines Schiffes in Dschidda bestätigt. An Bord waren den Angaben zufolge 50 eigene Staatsbürger „und einer Reihe von Staatsangehörigen befreundeter Länder“ – weitere Schiffe sollten nach Angaben des Staatsfernsehens folgen.

„In den kommenden Stunden“

Wie ein sudanesischer Armeesprecher am frühen Samstagnachmittag mitteilte, würden „in den kommenden Stunden“ zudem die Vereinigten Staaten, Großbritannien, Frankreich und China mit der Evakuierung mit Hilfe von Militärtransportflugzeugen aus der Hauptstadt Khartum beginnen. Ob die Maßnahmen bereits angelaufen sind, blieb dann aber offen.

Wegen der anhaltenden, schweren Gefechte in und um den umkämpften Flughafen in Khartum wurden bisherige Evakierungsanläufe immer wieder vereitelt. Die Vorbereitungen laufen unterdessen weiter. Zuletzt entsandten etwa die USA, Südkorea und Japan Streitkräfte in die Nachbarländer des Sudan.

Flughafen von Khartum im Zentrum der Kämpfe

Im Sudan kämpft seit Samstag vergangener Woche die von Burhan befehligte Armee des nordostafrikanischen Landes gegen die einst verbündete paramilitärische Einheit RSF um die Macht. Die Kämpfe sind das Ergebnis eines tiefen Risses zwischen der Armee und den paramilitärischen Kräften, die 2013 von dem Langzeitherrscher Omar al-Baschir gegründet worden war. Armeechef Burhan und RSF-Anführer Mohammed Hamdan Daglo waren nach der Machtübernahme 2019 Verbündete.

Der Flughafen in Khartum steht seit Beginn des Konflikts im Zentrum der Kampfhandlungen und war deshalb unzugänglich. Diplomaten bemühen sich seit Tagen um eine belastbare Feuerpause für die Evakuierung.

Mit Ausnahme von Karthum und dem Flughafen der Stadt Njala habe man alle Flughäfen im Land unter Kontrolle, sagte Burhan dem Fernsehsender al-Arabija am Samstag per Telefon. Er habe weiterhin die Kontrolle über die Armee und werde seinen Rivalen und ehemaligen Stellvertreter Daglo „nur im Sarg“ davonkommen lassen, so Burhan.

US-Botschaft: Mitreise in Konvois auf eigene Gefahr

Die US-Botschaft in Khartum teilte am Samstag mit, die anhaltenden Kämpfe und die Schließung des Flughafens in der Hauptstadt machten es derzeit nicht möglich, private US-Bürgerinnen und -Bürger auszufliegen. Die Botschaft beobachte weiterhin genau die Situation in Khartum und den umliegenden Gebieten, hieß es in einer Mitteilung. Abgesehen von Gefechten gebe es aktuell Berichte über Überfälle, das Eindringen in Häuser und Plünderungen.

Zudem habe die Botschaft „unvollständige Informationen“ über Konvois erhalten, die von Khartum in Richtung Port Sudan unterwegs seien, hieß es weiter. Die Botschaft sei nicht in der Lage, Konvois zu unterstützen – eine Mitreise erfolge daher laut Mitteilung auf eigene Gefahr.

Vorbereitungen in Deutschland, Spanien und Schweden

Derweil hat etwa die deutsche Bundeswehr nach Angaben des Verteidigungsministeriums Vorbereitungen für einen neuen Anlauf genommen, deutsche Staatsbürger in Sicherheit zu bringen. Am Mittwoch war der Versuch einer diplomatischen Evakuierung mit Maschinen der Luftwaffe, aber ohne größeren Einsatz von Soldaten, abgebrochen worden.

Spanien schickte Medienberichten zufolge zwei Transportmaschinen der Luftwaffe in die Krisenregion. Einer der beiden Militärtransporter von Typ A400M sei bereits in Dschibuti am Horn von Afrika gelandet, berichteten der öffentlich-rechtliche TV-Sender RTVE und andere spanische Medien am Freitag. Eine dritte Maschine desselben Typs sei in Spanien in Bereitschaft. Jedes der Militärflugzeuge könne mehr als 100 Menschen transportieren. Eine offizielle Bestätigung gab es noch nicht. Dschibuti liegt knapp 1.200 Kilometer südöstlich von Khartum.

In Schweden kündigte die Regierung an, das Parlament am Sonntag um Zustimmung zu einem Vorschlag zur möglichen Entsendung einer bewaffneten Einheit in den Sudan zu bitten. Diese Truppe solle einen Evakuierungseinsatz unterstützen können, sagten Außenminister Tobias Billström und Verteidigungsminister Pal Jonson am Samstagabend. Der Reichstag in Stockholm wurde für Sonntagvormittag zusammengerufen, um einen formalen Beschluss dazu fassen zu können. Die Einheit solle eigenhändig oder zusammen mit Partnerländern Schutz-, Rettungs- und Evakuierungseinsätze durchführen können, sagte Jonson.

„Katastrophal“

Trotz eines am Freitag angekündigten dreitägigen Waffenstillstands wurde auch am Samstag im Sudan weiter gekämpft. Nach Angaben eines dpa-Reporters sei etwa in der Früh die Hauptstadt Khartum erneut bombardiert worden. Auch Schüsse seien zu hören gewesen. Augenzeugen berichteten auf dem Kurznachrichtendienst Twitter von Explosionen.

Auch viele Sudanesen versuchen, den Kämpfen zu entfliehen. Nach Angaben des UNO-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) sind in den vergangenen Tagen bereits bis zu 20.000 Menschen in den benachbarten Tschad geflohen. Tausende weitere Menschen seien innerhalb des Landes aus stark umkämpften Gebieten vertrieben worden.

Von „katastrophalen“ Eindrücken in den umkämpften Regionen berichtete am Samstag auch die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF). Demzufolge gebe es in Norddarfur nur noch ein Krankenhaus. Die dort erst am Samstag eingerichteten OP-Säle seien „durchgehend in Betrieb, viele Verwundete müssen am Boden behandelt werden“, wie Ärzte ohne Grenzen per Aussendung weiter mitteilte.